Zeitung: Papst „glücklich“ über Treffen mit Patriarch

Papst Franziskus ist Presseberichten zufolge „überglücklich“ über seine bevorstehende Begegnung mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. und die Annäherung zwischen der katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche.

Das Treffen sei zwei Jahre lang in Geheimverhandlungen vorbereitet worden, schreibt der „Corriere della Sera“ am Montag über ein Gespräch mit dem Papst. „Ich habe lediglich gesagt, ich möchte meine orthodoxen Brüder treffen und umarmen. Das war alles.“ Das Übrige sei „von tüchtigen Bischöfen“ vorbereitet worden, auf orthodoxer Seite von Metropolit Hilarion, so der Papst dem Zeitungsbericht zufolge.

Der Durchbruch sei innerhalb von zwei Wochen erfolgt. Wer die Gesprächspartner des Papstes bei der Begegnung in dem Gästehaus Santa Marta waren, schreibt die Mailänder Tageszeitung in ihrem groß aufgemachten Bericht nicht.

Papst Franziskus

Reuters/Tony Gentile

Papst Franziskus freut sich, seine „orthodoxen Brüder zu treffen“

Es sei nötig, Brücken zu bauen, nicht Mauern, betonte der Papst dem Bericht zufolge. Der Bau der Brücke zur Orthodoxie sei das Ergebnis einer geduldigen Dialog-Strategie. Man müsse Schritt für Schritt aufeinander zugehen, bis man der anderen Seite die Hand geben könne. „Brücken sind beständig, Mauern nicht; sie scheinen uns zu verteidigen, aber trennen uns stattdessen nur. Sie sind dazu bestimmt, zu fallen, nicht errichtet zu werden.“ Ausdrücklich verwies Franziskus auf die Berliner Mauer. „Sie schien ewig, und stattdessen ging sie in einem Tag unter.“

Freude in Moskauer katholischer Kirche

Dass das Treffen zwischen Franziskus und Kyrill I. die Beziehungen der katholischen und russisch-orthdoxen Kirche „auf eine neue Ebene“ anheben wird, prognostizierte P. Kyrill Gorbunow, der Pressesprecher der römisch-katholischen Erzdiözese in Moskau. Von jetzt an würden beide Seiten „mehr Freiheit und mehr Mut“ haben, um die Beziehungen zu verbessern und die Zusammenarbeit zu stärken. Zugleich erinnerte P. Gorbunow daran, dass die Begegnung zwischen Papst und Patriarch zwar ein „historisches Erstereignis“ sei, dass es aber schon seit Jahren auf niedrigerer hierarchischer Ebene „reichhaltige und fruchtbare Kontakte“ zwischen den beiden Kirchen gebe.

Der russische Patriarch Kyrill I.

Reuters/Maxim Shemetov

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I.

Es sei überaus begrüßenswert, dass die Christenverfolgung im Nahen Osten und in anderen Weltgegenden im Mittelpunkt des Dialogs zwischen Franziskus und Kyrill stehen werde, unterstrich Gorbunow. Beide Kirchen hätten ihre lang andauernden Differenzen und Meinungsunterschiede beiseite gelassen, um eine gemeinsame Front zum Schutz der Christen zu bilden und „gemeinsam Zeugnis abzulegen“. Es gehe darum, Menschenleben zu retten und Kirchen zu helfen, die um das Überleben in einer feindlichen Umwelt ringen.

Lob von Vertetern des Islams und des Judentums

Auch islamische und jüdische religiöse Führungspersönlichkeiten in Russland äußerten sich sehr positiv über das bevorstehende Treffen. Die Begegnung werde zweifellos die Situation der Christen in aller Welt positiv beeinflussen, betonte der russische Großmufti Talgat Tadsch-ud-din. Er habe Patriarch Kyrill als eine „hervorragende geistliche Führungspersönlichkeit“ kennengelernt, sagte der Großmufti nach Angaben des Pressedienst der Stiftung „Pro Oriente“.

Kyrill habe als Metropolit und Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats den Interreligiösen Rat Russlands mitbegründet und zuvor auch beim Weltkirchenrat in Genf gearbeitet. Daher besitze er „reiche Erfahrungen im ökumenischen und interreligiösen Dialog“.

Die herzlichen Beziehungen zwischen den großen Religionsgemeinschaften in Russland seien „ein Beispiel für die ganze Welt“, sagte der Großmufti. Die große Dialogerfahrung von Kyrill werde die Begegnung mit Franziskus „wahrhaft historisch“ machen.

Großmufti wünscht viel Erfolg

Tadsch-ud-din bewertete es als positiv, dass die Frage der Christenverfolgung im Mittelpunkt der Begegnung zwischen Papst und Patriarch stehen soll. Er habe selbst Ende Jänner an einer Tagung in Marrakesch teilgenommen, bei der es auf Einladung des marokkanischen Religionsministeriums und des „Forums für den Frieden“ um die Frage der Religionsfreiheit und der Beziehungen zwischen Christen und Muslimen ging.

In Marrakesch sei sehr deutlich gemacht worden, dass die bedauerlichen Entwicklungen der jüngsten Zeit auf die negativen Einflüsse von Politikern und Extremisten zurückzuführen seien. Wörtlich meinte Tadsch-ud-din: „Politik soll Politik sein, aber die Stimme Gottes und die Stimme des Volkes müssen die Staatenlenker erreichen. Ich wünsche der Begegnung zwischen Papst und Patriarch viel Erfolg.“

Rabbiner: Persönliche Begegnungen wichtig

Auch der Vizepräsident des Kongresses der jüdischen religiösen Gemeinschaften und Organisationen Russlands, Rabbiner Z. Kogan, äußerte sich überaus positiv zur bevorstehenden Begegnung zwischen Papst Franziskus und Patriarch Kyrill: „Persönliche Begegnungen sind sehr wichtig. Gute Zusammenarbeit ist für die orthodoxe Welt, einschließlich Russlands, und für die katholische Welt von außerordentlicher Bedeutung. Wir segnen diese Begegnung.“ Rabbiner Kogan würdigte zugleich, dass Papst Franziskus „auf jede mögliche Weise“ den Dialog zwischen Juden und Katholiken ermutige.

Die Begegnung von Franziskus und Kyrill I. wird am kommenden Freitag auf dem Flughafen der kubanischen Hauptstadt Havanna stattfinden. Es ist das erste Treffen eines Papstes mit einem russisch-orthodoxen Patriarchen. Das Bekanntwerden der historischen Begegnung hatte vergangene Woche ein weltweites Medienecho zur Folge.

Papst: „Dritter Welkrieg im Gang“

Einmal mehr betonte der Papst, dass ein „Dritter Weltkrieg“ im Gange sei, der durch Wirtschaft, Waffenhandel und Angriffe auf die Natur geführt werde. Kritik am Westen übte Franziskus in Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling: Die Folgen eines Angriffes auf Libyen hätte man sich vorstellen können. „Der Westen muss Selbstkritik üben. Man denke an Libyen vor und nach dem Militärangriff. Vor dem Angriff gab es nur einen Gaddafi, jetzt gibt es 50 davon“, klagte Franziskus.

Hoffnungsvoll zeigte sich der Papst dafür, dass sich Europa verstärkt den Migranten öffnen werde. „Europa muss und kann sich ändern und reformieren. Wenn es nicht in der Lage ist, den Herkunftsländern der Flüchtlinge wirtschaftlich zu helfen, muss es sich fragen, wie es mit dieser großen Herausforderung umgehen soll, die nicht nur eine humanitäre ist“, so Franziskus.

religion.ORF.at/KAP

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