Papst an Kenias Geistliche: „Lebt für die Nächstenliebe“

Franziskus hat Priester und Ordensleute in Kenia zu einem Leben in Nächstenliebe aufgerufen. Jesus habe sie berufen, um zu dienen, nicht um bedient zu werden, sagte er am Donnerstag.

Unter den Zuhörern in der Hauptstadt Nairobi waren rund 10.000 Geistliche, Ordensleute und Seminaristen. Es berühre ihn tief, wenn ihm eine Ordensfrau berichte, dass sie 40 Jahre lang im Krankendienst gearbeitet habe. Arme und Leidende verdienten ständiges Mitgefühl, so der Papst. „Hört nie auf zu weinen über den Schmerz der Welt, die Alleingelassenen, die getöteten Kinder.“ Das vorbereitete Redemanuskript ließ er beiseite.

Papst Franziskus Treffen Geistliche

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Papst Franziskus auf dem Weg zu einem Treffen mit Geistlichen

Kein Platz für Karrieredenken in der Kirche

Die Kleriker und Ordensleute ermutigte Franziskus, ihrer Berufung treuzubleiben. Die Kirche sei kein Unternehmen, in dem die Mitarbeiter nach eigener Bedeutung strebten. Karrieredenken habe in der Kirche keinen Platz. Geistliche hätten vielmehr die Aufgabe, „Jesus zum Kreuz zu folgen“. Er allein sei die Tür, durch die Menschen in den Dienst der Kirche eintreten, sagte Franziskus. „Und wenn einer durchs Fenster einsteigt, dann umarmt ihn und erklärt ihm, dass er dem Herrn anders besser dienen kann.“

Papst vor Geistlichen

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Papst Franziskus spricht mahnende Worte an die versammelten Geistlichen

Im Zentrum des geistlichen Lebens steht nach den Worten des Papstes das tägliche Gebet. Priester und Ordensleute dürften es nicht vernachlässigen. „Verfallt nicht der Sünde der Lauheit“, so der Papst. Eine Seele, die nicht bete, sei eine hässliche Seele. Auch Menschen, die im Dienst der Kirche stünden, blieben Sünder wie alle anderen.

Die Ansprache in einem Versammlungszelt auf dem Sportplatz der St.-Mary’s-Schule hielt der Papst frei und auf Spanisch; ein Geistlicher übersetzte ins Englische. Nach dem Treffen mit Geistlichen reiste Papst Franziskus zum Hauptsitz des UN-Umweltprogramms (UNEP) in Nairobi.

Papst warnt vor Scheitern des Klima-Gipfels

Papst Franziskus hat wenige Tage vor dem Weltklimagipfel in eindringlichen Worten vor einem möglichen Scheitern der Verhandlungen gewarnt. Aus seiner Sicht wäre es „traurig, und ich wage zu sagen, katastrophal", wenn sich in Paris Einzelinteressen der Staaten gegenüber dem Gemeinwohl der Menschheit durchsetzen würden, sagte Franziskus am Hauptsitz des UN-Umweltprogramms (UNEP) in Nairobi. "Der Klimawandel ist ein globales Problem mit schwerwiegenden Folgen“, sagte der Papst. 

Papst bei UNO

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Papst Franziskus am Hauptsitz des UN-Umweltprogramms (UNEP) in Nairobi

Zum Auftakt der zwölftägigen Verhandlungen in Paris werden am Montag 147 Staats- und Regierungschefs erwartet, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Klimakonferenz soll ein Abkommen aushandeln, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu begrenzen und damit die Erderwärmung zu stoppen.

Er hoffe, dass in Paris eine Übereinkunft erzielt werden könne, die auf Solidarität, Gerechtigkeit und Teilhabe fuße, sagte der Papst. Sie müsse drei Ziele erfüllen: „Die Auswirkungen des Klimawandels verringern, die Armut bekämpfen und Respekt für die Menschenwürde garantieren." 

Kampf gegen Klimawandel in päpstlicher Enzyklika

Erst vor wenigen Monaten hatte Franziskus in einer päpstlichen Enzyklika einen entschlossenen Kampf gegen den Klimawandel gefordert. In Nairobi mahnte er vor diesem Hintergrund auch eine globale Energiewende an. Die Klimakonferenz sei ein wichtiger Schritt "auf dem Weg zur Entwicklung eines neuen Energie-Systems, das nur minimal auf den Einsatz fossiler Brennstoffe angewiesen ist, das Energieeffizienz zum Ziel hat“. 

Aus Profitgier seien weltweit viele Menschen Opfer von Umweltverschmutzung, beklagte Franziskus. Um die vorherrschende „Wegwerfkultur“ nachhaltig zu ändern, brauche es politische und technische Lösungen, vor allem aber „eine neue Kultur“. Die Folgen des Klimawandels seien auch eine Ursache der „tragischen“ Zunahme von Armutsmigration. Am Vormittag feierte Papst Franziskus seine erste Messe in Afrika

Papst feiert bei strömendem Regen erste Messe in Afrika

Zehntausende Kenianer haben Papst Franziskus Donnerstagfrüh auf dem Universitäts-Campus in Nairobi bei strömendem Regen zu seiner ersten Messe in Afrika willkommen geheißen.

Papamobil

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Papst Franziskus fährt im offenen Papmobil durch Nairobi

Im offenen Papamobil fuhr Franziskus durch die jubelnde Menge und begrüßte winkend die Menschen. Bereits Stunden zuvor hatten die Gläubigen bei Regen auf den Beginn des Gottesdienstes gewartet. Es war die erste große Messe während der Afrika-Reise des Papstes, die bis Montag dauert.

Papst Franziskus zelebriert eine Messe in Nairobi, Kenia

Reuters/Stefano Rellandini

Papst Franziskus zelebriert eine Messe in Nairobi, Kenia

Messe auf Englisch und Suaheli

In seiner Predigt hob Franziskus den Zusammenhalt von Familien als den zentralen Wert für die Gesellschaft hervor. „Die Gesundheit jeder Gesellschaft hängt von der Gesundheit der Familien ab“, sagte er. Das Wort Gottes rufe die Menschen deshalb auf, die Familien in dieser Sendung zu unterstützen, „die Kinder als einen Segen für unsere Welt anzunehmen und die Würde jedes Mannes und jeder Frau zu verteidigen, denn wir alle sind Brüder und Schwestern in der einen Menschheitsfamilie“, so der Papst bei der Messe auf dem Campus der Universität.

Die Messe wurde auf Englisch und Suaheli gefeiert, Franziskus hielt die Predigt auf Italienisch, die von einem Sprecher ins Englische übersetzt wurde. Lange Zeit hindurch sei die kenianische Gesellschaft mit einem soliden Familienleben, der Achtung vor den Alten und der Liebe zu den Kindern gesegnet gewesen.

Plädoyer gegen Genitalverstümmelung

Offenbar mit Blick auf die in Kenia verbreitete weibliche Genitalverstümmelung forderte Franziskus, sich Bräuchen zu widersetzen, „die die Arroganz unter den Männern begünstigen, die die Frauen verletzen oder verachten und das Leben der unschuldigen Ungeborenen bedrohen“. Christliche Familien sollten vielmehr die Liebe Gottes ausstrahlen. Das ist nach den Worten des Papstes heute besonders wichtig, „denn wir erleben die Ausbreitung neuer Wüsten, die durch eine Kultur des Egoismus und der Gleichgültigkeit gegenüber den anderen gebildet werden“.

Nonnen und gläubige Frauen warten auf die Messe des Papstes in Nairobi, Kenia

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Gläubige warteten in Nairobi im Regen auf die Ankunft des Papstes

Jesus Christus sei der einzige tragende Fels, sagte der Papst in seiner Ansprache. „Außer ihm gibt es niemanden.“ Jesus verlange von den Menschen, missionarische Jünger zu sein und dem Evangelium zu folgen, „das das Leben verwandelt“. Unter dem Beifall der Anwesenden beendete Franziskus seine Predigt mit dem Gruß „Mungu awabariki! Mungu abariki Kenya!“ („Gott segne euch! Gott segne Kenia“.)

Nein zu Terrorismus im Namen der Religion

Vor dem Gottesdienst hatte Franziskus die Religionen zur gemeinsamen Abwehr von Extremismus und Terror aufgerufen. „Allzu häufig werden Jugendliche im Namen der Religion zu Extremisten gemacht, um Zwietracht und Angst zu säen und um das Gefüge unserer Gesellschaften zu zerstören“, sagte er am Donnerstagmorgen bei einem interreligiösen Treffen in der Nuntiatur.

Der Besuch steht unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Rund 10.000 Polizisten sollen laut kenianischen Medienberichten die Ordnung gewährleisten. Die Regierung rief die Bürger dazu auf, auf die Straßen zu gehen und Franziskus zu feiern.

religion.ORF.at/KAP

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