Vatikan-Prozess: Nuzzi drohen acht Jahre Haft
Die Vatikan-Justiz legt ihnen den Diebstahl und die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente in der „Vatileaks 2“-Affäre zur Last. Unter den fünf Angeklagten sind die beiden Journalisten Emiliano Fittipaldi und Gianluigi Nuzzi, die vor Kurzem Bücher über Veruntreuung von Kirchengeldern im Vatikan veröffentlichten. Ihm würden jetzt acht Jahre Haft drohen, sagte Nuzzi zuvor in einem Interview mit dem italienischen TV-Sender Canale 5. „Im Vatikan ist es ein Delikt, als Journalist zu arbeiten und über Missstände zu berichten. Ich werde jedoch weiterhin als Journalist arbeiten“, sagte Nuzzi zuvor gegenüber Canale 5.
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Nuzzi: Eigener Anwalt nicht zugelassen
Nuzzi klagte, dass er vor Gericht nicht einmal von seinem eigenen Anwalt verteidigt werden könne, da dieser als Verteidiger im Vatikan nicht zugelassen sei. Daher müsse er sich einen vom Vatikan bestimmten Pflichtanwalt nehmen. Mit dem Prozess gegen ihn stelle sich der Vatikan gegen das europäische Recht, das Medien- und Pressefreiheit verteidige. „Indem man mich wegen meines Buches verurteilt, wird der Vatikan jedoch nicht seine Probleme lösen“, so Nuzzi.
Debatte: Wie korrupt ist der Vatikan?
Nuzzi bezeichnete den Prozess kurz vor Beginn der Verhandlung als Ablenkungsmanöver. Es werde versucht, die Aufmerksamkeit abzuwenden von den „peinlichen Enthüllungen über eine Kaste der Privilegierten, die weiter ihre undurchsichtigen Interessen verfolgen wollen“. Ein Gesetz zum Schutz von Informanten existiert im Vatikan nicht.
Vatikan: Altbekannte Probleme
Die beiden Journalisten nutzten für ihre Bücher vertrauliche Dokumente und erheben unter anderem den Vorwurf, dass der luxuriöse Lebensstil einiger Kardinäle mit Spendengeldern finanziert werde. Nuzzi zitiert auch aus geheimen Tonbandaufnahmen des Papstes, der sich darin über Verschwendung infolge des schlechten Finanzmanagements im Vatikan beschwert. Der Kirchenstaat sprach jedoch von altbekannten Problemen, die Franziskus durch seine Reformen bereits angegangen habe.
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Vor Gericht erschien auch die frühere Papst-Vertraute und PR-Agentin Francesca Chaouqui. Auch sie klagte, dass ihre Anwältin, die italienische Starverteidigerin Giulia Bongiorno, nicht zum Prozess zugelassen worden sei, weil sie nicht die Genehmigung zur Ausübung ihrer Tätigkeit im Vatikan habe. Mit Chaouqui sind auch der spanische Prälat Lucio Angel Vallejo Balda angeklagt, der im Vatikan in Haft sitzt. Beide arbeiteten, wie der fünfte Angeklagte Nicola Maio, für eine von Papst Franziskus eingerichtete Wirtschaftsprüfungskommission.
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