Synode: Vermittlungen von Schönborn und Benedikt XVI.

Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, und der emeritierte Papst Benedikt XVI. sollen laut „La Repubblica“ eine wesentliche Rolle beim Kompromiss für den Schlussbericht der Familiensynode gespielt haben.

Benedikt und Schönborn, der laut „La Repubblica“ als möglicher Papst-Kandidat bei einem nächsten Konklave gilt, hätten sich vergangene Woche getroffen. Der Zeitung zufolge könnte Benedikt Druck auf den konservativen Flügel der Synodenväter unter der Leitung des deutschen Kardinals Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der Glaubenskongregation, ausgeübt haben, damit es zu keiner Spaltung in der Synode komme. Müller sei aus Sicht Josef Ratzingers besonders sensibel, meinte „La Repubblica“.

Schönborn Benedikt

APA/HANS KLAUS TECHT

Kardinal Schönborn hat den emeritierten Papst Benedikt XVI. zum Mittagessen getroffen (hier ein Archivbild aus dem Jahr 2013)

Resultat „ein Wunder“

„Das errungene Resultat ist ein wahres Wunder“, kommentierte Pater Thomas Rosica, Direktor der katholischen Nachrichtenwebsite „Salt & Light“ und Mitarbeiter des Vatikanischen Presseamtes das Ergebnis. Vor allem, dass der heikle Passus zu den wiederverheirateten Geschiedenen mit Zweidrittelmehrheit verabschiedet worden sei, sei beachtenswert.

Laut dem emeritierten Erzbischof von Sao Paolo, Kardinal Claudio Hummes, ist die Verabschiedung des Schlussberichts und der damit verbundenen Einigung zwischen konservativen und weltoffeneren Tendenzen unter den Synodenteilnehmern eine wichtiges Zeichen dafür, dass die Kirche Franziskus unterstützt. „Dieser Schlussbericht ist ein Startpunkt, von dem aus Franziskus seine Reform der Kirche fortsetzen kann“, betonte Hummes.

Aus der Synode gehe eine stärkere Kirche hervor. Diese lebe im Bewusstsein, dass das Evangelium in die Welt gebracht werden müsse. „Wenn die Kirche nicht den Leiden der Menschen nahe steht, ist sie steril. Das haben die Synodenväter klar begriffen“, so Hummes.

Schönborn: Kriterien für Umgang mit Wiederverheirateten

Im Blick auf die Situation von geschiedenen Wiederverheirateten sieht Kardinal Schönborn die konkrete Seelsorge durch die Synode bestärkt. „Wir fangen nicht bei Null an“, denn immer schon sei es in der Seelsorge darum gegangen, die konkreten Umstände mit den Betroffenen in Blick zu nehmen und einen Weg zu suchen.

Neu sei jedoch die „Kriteriologie“, die die Synode aufbauend auf das Familiendokument „Familiaris consortio“ von Papst Johannes Paul II. entwickle. Schon im damaligen päpstlichen Dokument nach einer Familiensynode sei betont worden, dass es eine großen Unterschied mache, ob man schuldlos verlassen werde oder mutwillig eine Ehe breche, erläuterte der Wiener Erzbischof.

„Weg der Begleitung“

Entscheidend sei ein „Weg der Begleitung“, der lange vor der Frage nach der Zulassung zu den Sakramenten begonnen werden müsse. In der Synode sei klar geworden, dass dabei verschiedene Ebenen und Verantwortlichkeiten zu beachten seien: „Zuerst muss sich jeder selbst ehrlich prüfen“. Weiters gebe es Aufgaben des Seelsorgers, der Gemeinde und schließlich des Bischofs.

Obwohl im Rahmen der Synode sehr viele Themen behandelt wurde, sei letztendlich doch eine gewisse Schwerpunktsetzung auf europäischen und westliche Themen festzustellen, sagte der Kardinal. Man könne dennoch nicht von „Luxus-Problemen“ sprechen, wie das von manchen Teilnehmern überzeichnet dargestellt worden sei. Vor allem Synodenteilnehmer aus Afrika hätten die nicht unberechtigte Sorge vor einem „kulturellen Neokolonialismus“, der sich in etwa in der „Gender-Debatte“ zeige.

„Kein Modell für die ganze Welt“

Die Diskussionen würden letztlich zeigen, „dass wir die westliche Situation nicht als Modell für die ganze Welt betrachten dürfen“, so der Kardinal. Dies sei auch beim Flüchtlingsthema klar geworden, das bei der Synode „sehr intensiv“ besprochen worden sei.

Gerade bei Flüchtlingen auf der Flucht spiele die Familie eine sehr große Rolle. Völlig neu sei die Bedeutung von Smartphones, durch die Menschen auf der Flucht untereinander vor allem familiären Kontakt halten könnten.

Ausbau der kirchlichen Betreuung von Paaren

Kardinal Christoph Schönborn will als Ergebnis der Familiensynode die kirchliche Betreuung von Paaren in Österreich ausbauen. „Wir begleiten die Ehevorbereitung viel zu wenig“, sagte er im Interview mit der APA. Fortschritte nach den dreiwöchigen Beratungen im Vatikan sieht der Wiener Erzbischof etwa, was eine positive Sicht auf unterschiedliche Formen der Partnerschaft betrifft.

„Die Kernbotschaft ist ein ganz starkes, positives ‚Ja‘ zu Ehe und Familie“, fasste Schönborn die Ergebnisse der Synode für sich zusammen. „Großer Obertitel“ sei dabei: „Licht und Schatten der Familie.“ Der Kardinal erinnerte daran, dass es zu allen Zeiten Krisen der Familien gegeben habe. „Die Aufmerksamkeit bei uns liegt natürlich sehr stark auf der europäisch-westlichen Gesellschaft“, rückte er den Fokus der Erwartungen in die Synode zurecht und erinnerte daran, dass die römisch-katholische Kirche auf anderen Kontinenten auch andere Problemstellungen zum Thema hätten.

„Positive Elemente in nicht klassischen Beziehungen“

Ein „wichtiger Schritt“ bei der Synode ist für Schönborn der Versuch, in nicht klassischen Beziehungen „positive Elemente zu erspüren und zu benennen“. Gegen den moralisch behafteten Begriff der „wilden Ehe“ wehrt sich der Kardinal daher.

Vielmehr gelte es, Elemente wie Treue, Stabilität und Qualität in diesen Lebensformen anzuerkennen. Das Bekenntnis, auf wiederverheiratete geschiedene Paare individuell zu schauen, nehme vor allem die Seelsorge in den Gemeinden in die Pflicht - eine Aufgabe, die ohnehin schon zu einem großen Teil praktiziert werde.

Mehr Zeit für Ehevorbereitung

Konkret will Schönborn nun mehr in die Ehevorbereitung und Familienbegleitung in Österreichs Diözesen investieren: „Auf die Priesterweihe bereitet man sich sieben Jahre lang vor, auf die Ehe nur einen Nachmittag. Das kann es ja nicht gewesen sein.“

Aber auch die Zusammenarbeit der Familieneinrichtungen der römisch-katholischen Kirche solle intensiviert werden, plant der Kardinal. Und nicht zuletzt solle die Familienpolitik wieder stärker in den Vordergrund gerückt werden. „Das Momentum dürfen wir nicht versäumen“, will Schönborn nun rasch handeln.

„Zuhören und offen reden“

Die beiden Synoden über Ehe und Familie im Vorjahr und jetzt haben einen „Fortschritt in der kirchlichen Diskurskultur“ gebracht. „Redet offen und hört in Demut zu“, dieser Appell des Papstes sowie Verbesserungen in der Methode hätten das Klima in der Bischofssynode verändert, resümierte Kardinal Schönborn.

Besonders hilfreich sei es gewesen, dass fast die Hälfte der Zeit für die Arbeit in den Sprachgruppen vorgesehen war. Auf diese Weise hätten sich alle einbringen können, Themen konnten vertieft und ein Konsens in umstritten Fragen gefunden werden.

Eine weitere Verbesserung der Institution Bischofssynoden, die seit 50 Jahren besteht, ist für den Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz durchaus denkbar. Damit die „Dezentralisierung der Synodalität“ besser zum Tragen käme, sind für Kardinal Schönborn künftig „kontinentale Vorsynoden“ zur regionalen Vorbereitung auf eine weltweite Bischofssynode vorstellbar. Diese könnten auch anstelle einer außerordentlichen Versammlung der Bischofssynode stattfinden.

Schönborn: Künftig kontinentale Vorsynoden vorstellbar

Im Einsetzen der jüngsten außerordentlichen Bischofssynoden sieht Schönborn einen Fortschritt in der Diskurs-Kultur, der Papst Franziskus zu verdanken sei. „Das hat wirklich das Klima verändert“, resümiert der Wiener Erzbischof und ortet auch große Fortschritte in der Methodik derartiger Zusammenkünfte, welche eine intensivere Beschäftigung ermöglichten. Schönborn glaubt, dass es künftig auch vermehrt lokale „Vorsynoden“ zur Vorbereitung auf derartige Großereignisse geben könnte.

religion.ORF.at/APA/KAP

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