Theater setzt Thema Islamismus dramaturgisch um

Das Vienna Theatre Project zeigt die fiktive Geschichte eines von Islamisten gekidnappten amerikanischen Bankers, der sich auf Geschäfte mit den Geiselnehmern einlässt, um sich freizukaufen.

Das Stück „The invisible Hand“ stammt von Ayad Akhtar, einem US-amerikanischen Pulitzer-Preisträger mit pakistanischen Wurzeln. Menschliche Gier wird darin ebenso thematisiert wie das Phänomen Islamismus mit seinen komplexen Hintergründen. Es geht um Islamophobie, Terrorismus, die Beteiligung des Westens an den Krisen des Mittleren Ostens und um den Einfluss ökonomischer Interessen auf Politik und Regierungen.

Fragwürdige Allianz

In dem fiktiven Fall heißt das Opfer Nick Bright, ein amerikanischer Banker, der von seinem Arbeitgeber nach Pakistan geschickt wurde, um dort Wasser zu privatisieren. Ein recht biederer Familienvater vom anderen Ende der Welt sitzt mit gefesselten Händen in einem Verlies im Punjab und hat Angst. Er weiß, dass ihn weder seine Regierung noch seine Firma freikaufen wird und so nimmt Nick sein Schicksal selbst in die Hände. Er macht den Islamisten ein Angebot. Er will durch gekonnte Spekulationen an der Börse deren Geld vermehren.

Szene aus dem Theaterstück "The Invisible Hand"

ORF/Brigitte Krautgartner

„Bashir“ und „Nick“

Der Preis dafür soll in geraumer Zeit seine Freilassung sein. Die Entführer stimmen zu. Bashir, einer von ihnen, beobachtet die Transaktionen, er soll von Nick alles über Wertpapiere lernen. Eine fragwürdige Allianz, die Fragen nach moralischen Grundsätzen aufwirft. Wer dringt hier in wessen Welt ein und wie weit würde man selbst in einer solchen Situation gehen? Das Theaterstück in englischer Sprache stellt laut Ankündigung des Theaters alles in Frage, was man über die aktuelle Krise zu wissen glaubt.

„The invisible Hand“

Premiere: 8.2.2016, 20.00 Uhr
Aufführungen: 9.-20.2.2016, jeweils 20.00 Uhr im Theater Drachengasse Bar & Co, Fleischmarkt 22, 1010 Wien

Als Informationen über einen bevorstehenden Anschlag auf einen Minister durchsickern, ist zu erwarten, dass der Tod des Politikers die Börsen in Bewegung bringen wird, Nick und Bashir handeln entsprechend und fahren satte Gewinne ein.

Terrorismus als Geschäftsmodell

Terrorismus wird so zum Geschäftsmodell, zum Mittel, die Börsen zu manipulieren und Geld zu machen. Allerdings verläuft das alles nicht reibungslos, es kommt immer wieder zu Konflikten, zu physischer und psychischer Gewalt. Auch Religion ist immer wieder ein Thema. „Glaubst Du an Gott“, fragt der radikal-islamistische Imam Saleem die Geisel, „Wie heißt Dein Gott“, „was würdest Du für ihn tun“?

Szene aus dem Theaterstück "The Invisible Hand"

ORF/Brigitte Krautgartner

David Wurama als Iman Saleem, Dave Moskin als der Banker Nick Bright und Michael Smulik als Terrorist Bashir

Für den Banker Nick stellt sich die bittere Einsicht ein, dass es wohl nicht das Geld ist, das Menschen zu außerordentlichen Leistungen anspornt. Dabei hatte er bisher dem Geldgeschäft alles untergeordnet - auch seine persönliche Sicherheit. Jetzt, in Gefangenschaft erkennt er, dass sich seine Prioritäten gewandelt haben. So sieht es zumindest Michael Smulik, der den Terroristen Bashir verkörpert.

Für Nick sei Geld sein Gott gewesen, durch die Erfahrungen als Gefangener werde er allerdings dazu gezwungen, darüber zu reflektieren, sagte Smulik in der Ö1-Sendung „Erfüllte Zeit“.

Zweigleisiger Zugang

Die Islamisten wiederum verhalten sich eigentlich nicht nach den Vorgaben des Koran. Spekulationen an der Börse sind im Islam nicht gestattet. Aber ihnen liegt weniger an den Aussagen des Propheten als an der Machtposition, die sie auf ihre Weise erreicht haben. Zum Teil wird Geld als Mittel zum Zweck gesehen, um sich sozial zu engagieren. Aber die Gier wirkt wie eine Droge, die Geld zum Selbstzweck macht.

Und so ist für Dave Moskin, der den Banker Nick verkörpert, ganz klar, welcher Gott in diesem Stück eigentlich der Mächtigste ist: Geld, Kapitalismus, aber auch die Moralität jedes Menschen.

Jeder der handelnden Charaktäre hat gute Gründe, sagt die Regisseurin des Stücks, Joanna Godwin-Seidl. Die Islamisten jedenfalls würden die Religion als Werkzeug benutzen, um zu tun, was sie wollen. Aber auch der frühere amerikanische Präsident, George Bush jr., sei im Irak und in Afghanistan einmarschiert, im Bewußtsein, „Gott ist hinter uns“, ergänzte Wurawa. Das Spiel, das immer wieder gespielt werde, sei, immer wieder einen Feind zu finden.

Brigitte Krautgartner, Nina Goldmann, religion.ORF.at

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