Kirchen-Netzwerk für Missbrauchsprävention im Aufbau

Europaweit gibt es große Unterschiede bei der kirchlichen Vorbeugung gegen sexuellen Missbrauch. In den kommenden Monaten soll daher ein europaweites Netzwerk von Experten aufgebaut werden.

Das hat die erste europäische Konferenz kirchlicher Präventionsbeauftragter mit Teilnehmern aus 14 Ländern ergeben, die von Mittwoch bis Freitag in Luxemburg und Trier stattfand. Die Konferenz „Eine Krise - verschiedene Antworten“ fand auf Einladung der „Luxemburg School for Religion and Society“ (LSRS) und der Diözese Trier statt. Der Luxemburger Theologe Jean Ehret - er ist auch Direktor der LSRS - kündigte an, dass in den kommenden Monaten ein europaweites Netzwerk von Experten aufgebaut werden soll. „Es gibt einen Grundstandard: zero tolerance“, gab Ehret als Zielvorgabe an.

Länder ohne Präventivstrukturen

Der Präventionsbeauftragte der Diözese Trier, Andreas Zimmer, sagte, der Kontinent lasse sich grob in drei Regionen aufteilen. Die Kirchen im englischsprachigen Raum hätten nach dem Bekanntwerden zahlreicher Missbrauchsfälle in Irland und den USA bereits 2002 Strukturen der Prävention aufgebaut. Dort gebe es etablierte Schulungsprogramme, Ansprechpartner und eine wissenschaftliche Aufarbeitung. Nach dem deutschen Missbrauchsskandal 2010 hätten die deutschsprachigen Staaten (einschließlich Österreich) und die Benelux-Länder nachgezogen.

Bei der Tagung hatten einige Referenten erkennen lassen, dass in manchen Ländern, insbesondere in Frankreich sowie in Süd- und Osteuropa, entsprechende Präventivstrukturen der Kirchen noch kaum entwickelt seien. Viel hänge vom Engagement einzelner Bischöfe ab. „Zumindest wurden überall gewisse Grundstandards etabliert“, so Zimmer. Ehret verwies darauf, dass die Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch sowohl vom Vatikan als auch von vielen nationalen Bischofskonferenzen immer weiter verschärft worden seien.

Unterschiedliches Bewusstsein für Missbrauch

Die Präventionsbeauftragte der Erzdiözese Hamburg, Mary Hallay-Witte, hob hervor, in vielen Diözesen gebe es mittlerweile Präventionsschulungen für pastorale Mitarbeiter und Laien in kirchlichen Einrichtungen. Jedoch sei das gesellschaftliche Bewusstsein für das Thema europaweit sehr unterschiedlich ausgeprägt. Wo in Gesellschaften noch Tabus vorherrschten, sei auch die Missbrauchsprävention viel schwerer zu etablieren. Zimmer betonte, Kinder müssten zu Selbstbewusstsein gegenüber Priestern, Lehrern und anderen Autoritätspersonen erzogen werden.

Zu den Referenten der Tagung zählte auch der Leiter des Instituts für Psychologie an der Päpstliche Universität Gregoriana in Rom, Hans Zollner. Er berichtete, dass mehr als 15 Jahre nach den Bekanntwerden der ersten Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche mindestens fünf Bischofskonferenzen noch keine Richtlinien zu diesem Thema erlassen haben. Die römische Glaubenskongregation hatte 2010, nach den Skandalen, den Bischofskonferenzen in aller Welt eine Frist bis 2012 gesetzt, um Richtlinien zum Umgang mit diesen Verbrechen vorzulegen. Zollner sagte, die säumigen Bischofskonferenzen seien ausschließlich in Westafrika und in Ostasien angesiedelt.

religion.ORF.at/KAP

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