Nach Israel-Kritik: Ban sprach vor jüdischer Gemeinde

Eine Woche nach seiner scharfen Kritik an Israels Siedlungspolitik hat UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon in der Park-East-Synagoge von New York anlässlich des Holocaust-Gedenktages dazu aufgerufen, die „Mauern von Intoleranz und Zwiespalt“ in der Welt einzureißen.

Die Feier hatte der aus Wien stammende Rabbi Arthur Schneier, selbst ein Holocaust-Überlebender, organisiert. Nur so könnten Konflikte und Völkermorde künftig vermieden werden, sagte Ban bei dem Festakt. Ban hatte am 27. Jänner bei der monatlichen Nahost-Debatte des Sicherheitsrates mit Bezug auf die Siedlungspolitik von einem „Brutkasten für Hass und Extremismus“ gesprochen.

UN Ban Ki-moon

REUTERS/Andy Rain/Pool

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon ruft zum einreißen der „Mauern von Intoleranz und Zwiespalt“ in der Welt auf

Zudem verhindere die Vorgangsweise der israelischen Regierung jede Aussicht auf einen politischen Ausweg. Für diese Aussagen hatte er herbe Kritik von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu geerntet. Ban, so Netanyahus Reaktion, gebe mit diesen Worten dem Terrorismus Rückenwind.

Mit Flugblättern Rücktritt gefordert

Als Ban in der Synagoge zu sprechen begann, wurde er durch einen Zwischenruf unterbrochen. Er möge sich doch an den mutmaßlich von Muslimen verübten Terroranschlag vom 9. November erinnern, rief ihm eine Frau zu. Und vor der Synagoge teilten Mitglieder der „Zionist Organization of America“ Flugblätter aus, die Ban zum Rücktritt aufforderten.

An der von Rabbi Arthur Schneier initiierten Feier nahmen mehrere Holocaust-Überlebende teil sowie fast 50 in New York akkreditierte Diplomaten, darunter Botschafter Jan Kickert und Generalkonsul Georg Heindl aus Österreich. Schneier kam 1930 in Wien zur Welt, flüchtete 1938 nach Budapest und wanderte 1947 in die Vereinigten Staaten ein. Wie kaum ein anderer setzt er sich für Toleranz und Verständigung zwischen den Völkern ein.

Würdigung des Holocaust-Gedenktages

In einleitenden Worten würdigte Schneier die Einführung des Holocaust-Gedenktages von den Vereinten Nationen im Jahr 2005 während Ban daran erinnerte, dass die UNO allein im letzten Jahr mehr als 120 Holocaust-Veranstaltungen in 30 Ländern organisiert habe, um die Menschen im Rahmen ihres "Holocaust Outreach-Programms von dieser Tragödie in Kenntnis zu setzen.

Die Verbrechen, die stattgefunden haben, seien unwiderlegbar und diejenigen, die sie leugneten, verhöhnten die Schmerzen der Opfer, sagte Ban. Schneier fügte hinzu, der Gedenktag an jedem 27. Jänner sorge dafür, dass der Holocaust nicht in Vergessenheit gerät, wenn es keine Überlebenden mehr gibt.

Rede über Völkermorde auf der ganzen Welt

Ban sprach in seiner Rede über Völkermorde anderswo in der Welt, darunter Ruanda, Bosnien-Herzegowina und Kambodscha. Er sei auch zutiefst bestürzt über die anhaltenden Massaker im Südsudan, in Syrien und über die von den Islamisten-Milizen „Islamischer Staat“ (IS) und Boko Haram verübten Morde.

„Ich sehe mit an, wie internationale Menschenrechte auf globaler Ebene missachtet werden und mir fällt auf, dass die Täter von der Völkergemeinschaft nicht zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte er.

Als größte Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs bezeichnete Ban die erzwungene Vertreibung von Millionen Syrern und anderer, die sich vor abscheulichen Gewalttätigkeiten und Verfolgungen zu retten versuchten. Diese Menschen aufgrund ihrer Religion, ethnischer Zugehörigkeit oder Nationalität zu verteufeln dürfe im 21. Jahrhundert nicht geduldet werden. „Wir tragen kollektiv die Verantwortung dafür, die Tür zu gegenseitiger Toleranz und Barmherzigkeit zu öffnen“, sagte Ban abschließend.

religion.ORF.at/APA

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