Papst an afrikanische Jugend: Flucht ist keine Lösung

Papst Franziskus hat die Jugend in der Zentralafrikanischen Republik aufgefordert, nicht vor den inneren Problemen aus dem Land zu fliehen, sondern für den Frieden zu arbeiten.

„Wer flieht, hat nicht den Mut zum Leben“, sagte er am Sonntagabend laut Kathpress vor Hunderten Jugendlichen auf dem Platz vor der Kathedrale der Hauptstadt Bangui. „Flüchten ist keine Lösung - dazubleiben und den Frieden aufzubauen bringt Leben“, so der Papst.

Papst Jugendliche

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Papst Franziskus appelliert an afrikanische Jugend: Flucht ist keine Lösung

Verzicht auf Hass und Vergebung gegenüber den Feinden

Die Arbeit für Harmonie und Verständigung in dem Bürgerkriegsland ist nach seinen Worten eine tägliche Lebensaufgabe für jeden einzelnen. Der Friede bestehe nicht aus einem Dokument, das unterzeichnet und dann weggelegt werde. Der Schlüssel seien ein völliger Verzicht auf Hass sowie Vergebung gegenüber den Feinden, auch wenn das viel Mut erfordere. Doch wer dazu bereit sei, bleibe letztlich Sieger.

„Niemals hassen, immer vergeben“, ließ er die Jugendlichen mehrmals wiederholen. „Seid Handwerker des Friedens“, rief er ihnen zu. Der Papst bat die jungen Menschen, viel zu beten. Das Gebet könne das Böse besiegen.

Heiliges Jahr in Zentralafrikanischer Republik eröffnet

Gut eine Woche vor dem offiziellen Beginn in Rom hat Papst Franziskus bei seinem Besuch in der Zentralafrikanischen Republik das „Heilige Jahr der Barmherzigkeit“ eröffnet. In der Kathedrale der Hauptstadt Bangui öffnete er die „Heilige Pforte“.

„Möge Bangui die spirituelle Hauptstadt der Welt werden!“, wünschte sich Franziskus laut Kathpress in einer kurzen Ansprache. Das „Heilige Jahr der Barmherzigkeit“ beginne frühzeitig in einem Land, das unter Krieg, Hass und dem Mangel an Verständigung leide, so der Papst. In dem vom Bürgerkrieg erschütterten Land seien im Geiste alle Länder anwesend, die das Kreuz des Krieges erlebt hätten.

Papst öffnet Heilige Pforte in Bangui

REUTERS/Stefano Rellandini

Papst Franziskus hat mit dem Öffnen der „Heiligen Pforte“ das „Heilige Jahr“ eröffnet

„Wir alle bitten um Frieden, Barmherzigkeit, Versöhnung, Verzeihung, Liebe! Für Bangui, die ganze Zentralafrikanische Republik und die ganze Welt; für alle Länder, die unter Krieg leiden, erbitten wir Frieden.“

In seiner Predigt rief Franziskus die Konfliktparteien in der Zentralafrikanischen Republik auf, die Waffen niederzulegen. „Legt diese Instrumente des Todes ab; bewaffnet euch vielmehr mit Gerechtigkeit, Liebe und Barmherzigkeit“, sagte er. Mit der Kraft des Glaubens könne der Frieden erreicht werden. „Gott ist stärker als alles“, so Franziskus. Er stehe für Gerechtigkeit, Liebe und eine „unbesiegbare Macht“.

Interkonfessioneller Friedensgruß des Papstes

Beim Moment des Friedensgrußes in der Kathedrale umarmte der Papst auch einen evangelischen Pastor und einen Imam, die in seiner Nähe standen. Bereits auf dem Weg zur Kathedrale hatte Franziskus einen kurzen Stopp an einem Kinderkrankenhaus der Hauptstadt eingelegt. Dabei schenkte er den jungen Patienten Medikamente, die ihm das römische Kinderkrankenhaus Bambino Gesu mitgegeben hatte.

Die Worte und Gesten des Papstes fallen in eine Situation großer Spannungen zwischen Christen und Muslimen: Am Morgen seines Eintreffens in Bangui wurden dort in der Nähe des berüchtigten muslimischen PK5-Viertels zwei junge Christen ermordet, und ihre Familien kündigten umgehend blutige Rache an.

Das sogenannte Jubiläum der Barmherzigkeit begeht die katholische Kirche weltweit ab dem 8. Dezember. An diesem Tag eröffnet es Franziskus feierlich mit dem Aufstoßen der Heiligen Pforte im Petersdom. Das Jubeljahr endet am 20. November 2016.

Papst: Christenverfolgung ist Impuls für Ökumene

Die Christenverfolgung in vielen Teilen der Welt muss aus Sicht von Papst Franziskus ein starker Impuls für die Ökumene sein. Die Trennung der christlichen Konfessionen schwäche auch den Zusammenhalt. Ausserdem verstoße die Trennung der christlichen Konfessionen gegen den Willen Christi, sagte der Papst am Sonntag bei einem ökumenischen Treffen in Bangui.

Dies sei ein Ärgernis angesichts von so viel Hass und Gewalt gegen Christen, so der Papst in der Evangelikalen Fakultät von Bangui. „Alle unsere Gemeinschaften leiden unterschiedslos unter der Ungerechtigkeit und dem blinden Hass, den der Satan entfesselt“, so Franziskus.

Ökumene des Blutes

Dieses gemeinsame Leid muss nach seinen Worten dazu führen, um gemeinsam auf dem Weg zur Einheit voranzuschreiten. Dies nenne er die „Ökumene des Blutes“. Alle Christen seien durch ein und dieselbe Taufe verbunden und hätten eine gemeinsame Mission zu erfüllen, nämlich die Botschaft Jesu Christi in der Welt zu verkünden.

Franziskus drückte seine Anteilnahme mit dem Vorsitzenden der Evangelischen Allianz des Landes, Pfarrer Nicolas Guerekoyamene-Gbangou, aus; dessen Wohnhaus und Gemeindezentrum waren jüngst geplündert und in Brand gesteckt worden. Der Papst erinnerte besonders an die Not der Menschen in dem Bürgerkriegsland. Jesus leide mit den Alten, Verlassenen und Kriegswaisen in der Zentralafrikanischen Republik.

Papst besucht Flüchtlings-Camp

Papst Franziskus hat in der Zentralafrikanischen Republik auch ein Flüchtlingslager besucht. Nach einer Rede im Präsidentenpalast begab er sich im offenen Papamobil in das von der kath. Kirche geleitete Lager, um den Menschen Mut zuzusprechen.

Im Camp Saint Sauveur leben auf einem Pfarrgelände vor allem Frauen und Kinder. Franziskus ermutigte sie, den Glauben an die Zukunft nicht zu verlieren und für den Frieden zu arbeiten.

Papst im offenen Papamobil

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Papst Franziskus fuhr im offenen Papamobil zu einem Flüchtlingslager

„Wir sind alle Geschwister“

Ohne Liebe, Freundschaft und Vergebung könne der Frieden nicht wachsen. Die Grenzen von Kulturen und Religionen dürften nicht verdecken, „dass wir alle Geschwister sind, wir alle“, so der Papst. Er bete für einen „großen Frieden“ in der Zentralafrikanischen Republik, sagte Franziskus. Zum Frieden müsse jeder etwas beitragen, so seine Botschaft in der improvisierten kurzen Rede. Alle Zuhörer ließ er dreimal wiederholen: „Wir sind alle Geschwister“.

Der Papst dankte einer in der Pfarre als Flüchtlingshelferin tätigen Ordensfrau für die Arbeit mit den Vertriebenen, darunter vielen Waisenkindern. Wie Radio Vatikan berichtete, trugen die lokalen Ordner T-Shirts mit der Aufschrift „misericorde e reconciliation“, Barmherzigkeit und Versöhnung. Die Hunderten von Menschen trugen Festkleider, zahlreiche Mädchen aufwändige Zopffrisuren und Grußbotschaften an den Papst auf Baumwoll-Stofftüchern.

Begleitet wurde Franziskus von acht vatikanischen Sicherheitskräften, seinem Reisemarschall Alberto Gasbarri sowie von Erzbischof Angelo Becciu, dem „Innenminister“ des Heiligen Stuhles; Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin musste sich aus der päpstlichen Afrikariese ausklinken und war am Sonntag bereits unterwegs zum Klimagipfel von Paris.

Aufruf zu Frieden in Zentralafrikanischer Republik

Papst Franziskus hat zu Frieden und Versöhnung zwischen den Ethnien und Religionen, sowie zum Kampf gegen Armut aufgerufen. Er hoffe brennend, dass bevorstehenden Friedenskonsultationen dem Bürgerkriegsland ermöglichen, „gelassen eine neue Etappe seiner Geschichte zu beginnen“, sagte er am Sonntag vor den Mitgliedern der Übergangsregierung und des Diplomatischen Corps in der Hauptstadt Bangui.

In dem Bürgerkriegsland gibt es nach Schätzungen der Vereinten Nationen rund 300.000 Binnenflüchtlinge. Allein seit dem Wiederauflammen der Kämpfe zwischen verfeindeten Milizen im September flohen 40.000 Menschen aus ihren Heimatorten. Die bewaffneten Gruppen bezeichnen sich zwar als islamisch beziehungsweise christlich, kämpfen jedoch vor allem für materielle und politische Ziele.

Einheit in Verschiedenheit

Das Land brauche Einheit in Verschiedenheit. „Dabei muss man die Versuchung der Angst vor dem anderen vermeiden, der Angst vor dem, was uns nicht vertraut ist, vor dem, was nicht Teil unserer Ethnie, unserer politischen Option oder unseres religiösen Bekenntnisses ist“, so Franziskus in seiner Rede im Präsidentenpalast.

Papst Franziskus segnet ein Kind

REUTERS/Stefano Rellandini TPX IMAGES OF THE DAY

Papst Franziskus segnet ein Kind während seines Besuchs

Zudem forderte der Papst die Verantwortlichen zum entschlossenen Kampf gegen die Armut auf. Wer die Mittel zu einem angenehmen Leben besitze, solle nicht seine Privilegien genießen, sondern den Bedürftigen helfen, damit auch sie gemäß menschenwürdig leben könnten.

Dies bedeute neben ausreichender Ernährung den Zugang zum Bildungs- und Gesundheitswesen und eine annehmbare Wohnung. „Die Würde der menschlichen Person bedeutet also letztlich, für die Würde der Mitmenschen zu arbeiten.“

Verantwortungsbewusster Umgang mit Ressourcen

Ferner mahnte Franziskus den Spitzen des Landes zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit den natürlichen Ressourcen des Landes. Es gelte die reiche biologische Vielfalt des zentralafrikanischen Landes zu schützen, sagte er auch an die Adresse internationaler Konzerne gerichtet.

Für den Aufbau einer friedlichen und gerechten Gesellschaften bot Franziskus die Mithilfe der katholischen Kirche an. Der Staat habe aber umgekehrt die Aufgabe, der Kirche günstige Bedingungen für ihre spirituelle Mission zu garantieren.

Lob der Präsidentin für den Papst

Übergangspräsidentin Catherine Samba-Panza lobte Franziskus für seine „Lektion an Mut und Entschlossenheit“, dass er in die Zentralafrikanische Republik gekommen sei. Sein Besuch sei ein Sieg über die Angst und ein Sieg für Frieden und Brüderlichkeit. Einmal mehr habe Franziskus somit bewiesen, dass er der Papst der Armen und Notleidenden sei. Denn die Zentralafrikanische Republik sei heute ein Land mit zerstörten Fundamenten und der täglichen Dramen.

Auf seinem Weg vom Flughafen in die Innenstadt von Bangui säumten Tausende Menschen die Straßen, um den Papst zu begrüßen. Die Stadt ist von hunderten Blauhelmsoldaten zum Schutz vor Angriffen von Milizen gesichert.

Von Uganda in die Zentralafrikanische Republik

Am Sonntag landete er, von Uganda kommend, auf dem Flughafen der Hauptstadt Bangui. Eine Sondermaschine der italienischen Fluggesellschaft Alitalia brachte ihn am Sonntagmorgen vom ugandischen Entebbe in die Hauptstadt Bangui. Flüchtlingslager besuchen. Um den Schutz von Franziskus bei seinem zweitägigen Aufenthalt in der Zentralafrikanischen Republik kümmern sich UNO-Blauhelme sowie französische Soldaten und einheimische Polizisten.

Bangui

REUTERS/Siegfried Modola

Französische Soldaten sichern die Straßen von Bangui für den Papstbesuch

UNO-Blauhelme, Soldaten und Polizisten

Die Reise in die Zentralafrikanische Republik war wegen der angespannten Sicherheitslage bis zuletzt ungewiss. Die Stadt Bangui und der Flughafen werden von mehreren Tausend Blauhelmsoldaten und französischen Truppen gesichert. Die Gewalt zwischen rivalisierenden Milizen war im September wieder aufgeflammt.

Franziskus hält sich bis Montag in Bangui auf. Dort trifft er mit Politikern und Bischöfen zusammen. Auf dem Programm stehen auch der Besuch eines Flüchtlingslagers und die Große Moschee von Bangui. In der Kathedrale der Hauptstadt will Franziskus eine „Heilige Pforte“ öffnen, um in dem von ihm ausgerufenen „Jahr der Barmherzigkeit“ zu Versöhnung aufzurufen.

Abflug Uganda

REUTERS/James Akena

Kurz vor der Abreise in der ugandischen Hauptstadt Kampala war ein sintflutartiger Regen niedergegangen. Papst Franziskus musste auf seinem Weg zum Flugzeug über den Roten Teppich buchstäblich über Wasser gehen. Papst Franziskus durchschritt die Lacken geradewegs und ohne jede Irritation. Ugandas Staatspräsident Yoweri Museveni verabschiedete Franziskus an der Gangway.

Werben für Frieden und Versöhnung

Am Abend will der Papst zum ersten Advent eine Messe in der Kathedrale von Bangui zelebrieren. Dort öffnet er auch eine Heilige Pforte - als eine Art Vorpremiere des Heiligen Jahres, des „Jubiläums der Barmherzigkeit“, das offiziell am 8. Dezember in Rom eingeläutet wird. Franziskus schließt seine sechstägige Afrika-Reise am Montag in Bangui ab. Zuvor besuchte er Kenia und Uganda.

Papst Papamobil

APA/AFP/GIUSEPPE CACACE

Papst Franziskus will für Frieden und Versöhnung werben

Drittärmstes Land der Welt

Die Zentralafrikanische Republik ist einem umfassenden UN-Index zufolge das drittärmste Land der Welt. Seit 2013 wird es von einem Konflikt erschüttert, bei dem sich muslimische Rebellen und christliche Milizen gegenüberstehen. Tausende wurden getötet, rund 20 Prozent der fünf Millionen Einwohner sind vor der Gewalt geflohen.

Die Zentralafrikanische Republik war im März 2013 nach einem Putsch gegen Staatschef Francois Bozize in eine Spirale der Gewalt gestürzt. Bei Kämpfen zwischen verfeindeten Milizen wurden tausende Menschen getötet und hunderttausende in die Flucht getrieben. Frankreich startete im Dezember 2013 einen Militäreinsatz in Zentralafrika, um die Gewalt zu beenden. Seit September 2014 ist in dem Land eine UNO-Mission im Einsatz.

religion.ORF.at/dpa/AFP/KAP/APA

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