Deutsche Synodale würdigen Schönborn-Vermittlung

Deutsche Synodenteilnehmer haben am Mittwoch die Vermittlung von Kardinal Christoph Schönborn für das Finden eines guten Lösungswegs in der Geschiedenenfrage gewürdigt.

Der Wiener Erzbischof habe erheblich dazu beigetragen, dass die deutschsprachige Gruppe (Circulus Germanicus/CG) bei der Bischofssynode zusammengefunden habe. Eines der CG-Mitglieder, Kardinal Reinhard Marx (München), berichtete am Mittwoch bei der Synoden-Pressekonferenz über Einzelheiten der Diskussionen. Der Lösungsvorschlag der deutschsprachigen Synodengruppe in der Geschiedenenfrage sei einstimmig beschlossen worden, unterstrich Marx: „Wir haben in unserer Gruppe alle Entscheidungen einstimmig gefällt. Es gab keine Gegenstimmen.“

„Diplomatische und sprachliche Fähigkeiten“

Ein deutscher Teilnehmer der Gruppe, der namentlich nicht genannt werden wollte, erklärte am Mittwoch gegenüber Kathpress, ohne die besonderen diplomatischen und sprachlichen Fähigkeiten des Wiener Erzbischofs wäre eine Einigung zwischen den Positionen der Kardinäle Walter Kasper und Gerhard Müller wahrscheinlich nicht zustande gekommen. Das Klima in der deutschsprachigen Gruppe bezeichnete der Teilnehmer als streckenweise ausgesprochen kontrovers, aber stets sachlich.

Kardinal Christoph Schönborn mit Telefon im Vatikan

AP/Gregorio Borgia

Für seine Vermittlungsarbeit gewürdigt: Kardinal Christoph Schönborn

Thomas von Aquin studiert

Wie er berichtete, hat in der Debatte der Gruppe die Lektüre eines Kapitels aus der Summa Theologiae (um 1270) von Thomas von Aquin eine wichtige Rolle gespielt. Darin hatte der Kirchenvater argumentiert, dass die praktische Anwendung einer allgemeinen Norm auch stets Klugheit erfordere und diese die konkrete Situation und den Sinn der Norm zu beachten habe. „Übers Wochenende haben viele von uns Thomas von Aquin studiert, und am Ende haben wir gesehen, ja, das ist wirklich das, was er lehrt.“

Marx sagte weiter, es sei nicht Aufgabe der Synode, die kirchliche Lehre fortzuentwickeln. Dies sei dem Papst und den Konzilien vorbehalten. Die Synode könne aber sehr wohl einen Beitrag zur Weiterentwicklung theologischer Positionen leisten. Es sei nicht richtig, wenn man Seelsorge und Lehre der Kirche als Gegensatz begreife. Er habe mit „Glaubenspräfekt“ und Hardliner Kardinal Gerhard Ludwig Müller darüber gesprochen, dass es bisher keine widerspruchsfreie lehramtliche Zusammenfassung der katholischen Ehelehre gebe.

Aus der Historie gebe es in dieser Lehre manches, was heute unverständlich sei. Als Beispiel verwies Marx auf eine katholische kirchenrechtliche Bestimmung, wonach eine Zivilehe zwischen zwei protestantischen Christen von der katholischen Kirche als sakramentale Ehe im katholischen Sinn gewertet wird.

„Nicht wieder eine neue Kommission“

Radio Vatikan gegenüber äußerte sich Marx negativ über die Idee einer Vertagung von kirchlichen Entscheidungen über Fragen zu Ehe und Familie - etwa zu wiederverheirateten Geschiedenen. Man solle „jetzt nicht wieder eine neue Kommission machen“, sagte der Münchner Erzbischof. Es gebe allerdings einige andere theologische Fragen, die in den letzten zwei Jahren im Verlauf des synodalen Prozesses aufgekommen seien und die durchaus Vertiefung verdienten.

Kardinal Reinhard Marx

Reuters/Alessandro Bianchi

Kardinal Reinhard Marx

„Es ist so viel entstanden auch in den beiden Jahren, etwa auch die Frage, sich intensiver mit der Homosexualität zu beschäftigen. Das haben wir in dieser Synode jetzt zu wenig getan. Da sind manche Erwartungen jetzt enttäuscht worden oder werden enttäuscht“, räumte Marx ein. Man müsse das Thema intensiver aufgreifen. Auch die Diskussion über „Gender“ müsse differenziert geführt werden. „In unserer Gruppe haben wir darauf hingewiesen, aber das konnte in der Synode nicht alles erledigt werden. Insofern wird es auch Arbeit geben nach der Synode.“

Jeden Fall einzeln prüfen

Die deutsche Sprachgruppe, der Kardinal Marx angehörte, hatte sich bei den wiederverheirateten Geschiedenen dafür ausgesprochen, jeden Fall einzeln zu prüfen und einigen Betroffenen unter bestimmten Bedingungen den Gang zur Kommunion zu ermöglichen. Andere Sprachgruppen waren indes für die Beibehaltung der jetzigen Regelung, die solche Gläubige von den Sakramenten ausschließt.

„Es gab an manchen Punkten durchaus unterschiedliche Meinungen. Wie sich das am Ende zeigen wird, ich bin der Überzeugung, es wird einen Schub geben, dem Heiligen Vater zu sagen: Tun Sie alles für die Integration der wiederverheirateten Geschiedenen und auch aller Gruppen, die eigentlich Teil der Kirche sein wollen, die aber in ihrem Leben nicht das erreicht haben, was sie erreichen wollten.“

Es seien Menschen, die „gebrochene Wege hinter sich haben, schwierige Wege“. „Versuchen wir sie zu integrieren und voll hineinzunehmen in unsere Gemeinschaft.“ Die Synode habe in diesem Anliegen des Papstes „ihm nicht in den Arm fallen oder in den Rücken fallen, sondern ihn unterstützen und mit ihm gehen“ wollen.

Marx: „Ehrliches Signal aussenden“

Die Synode könne nichts selbst entscheiden, unterstrich Marx. Es gehe aber darum, ein ehrliches Signal auszusenden, „dass wir alles tun werden, dass wir uns theologisch und pastoral anstrengen werden, um diese volle Integration zu erreichen, und dass wir nicht nur Gründe suchen, die dagegen sprechen.“ Marx zeigte sich überzeugt, dass überhaupt nur die Figur des Papstes die Einheit der Kirche in solch strittigen Fragen ermöglichen könne.

In dem am Donnerstag veröffentlichten dritten Bericht weist die deutsche Sprachgruppe kritische Äußerungen einiger Synodenväter „zu Personen, Inhalt und Verlauf“ der Synode zurück. Marx präzisierte Radio Vatikan gegenüber, man habe damit in erster Linie Kardinal George Pell gemeint, der in einem Interview am Rand des Bischofstreffens „Kasperianer“ und „Ratzingerianer“ gegeneinander in Stellung gebracht hatte. Eine solche Wortmeldung sei „nicht akzeptabel“ und „nicht hilfreich für die Synode“, erklärte Marx.

religion.ORF.at/KAP

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