Flüchtlingshilfe: Caritas zog erste Bilanz

Die Caritas hat am Freitag eine erste Bilanz der von ihr geleiteten Flüchtlingshilfe gezogen: Solidarität und Hilfsbereitschaft der Menschen seien „beeindruckend“, sagte Caritas-Präsident Michael Landau.

„Mehr als 800 engagierte Freiwillige der Caritas haben in den vergangenen zwei Wochen mit der tatkräftigen Unterstützung Tausender Helferinnen und Helfer Großartiges geleistet: Auf Bahnhöfen und Grenzübergängen wurden täglich bis zu 10.000 Frauen, Männer und Kinder willkommen geheißen und versorgt“, so Landau in einer Aussendung zur ersten Zwischenbilanz der Caritas-Flüchtlingsnothilfe.

Flüchtlingshilfe „rund um die Uhr“

„Helferinnen und Helfer in ganz Österreich waren und sind rund um die Uhr im Einsatz, wenn es darum geht, die Flüchtlinge mit Wasser und Lebensmitteln wie Brot, Bananen, Keksen, Äpfeln und Nüssen zu verpflegen, medizinisch zu versorgen, Hygieneartikel, Decken, Kleidung, Schlafsäcke sowie Isomatten auszugeben - oder den erschöpften Menschen ein offenes Ohr und in Notquartieren ein wenig Ruhe zu schenken“, so Landau weiter.

Caritas-Präsident Michael Landau

APA/Hand Punz

Caritas-Präsident Michael Landau

„Die Solidarität und Hilfsbereitschaft ist beeindruckend: 52.000 Menschen informieren sich auf der Facebook-Seite ‚Wir helfen‘ laufend darüber, wie sie konkrete Hilfe leisten können“, so die Aussendung weiter. Beispielsweise hätten sich nur 28 Minuten nach einem Aufruf über das Soziale Netzwerk um 22.30 Uhr 30 Helferinnen und Helfer zum Nachtdienst in einem Wiener Flüchtlingsnotquartier gemeldet.

„Daneben sorgen Hunderte freiwillige Arabisch- und Farsi-DolmetscherInnen für reibungslose Verständigung. Ein herzliches Danke an alle Helferinnen und Helfer“, so Landau. Allein in den Wiener Pfarren würden derzeit mehr als 1.000 Notquartiersplätze rasch und unbürokratisch zur Verfügung gestellt.

„Zeichen der Menschlichkeit gesetzt“

Bundesregierung, Polizei, ÖBB und Pfarren hätten alle „Zeichen der Menschlichkeit gesetzt“, so Landau über die akkordierte Hilfe in Österreich. „Neben der Hilfe in Österreich hilft das internationale Caritas-Netzwerk Menschen auf der Flucht in der Krisenregion, etwa im Libanon, in der Türkei und in Jordanien sowie in den Transitländern Griechenland, Mazedonien und Serbien, Kroatien, Slowenien und Ungarn.“

„Viele Menschen in der EU handeln nach dem Prinzip der Solidarität und engagieren sich freiwillig in der Flüchtlingshilfe. Ihre gewählten VertreterInnen konnten sich bislang jedoch nicht einmal auf verpflichtende Verteilungsquoten einigen“, so der Caritas-Präsident. „Wenn sich die Staats- und Regierungschefs nächste Woche nun zum gemeinsamen Abendessen zusammensetzen, kann das nur ein Anfang sein.“

Freiwillige Helferinnen beim Sortieren von Sachspenden in einem Lager der Caritas am Wiener Westbahnhof

APA/Roland Schlager

Freiwillige Helferinnen beim Sortieren von Sachspenden in einem Lager der Caritas am Wiener Westbahnhof

„Für ein menschliches Europa eintreten“

Er erwarte, dass „die politisch Verantwortlichen die gegenwärtige Situation der Flüchtlinge mindestens genauso ernst nehmen wie die Rettung Griechenlands. Während die Spitzen des Kontinents in der Bankenkrise praktisch in Permanenz getagt haben, scheint man es dann, wenn es um Menschenleben geht, nicht ganz so eilig zu haben“, kritisierte Landau.

Alle Mitgliedsstaaten seien jetzt dazu aufgerufen, „für ein menschliches Europa einzutreten“. „Die vergangenen Tage haben gezeigt: Wer vor Bomben und Terror flieht, lässt sich von Stacheldraht nicht aufhalten. Ein eingezäuntes Europa schützt nicht vor schutzsuchenden Menschen, sondern trennt BürgerInnen von Mitmenschlichkeit und Solidarität“, so der Caritas-Präsident.

„Benötigen doppelte Integration“

Die Hilfsbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher in der akuten Notsituation sei „überwältigend“, wie der Aussendung zu entnehmen ist. Doch wenn die „Quartierskrise von heute nicht zu einer Integrationskrise von morgen werden soll, werden wir schon bald so etwas wie eine doppelte Integration benötigen. Einerseits eine Integration jener Menschen, die jetzt bei uns Schutz suchen. Hier denke ich etwa an Deutschkurse, Wohnungen, Schul- und Arbeitsplätze“, schrieb Landau. Aber anderseits werde auch eine „Integration jener ÖsterreicherInnen, die angesichts steigender Asylantragszahlen auch zunehmend besorgt sind“, benötigt.

„Auch ihre Nöte dürfen jetzt nicht aus dem Blickfeld geraten. Hier wird es um Zukunftsthemen wie Bildung oder Pflege gehen“, so Landau, „die Politik und schließlich wir alle stehen vor einer großen Herausforderung.“ Man solle „unsere neuen MitbewohnerInnen im gemeinsamen Haus Europa“ nicht nur als eine Herausforderung sehen, „sondern dürfen diese Menschen auch als Chance begreifen - etwa wenn es um die Entlastung der Sozialsysteme durch junge ZuwanderInnen oder um dringend benötigte Facharbeitskräfte geht“.

Schon heute sei die Pflege in den Senioren- und Pflegewohnhäusern ohne Menschen mit Migrationshintergrund nicht denkbar, so Landau weiter. „Ich bin überzeugt, und die Hilfsbereitschaft der vergangenen Tage macht sicher: Mit einer solidarischen Lösung in ganz Europa und gezielten Integrationsmaßnahmen werden wir diese Aufgabe meistern. Wir können unserer humanitären Tradition gerecht werden. Und das sollten wir auch tun.“

religion.ORF.at

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