Schönborn zu Papst-Schreiben: Liebe an erster Stelle

Papst Franziskus geht es in seinem Schreiben „Amoris Laetitia“ um ein genaues Hinsehen auf die Lebensrealitäten und Lebensumstände der Menschen, so Kardinal Christoph Schönborn am Rande der Präsentation des päpstlichen Schreibens im Vatikan.

Die Frage, ob jemand, der sich in einer sogenannten „irregulären“ Lebenssituation befinde, zur Kommunion gehen dürfe, sei nicht die erste Frage, in bestimmten Fällen sei das für den Papst aber möglich. Hinter dem gesamten Schreiben stehe eine besondere Logik: „Das erste sind nicht die Normen, die zwar wichtig sind, an erster Stelle steht aber die Ausrichtung auf die Liebe.“

Wiener pastorale Praxis „voll übernommen“

Er sei dankbar und stolz, so der Wiener Erzbischof, dass die katholische Kirche damit eigentlich die in Wien seit gut 15 Jahren gelebte pastorale Praxis sowohl im Synodendokument von 2015 als nun auch im päpstlichen Schreiben „voll übernommen“ habe.

Kardinäle Lorenzo Baldisseri (li.) und Christoph Schönborn (re.) präsentieren das Papst-Schreiben "Amoris Laetitia"

APA/AFP/Alberto Pizzoli

Kardinäle Lorenzo Baldisseri (li.) und Christoph Schönborn (re.) präsentieren das Papst-Schreiben „Amoris Laetitia“

Besonders wichtig an dem Dokument sei, dass der Papst das Wort „irregulär“ fast immer unter Anführungszeichen setze. Er mache damit deutlich, was in der Kirche oft vergessen werde: „Ob sich jemand in einer regulären oder irregulären Situation befindet, ist zuerst einmal nur ein äußerer Blick auf die Situation. Der innere Blick auf die Lebenssituation von Ehen und Familien besteht darin, dass wir alle mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben und alle der Barmherzigkeit Gottes bedürfen.“

Befreiende und wohltuende Botschaft

Kein Ehepaar und keine Familie dürfe sagen: „Wir sind die ordentlichen und Ihr seid die unordentlichen.“ Das sei für ihn eine befreiende und wohltuende Botschaft, „weil es in Wirklichkeit auch so ist“, sagte Schönborn gegenüber Kathpress.

Das bedeute andererseits natürlich nicht, dass der Papst damit meine, alles sei erlaubt. „Es gibt Situationen, die nicht dem entsprechen, was Gottes ursprünglicher Plan ist“, so Schönborn. Aber der Papst lade dazu ein, genau hinzusehen und zu unterscheiden.

Papst Franziskus spreche klar die Situation von unverheiratet zusammen lebenden Paaren und geschiedenen Wiederverheirateten an. Er lade sie zuerst ein, auf die Hilfe Gottes und die Offenheit der Kirche zu vertrauen. „Sie gehören in das Leben der Kirche integriert und dürfen auf die Hilfe der Kirche bauen“, so der Kardinal. Das sei vor allem auch eine große Aufforderung an die Gemeinden, „wie sie mit Menschen in diesen Situationen umgehen“; und das schließe auch die Hilfe der Sakramente in bestimmten Fällen ein.

religion.ORF.at/KAP

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