Nach Missbrauch: Experten untersuchen in Hildesheim

Die norddeutsche Diözese Hildesheim will Fälle sexuellen Missbrauchs ab sofort von einem unabhängigen Gutachter untersuchen lassen. Das teilte die Diözese am Donnerstag mit.

Der Gutachter soll aktuell unter anderem auch klären, ob es weitere Missbrauchsfälle durch den ehemaligen Pfarrer Peter R. gab. Außerdem solle er den Umgang der Diözese mit den Vorwürfen insgesamt untersuchen. „Der Gutachter soll mit der zuständigen Staatsanwaltschaft eng zusammenarbeiten. Wer mit der Aufarbeitung beauftragt wird, hofft die Diözese in Kürze bekanntgeben zu können“, heißt es weiter in der Mitteilung.

Vertrauen muss aufgebaut werden

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hatte der Diözese am Mittwoch empfohlen, einen unabhängigen Ermittler zur Aufklärung von Fällen sexuellen Missbrauchs einzusetzen. Die Diözese habe „eine große Verantwortung den Opfern gegenüber, und zwar auch den Betroffenen, die bisher nicht den Mut hatten, zu sprechen“, so Rörig. Diese meldeten sich aber nur, wenn sie „Vertrauen in die Institution haben“. Dieses habe die Diözese bisher offenbar nicht aufbauen können.

Anlass für die Empfehlung war ein WDR-Bericht über den mutmaßlichen Missbrauch einer heute 39-Jährigen durch den ehemaligen Pfarrer und verurteilten Missbrauchstäter Peter R.. Bei dem Opfer handelte es sich um die Mutter einer heute 20 Jahre alten Frau aus Hildesheim, die selbst als Kind von Peter R. missbraucht worden war. Ihr Fall hatte Ende 2015 für bundesweites Aufsehen gesorgt.

Versäumnisse seit 2010

Die Diözese war den Missbrauchsvorwürfen im Jahr 2010 nicht konsequent genug nachgegangen und hatte diese Versäumnisse selbst eingeräumt. Zugleich hatte Bischof Norbert Trelle aber den Vorwurf zurückgewiesen, man wolle den Fall vertuschen.

Im jetzt bekannt gewordenen Fall schilderte die 39-jährige Mutter des damaligen Opfers dem WDR, dass „auch sie ab 1993 von Pfarrer R. sexuell belästigt worden sei“. Die Diözese sei „seit September 2015 auch über ihren Fall informiert“, erklärte die betroffene Frau laut WDR, man habe aber bislang keinen Kontakt zu ihr aufgenommen.

Die Diözese hatte am Mittwochmorgen dazu erklärt, es sei bisher lediglich von Dritten über einen möglichen Missbrauch informiert worden. Man habe über diese Informanten die betroffene Frau wiederholt aufgefordert, sich zu melden, doch habe sie dies bisher nicht getan. Trotz dieser fehlenden Informationen aus erster Hand sei kirchlicherseits im Jänner die Berliner Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden.

religion.ORF.at/KAP

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