Papst ging mit Mexikos Kirche hart ins Gericht

Papst Franziskus hat bei seinem ersten Besuch in Mexiko die dortige Kirche scharf kritisiert. Das Land brauche keine „Fürsten“, sondern Botschafter des Herrn, sagte er am Samstag während einer Rede vor den Bischöfen des Landes in Mexiko-Stadt.

Die als sehr konservativ geltende mexikanische Kirche mahnte der 79-jährige Jesuit zu mehr sozialem Engagement. „Wenn Ihr kämpfen müsst, dann kämpft“, sagte Franziskus an die Adresse der mehr als 170 mexikanischen Bischöfe. Konkret forderte der Papst die katholischen Priester zu einem entschlosseneren Kampf gegen die Drogenkartelle auf.

„Ich bitte euch, die ethische und zivile Herausforderung nicht zu unterschätzen, die der Drogenhandel für die mexikanische Jugend und die gesamte Gesellschaft darstellt“, sagte der Papst.

Papst Franziskus vor Bischöfen

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Papst Franziskus fordert energisches Vorgehen gegen Kriminaltät

Enormes Drogenproblem

Das Ausmaß des Drogenproblems erfordere von den katholischen Hirten mehr als nur allgemeine Verurteilungen, sagte er weiter. Nötig seien „ein prophetischer Mut“ und ein qualifiziertes soziales Projekt der Kirche. Die mexikanischen Geistlichen forderte er auch zur Achtung der indigenen Ureinwohner des Landes auf.

An anderer Stelle mahnte er, die katholische Kirche dürfe sich in Mexiko nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Als Teil seines mehrtägigen Besuches in dem Land will Franziskus am Montag auch die indigene Provinz Chiapas besuchen. Die Region im Südosten gilt als eine der ärmsten Mexikos.

In dem lateinamerikanischen Land tobt seit Jahren zudem ein blutiger Krieg zwischen dem Staat und mächtigen Drogenkartellen, die sich auch gegenseitig mit grausamer Härte bekämpfen. Nach Schätzungen sind in den vergangenen zehn Jahren rund 100.000 Menschen wegen des Konflikts getötet worden. Auch Dutzende Geistliche sind der Gewalt zum Opfer gefallen.

Respekt vor indigener Bevölkerung gefordert

Mit Blick auf die Situation der indigenen Völker in Mexiko und ihre „faszinierenden und nicht selten dezimierten Kulturen“ forderte Franziskus die Bischöfe zu besonderem Respekt auf. Er betonte, Mexiko brauche seine indianischen Wurzeln. Die Eingeborenen Mexikos warteten noch darauf, wirklich anerkannt zu werden. Dies sei Voraussetzung dafür, dass „Mexiko jene Identität erbt, die es zu einer einzigartigen Nation macht und nicht zu einer unter anderen“, so der Papst.

Zugleich machte Franziskus bewusst, dass es aufgrund der Geschichte des Landes drei zu beachtende Realitäten gebe: die „antike und reiche Sensibilität der Indianervölker“, „das Christentum, das tief in der mexikanischen Seele verwurzelt ist“ und „die moderne Rationalität europäischer Prägung, welche die Unabhängigkeit und Freiheit hochhalten möchte“. In diesem Zusammenhang ermahnte der Papst die Bischöfe, das Volk stets an die Macht der christlichen Wurzeln zu erinnern. Er wünschte der mexikanischen Kirche, dass es ihr gelingen möge, zur Einheit des Volkes, zu Versöhnung und Integration des Landes beizutragen.

Lob für Einsatz gegenüber Millionen Migranten

Ein besonderes Lob sprach der Papst den Bischöfen für ihren Einsatz gegenüber den Millionen von Migranten aus, die in einer Auswanderung nach Nordamerika ihr Glück suchen. Er forderte sie auf, sich gemeinsam mit den US-Amerikanischen Bischöfen um die Migrantenseelsorge zu kümmern.

Mit streckenweise harschen Worten ermahnte Franziskus in seiner langen Rede die Bischöfe zu Bescheidenheit und zu Transparenz. Er warnte sie vor Klerikalismus und Triumphalismus, vor Intrigen, „eitlen Karriereabsichten“ oder „unfruchtbaren Interessengemeinschaften und Komplizenschaften“.

„Die offene Debatte unter Männern suchen“

Die Kirche brauche für ihre Arbeit keine Dunkelheit. Die Bischöfe sollten einen klaren Blick, eine transparente Seele und ein offenes Gesicht haben, betonte der Papst. Abweichend vom Redemanuskript ermahnte er die Bischöfe, bei internen Streitigkeiten „die offene Debatte unter Männern“ zu suchen, die sich streiten und dennoch zusammen beten und einander verzeihen können.

Die 170 Mitglieder der mexikanischen Bischofskonferenz hörten die Rede des Papstes in den Bänken der Kathedrale sitzend schweigend an, zum kurzen Applaus am Ende erhoben sich nur einige von ihnen.

Papst Franziskus vor Bischöfen

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Die Bischöfe wurden für ihren Einsatz gegenüber Millionen von Migranten gelobt

Nach der Begegnung mit den mexikanischen Bischöfen steht am Abend einer der Höhepunkte der Reise des Papstes an: Der Besuch beim Marienheiligtum von Guadalupe. Mit Blick darauf erzählte Franziskus den Bischöfen, dass „auch der Papst seit langem den Wunsch hegt“, die Jungfrau von Guadalupe zu sehen. Er lud alle ein, sich den „Blick der Zärtlichkeit“ der „Virgen Morenita“ zum Vorbild zu nehmen und den Menschen in der Kirche Sicherheit und ein Zuhause zu bieten.

Vor dem Treffen mit den Bischöfen hat Papst Franziskus sich für mehr Gerechtigkeit und innere Sicherheit in dem von Gewalt und sozialen Gegensätzen geprägten Land eingesetzt.

Papst Rede Präsidentenpalast Mexiko

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Papst Franziskus warnt vor Korruption, Rauschgifthandel und Gewalt

Rede vor 1.200 Ehrengästen

Am Samstagmorgen (Ortszeit) sprach der Papst vor Politikern, Wirtschaftsvertretern und Diplomaten im Nationalpalast von Mexiko-Stadt. Als erster Präsident des Landes hatte Staatschef Enrique Pena Nieto ihn dorthin eingeladen. Bei allen früheren Papstbesuchen waren die Empfänge wegen der streng laizistischen Verfassung des Landes protokollarisch niedriger eingestuft.

Franziskus forderte in seiner Rede neue Formen des Dialogs zwischen den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Kräften des Landes. Die katholische Kirche wolle mit der Regierung zusammenarbeiten. Leider werde das „Gemeinwohl“ zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht hoch gehandelt, betonte Franziskus. Es sei notwendig, ein „wirklich menschenwürdiges politisches Leben“ und eine Gesellschaft aufzubauen, „in der sich niemand als Opfer der Wegwerfkultur fühlt“, sagte der Papst in seiner ersten Rede auf mexikanischem Boden.

Warnung vor Korruption, Rauschgifthandel und Gewalt

Das Streben nach Privilegien und persönlichen Vorteilen für wenige bereite in der Gesellschaft den Boden für Korruption, Rauschgifthandel, für Gewalt, Menschenhandel, Entführungen und Tod. Dies verursache Leiden und bremse die Entwicklung des Landes, so der Papst.

Alle Bewohner müssten Zugang haben zu Wohnraum, Arbeit, Nahrung, Gerechtigkeit, Sicherheit und einer gesunden Umwelt, forderte der Papst. Die gesellschaftliche, kulturelle und politischen Eliten hätten eine besondere Verantwortung dafür, dass alle Bürgern die Möglichkeit erhielten, in Würde ihr eigenes Geschick in der Familie und in allen gesellschaftlichen Bereichen gestalten zu können.

Papst Mexiko Empfang

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Im Nationalpalast wurde Papst Franziskus mit militärischen Ehren empfangen

Er komme zu seinem Besuch als „Missionar der Barmherzigkeit und des Friedens“, betonte Papst Franziskus in seiner Ansprache. Und er wollte der Gottesmutter von Guadalupe die Ehre erweisen. Mit Mexiko besuche er ein Land, das reich sei an Kulturen, Geschichte, an natürlichen Ressourcen und einer enormen Artenvielfalt.

Fahrt im offenen Papamobil

Die Kulturen mit indigenen, mestizischen und spanischen Wurzeln verliehen dem Land eine eigene Identität, einen kulturellen Reichtum und eine uralte Weisheit. Der größte Reichtum Mexikos seien jedoch die jungen Menschen, die mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachten. Sie bildeten die Zukunft und die Hoffnung eines Landes, das fähig sei, sich zu erneuern und zu verändern.

Papst Mexiko Papamobil

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Franziskus legte den Weg von seiner Unterkunft in der Apostolischen Nuntiatur zum Regierungssitz in Mexiko-Stadt im Papamobil zurück. Er wurde von einer Polizeieskorte begleitet und von vielen tausend Menschen an den Straßen bejubelt.

religion.ORF.at/dpa/KAP

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