„Familiensynode“ eröffnet: Papst will offenen Austausch

Papst Franziskus hat am Montag in seiner Eröffnungsansprache zur Familiensynode gesagt, dass eine Bischofssynode „kein Kongress, Konvent, Parlament und kein Senat“ sei. Er rief zu einem offenen Austausch unter den Teilnehmern auf.

Es gehe bei der Synode nicht darum, durch Verhandlungen einen Konsens zu erziehen, sondern sich dem Wirken des Heiligen Geistes zu öffnen, sagte er. Er rief die Synodenväter zu „apostolischem Mut, evangeliumsgemäßer Demut und vertrauensvollem Gebet“ auf.

Die Papstansprache bildete den Auftakt zu den Beratungen. Rund 270 Bischöfe, Kardinäle und Ordensobere aus aller Welt, darunter der Wiener Kardinal Christoph Schönborn und der Feldkircher Bischof Benno Elbs, versammelten sich am Montagvormittag zu ihrer ersten Sitzung in der Synodenaula.

Heikle Themen

In den kommenden drei Wochen wird Franziskus an allen Tagen der Plenardebatten als Hörender anwesend sein, aber nicht mehr selbst das Wort ergreifen. Die XIV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode tagt bis 24. Oktober zum Thema „Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“.

Die Synodenteilnehmer werden über für die katholische Kirche heikle Themen rund um Ehe und Familie beraten. Diskutiert werden sollen aber auch der Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen sowie die Haltung zu Abtreibung und Verhütung.

Papst warnt vor Verführungen

Franziskus ermutigte zu offenem Reden, inhaltliche Fragen nahm er nicht vorweg. Der Papst lud namentlich die Bischöfe dazu ein, nicht den Mut zu verlieren, weder „angesichts der Verführungen der Welt“ noch „angesichts der Verhärtung einiger Herzen, die trotz guter Absichten die Menschen von Gott entfernen“. Das Glaubensgut der Kirche sei „kein Museum“, sondern eine „lebendige Quelle“.

Der Papst benannte als die richtigen Herangehensweisen für einen Synodenteilnehmer Freimut („Parrhesia“), pastoralen und doktrinalen Eifer, Klugheit und Aufrichtigkeit. Die Synode bilde „Kirche, die miteinander unterwegs ist, um die Wirklichkeit mit den Augen des Glaubens und dem Herzen Gottes zu lesen“.

Papst Franziskus bei der Familiensynode

APA/EPA/Ettore Ferrari

Papst Franziskus nach seiner Eröffnungsrede

Die Familiensynode in Zahlen

  • 270 Synodenväter, Bischöfe aus aller Welt, nehmen an der Synode teil. Dazu kommen 89 weitere Teilnehmer und Teilnehmerinnen.
  • 54 Synodenväter stammen aus Afrika, 64 aus Amerika, 36 aus Asien, 107 aus Europa und neun aus Ozeanien.
  • Die Redezeit der Synodenteilnehmerauf ist auf drei Minuten beschränkt.
  • Insgesamt 13 Mal sollen sich die 13 nach Sprachen geordneten Sprachzirkel treffen.
  • Die Berichte der einzelnen Sprachzirkel sollen veröffentlicht werden. Ob der Abschlussbericht, der dem Papst übergeben wird, veröffentlicht wird, entscheidet Papst Franziskus.

In der Synode spreche der Heilige Geist durch die Sprache aller Menschen, die sich von Gott leiten lassen. Die Synode könne freilich nur dann „ein Wirkungsraum des Heiligen Geistes“ sein, wenn die Teilnehmer „apostolischen Mut, evangelische Demut und vertrauensvolles Gebet“ übten, fuhr der Papst fort.

Mut und Demut üben

Apostolischer Mut sei es, „Leben zu bringen und nicht aus unserem christlichen Leben ein Museum der Erinnerungen zu machen“. Evangelische Demut bedeute, „sich von den eigenen Vorurteilen zu befreien“, den Brüdern im Bischofsamt zuzuhören und „sich mit Gott anzufüllen“.

Im Umgang mit Gläubigen verhelfe eine solche Haltung der evangelischen Demut dazu, „nicht mit dem Finger auf die anderen zu zeigen, um sie zu verurteilen, sondern sie an der Hand zu nehmen und ihnen aufzuhelfen, ohne sich ihnen jemals überlegen zu fühlen“. Das „vertrauensvolle Gebet“ sei „das Handeln des Herzens, wenn es sich Gott öffnet, wenn wir alle unsere Stimmungen zum Schweigen bringen, um die leise Stimme Gottes zu hören, der in der Stille spricht“.

Synode gründlich vorbereitet

Der Generalsekretär der Synode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, sagte im Anschluss an die Papstansprache, die Familie sei heute „so sehr bedroht wie vielleicht noch nie zuvor, von innen wie von außen“. Die 14. Ordentliche Bischofssynode sei so gründlich und vielfältig vorbereitet worden wie kaum ein Treffen zuvor.

Das im Juni vorgestellte Arbeitsdokument „Instrumentum Laboris“, dient als Grundlage für die Gespräche der Synodenväter. Es war aus dem Abschlussdokument der Außerordentlichen Synode zu dem Thema vergangenes Jahr hervorgegangen. Das Arbeitspapier sei eine sehr breite Grundlage für die Beratungen der nächsten drei Wochen, die effizienter und dialogischer als in früheren Synoden erfolgen sollten.

Synodenmitglieder, Beobachter und Gäste

Um die Diskussion stärker zu konzentrieren, werden die drei Teile des Arbeitspapiers wochenweise nacheinander beraten. In der ersten Woche geht es um eine Situationsanalyse der Familie in der heutigen Gesellschaft, in der zweiten Woche um die kirchlichen Aussagen zu diesem Thema und in der dritten um die besonderen Herausforderungen für die Kirche.

Eine Kommission wird am Ende jeder Woche einen eigenen Bericht anfertigen und diesen zur Abstimmung stellen. Dieser Text wird am Ende Teil des Abschlussdokuments. Ab 22. Oktober soll der Gesamttext nochmals beraten und in einer finalen Abstimmung verabschiedet werden. Dann wird er dem Papst übergeben, betonte Baldisseri. Ihm bleibe es überlassen, wie er mit dem Schlussbericht weiter verfahre. Insgesamt beteiligen sich rund 400 Personen an der Weltbischofssynode: Neben den Synodenmitgliedern befinden sich auch 120 Berater, Experten, Beobachter und Gäste aus der Ökumene darunter.

Eröffnungsgottesdienst der Weltbischofssynode im Petersdom am 4. Oktober 2015

Reuters/Alessandro Bianchi

Papst Franziskus warnte die katholische Kirche vor moralischem Rigorismus

Gebetsvigil am Vorabend

Bei einer Gebetsvigil am Vorabend der Weltbischofssynode, hatte Papst Franziskus die katholische Kirche vor moralischem Rigorismus gewarnt: „Wenn wir nicht verstehen, die Gerechtigkeit mit dem Mitleid zu verbinden, werden wir schließlich unnötig streng und zutiefst ungerecht sein“, sagte der Papst. Bei der Behandlung des Themas Familie müsse „das Kriterium für die Interpretation von allem“ stets Jesus sein, forderte er vor mehreren zehntausend Menschen.

Aufgabe der Synode sei es, Familien, die unter Armut, Krieg, Krankheit, Trauer oder „zerrissenen Beziehungen“ litten, daran zu erinnern, dass das Evangelium die „Frohe Botschaft“ bleibe, von der aus man neu beginnen könne, erklärte der Papst. Dafür müsse sie „aus dem Schatz der lebendigen Überlieferung Worte des Trostes und Orientierungen der Hoffnung“ für Familien schöpfen. Weiter forderte Franziskus, dass die Kirche stets ein „offenes Haus“ ohne „Prunksucht“ sein müsse. Sie müsse auch jene aufnehmen, „deren Herz durch die Prüfungen des Lebens verletzt und leidend ist“.

Umgang mit Geschiedenen und Homosexuellen

Die besonders kontrovers debattierten Punkte, die die kirchliche Sexualmoral betreffen, wie der kirchliche Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen beziehungsweise mit Homosexuellen stehen in der dritten Sitzungswoche auf der Tagesordnung. Das Oberthema lautet dann „Die Sendung der Familie heute“.

Für Aufsehen sorgte am Samstag vor der Synodeneröffnung das Outing des polnischen Vatikan-Theologen Krysztof Charamsa, der in der Zeitung „Corriere della Sera“ erklärt, er lebe in einer homosexuellen Beziehung - mehr dazu in Vatikan-Prälat fordert Anerkennung homosexueller Liebe. In einem Zeitungsinterview forderte der polnische Monsignore eine grundlegende Öffnung der katholischen Kirche für gleichgeschlechtliche Paare.

religion.ORF.at/KAP/APA/dpa

Mehr dazu:

Link: