Drei Jahre Franziskus: „Zu wenig Unterstützung“

Drei Jahre nach Beginn seines Pontifikats habe Papst Franziskus wichtige Schritte für die Reform der Weltkirche unternommen, er bekomme jedoch sowohl in der Kurie als auch in den Diözesen zu wenig Unterstützung, so Vatikan-Experte Marco Politi.

Jorge Mario Bergoglio ist seit dem 13. März 2013 Papst und Bischof von Rom. „Alle applaudieren dem Papst, doch die wenigsten helfen ihm wirklich bei der Umsetzung seiner Reformpläne“, sagte Politi anlässlich des Jahrestags im Gespräch mit der APA-Korrespondentin Micaela Taroni.

„Während die Gläubigen den Papst viel applaudieren, sind jene noch relativ wenige, die ihn wirklich aktiv unterstützen. Es fehlt an einer Reformenbewegung aus Gläubigen, Laien, Priestern und Bischöfen in den Diözesen, wie es sie in der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils gab. Der Papst findet zu wenig Unterstützung sowohl in der Kurie als auch in der Weltkirche. Zu viel Passivität herrscht in den kirchlichen Strukturen“, sagte der Papst-Biograf und Autor des im September im Herder-Verlag erschienenen Sachbuches „Franziskus unter den Wölfen“.

Konservative Haltung in der Kurie

Politi warnt vor einer noch stark konservativen Haltung in der Kurie, die Franziskus’ Reformbemühungen bremse. „Es gibt viel Angst vor dem Neuen und starke Widerstände gegen die Bemühungen des Papstes, die Doktrin mit einem wirklich pastoralen Blick zu überdenken. Es gibt noch zu viel bürokratisches Denken. Daher ist Franziskus ziemlich allein“, kommentierte der Autor.

Marco Politi

kathbild/Franz Josef Rupprecht

Vatikan-Experte Marco Politi

Dabei habe sich der Papst „vom anderen Ende der Welt“ in diesen drei Jahren Pontifikat viel Respekt auch abseits der katholischen Welt verschaffen können. „Franziskus hat die katholische Kirche wieder zum Protagonisten auf der Weltbühne gemacht. Er wendet sich nicht nur an Gläubige. Auch viele Atheisten und Agnostiker auf der internationalen Bühne hören auf die Botschaften des Papstes. Er war der erste, der wegen des islamischen Terrorismus die Realität eines ‚stückweisen Dritten Weltkriegs‘ erkannt hat“, meinte der Autor.

„Enorme Widerstände“ gegen Reformen

Bei seinen Reformbemühungen stoße Franziskus auf „enorme Widerstände“, weil eine große Anzahl von Bischöfen der Weltkirche noch von seinen Vorgängern Johannes Paul II. und Benedikt XVI. ernannt worden seien und eine konservative Auslegung der Lehre verträten.

„Nur sehr wenige Bischöfe haben wie Franziskus den Weg eines einfachen Lebensstils eingeschlagen. Im Kampf gegen Kindermissbrauch in der Kirche gibt es Widerstände in vielen Diözesen bei der Schaffung von Strukturen, die die Anklagen der Opfer sammeln sollen und verstecke Missbrauchszustände klären können. Zwar nicht im deutschsprachigem Raum, doch in vielen Ländern der Welt. Auch im Einsatz um mehr Transparenz der Finanzen stößt der Papst auf Hürden“, listete Politi auf.

Aufbau einer „kollegialeren Kirche“

In den drei Jahren seines Pontifikats habe der Papst laut dem Journalisten jedoch auch konkrete Erfolge zu feiern. „Franziskus hat schon auf vielen Fronten Änderungen durchgesetzt. Er hat begonnen, eine kollegialere Kirche aufzubauen, indem er einen Rat aus neun Kardinälen gebildet hat, die alle Strömungen der Weltkirche repräsentieren. In der Bischofssynode gibt es jetzt eine reale Möglichkeit, Vorschläge über heikle pastorale Angelegenheiten vorzulegen“, so Politik.

In Bereich Vatikan-Finanzen habe der Papst mit einer groß angelegten Aufräumarbeit begonnen. Tausende Konten wurden bei der Vatikan-Bank IOR geschlossen. Geheime Konten wurden bei der Güterverwaltung APSA entdeckt. "Franziskus ist der erste Papst, der unabhängige internationale Buchprüfungsgesellschaften eingeladen hat, die vatikanische Finanzlage zu kontrollieren. Viele Dokumente, die im Rahmen des „Vatileaks 2"-Skandals auftauchten, sind das Ergebnis der Arbeit des Papstes“, so Politi.

Franziskus stehe jetzt vor neuen Herausforderungen. „Wir warten jetzt alle gespannt, auf die Kurienreform, mit der Kirchenstrukturen modernisiert werden sollen. Dabei werden wir auch sehen, ob der Papst auch Frauen in Schlüsselpositionen hieven wird, zum Beispiel in päpstliche Räte oder Kommissionen. Das ist ein weiterer Punkt, bei dem der Papst mit starken Widerständen konfrontiert ist“, meinte der Journalist.

religion.ORF.at/KAP

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