Dt. Zentralrat der Juden begrüßt neues „Mein Kampf“

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat die Veröffentlichung einer neuen kommentierten Ausgabe von Adolf Hitlers berüchtigter Hetzschrift „Mein Kampf“ begrüßt.

„Ich kann mir gut vorstellen, dass diese kritisch kommentierte Auflage einer Aufklärung dient und dass sie einen gewissen Mythos, der um dieses Buch herrscht, aufzuklären vermag“, sagte Schuster am Freitag dem deutschen Fernsehsender NDR.

Behauptungen mit Fakten kontrastiert

Historiker des renommierten Instituts für Zeitgeschichte in München stellen am Freitag eine neue kommentierte Gesamtauflage der Schrift mit zahlreichen Anmerkungen vor, in denen die Entstehung des Texts erklärt und Hitlers Behauptungen mit Fakten kontrastiert werden. Die Veröffentlichung könne zeigen, „mit welchen völlig falschen und skurrilen Theorien und Thesen Hitler gearbeitet hat“, sagte Schuster. Gerade angesichts des neuen Rechtspopulismus und Phänomenen wie PEGIDA sei es wichtig, sich mit dessen Propaganda auseinanderzusetzen.

Kommentierte Ausgabe von "Mein Kampf"

APA/AFP/Christof Stache

Kommentierte Ausgabe von „Mein Kampf“

Auch die von der deutschen Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) angeregte Idee, Auszüge der kommentierten Ausgabe im Schulunterricht zu behandeln, begrüßte der Präsident des Zentralrats. Er halte das für eine gute Idee, sagt er. Zugleich betonte er, es sei nicht auszuschließen, das Buch könne prinzipiell geeignet sein, Hitlers Thesen in rechtsextremistischen Kreisen weiter zu verbreiten.

Jüdischer Weltkongress: „Überflüssig“

Der Jüdische Weltkongress (WJC) hat das Erscheinen der neuen Ausgabe von „Mein Kampf“ in Deutschland hingegen kritisiert. Die Veröffentlichung sei „überflüssig“, sagte WJC-Präsident Ronald S. Lauder laut Mitteilung am Freitag in New York.

Historiker und alle anderen, die Zugang zu dem Buch bräuchten, hätten ihn bereits. „Von diesem abscheulichen und giftigen Buch sind schon genug Exemplare gedruckt worden“, sagte Lauder weiter. „Es wäre also das Beste, ‚Mein Kampf‘ dort zu lassen, wo es hingehört: Im Giftschrank der Geschichte.“ Der WJC hat es sich zur Aufgabe gemacht, die nicht in Israel lebenden Juden politisch zu vertreten.

Ideologische Basis des Nationalsozialismus

In seinem zwischen 1924 und 1926 verfassten zweibändigen Buch „Mein Kampf“ hatte Hitler die ideologische Basis der Nazi-Bewegung formuliert. Nach seiner Ernennung zum Reichskanzler 1933 wurde es millionenfach vertrieben. Nach Gründung der Bundesrepublik gingen die Rechte an dem Werk auf das Land Bayern über, das das Urheberrecht ausnutzte, um jegliche Neuauflage des Werks zu verbieten.

Nach dem Auslaufen der sogenannten urheberrechtlichen Schutzfrist 70 Jahre nach dem Tod des Verfassers steht dieses Instrument seit Ende 2015 jedoch nicht mehr zur Verfügung. Die wissenschaftliche kommentierte Neuauflage soll nun ein Gegengewicht gegen die mögliche unkritische Weiterverbreitung von Hitlers Gedankengängen schaffen.

religion.ORF.at/AFP

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