China: Interesse am Katholizismus erwacht

Die Schätzungen über die Zahl der Katholiken in China gehen weit auseinander: Zwischen 13 und 60 Millionen sollen es sein. Drei katholische Priester aus China berichten von der aktuellen Lage in ihrem Land.

Neben den, je nach Quelle, so unterschiedlichen Zahlen existiert nach wie vor die Aufspaltung in eine Rom-treue, dem Papst folgende Untergrundkirche und eine regimetreue offizielle katholische Kirche, die Chinesische Katholisch-Patriotische Vereinigung (KPV). Mittlerweile ist ein großer Teil der Bischöfe der staatstreuen Kirche auch von Rom anerkannt, obwohl sie nicht vom Papst, sondern von der chinesischen Regierung eingesetzt werden. In jedem Fall stellen Katholiken eine kleine Minderheit bei einer Gesamtbevölkerung von rund 1,4 Milliarden Personen dar.

Kürzlich waren drei Priester aus China in Wien und schilderten im Interview mit dem Ö1 Religionsmagazin „Praxis - Religion und Gesellschaft“ ihre Eindrücke von der sozialen Situation in ihrem Land: John Zhang ist katholischer Priester und für die Caritas tätig, Rongpin Li ist ebenfalls Prietser und arbeitet in einem Buch- und Zeitschriftenverlag und Dahai Ren, engagiert sich für die katholische Sozialorganisation Jinde Charities.

Viele Verbesserungen im Vergleich zu früher

Was die Religonsfreiheit anbelangt, so seien durchaus Fortschritte erreicht worden, erklärte Zhang, der in leitender Position in der Caritas- und Medienarbeit tätig ist, im Gespräch. Im Vergleich zu vor 20, 30 Jahren könne man jetzt zufrieden sein, so Zhang. „Natürlich, im Hinblick auf die katholische Kirche gibt es etwas Spezielles, weil diese Kirche auch mit einem Staat verbunden ist, dem Vatikan. Und zwischen dem Vatikan und China gibt es noch immer keine normalen Verhältnisse, keine diplomatischen Beziehungen“, so Zhang.

Eine katholische Kirche in chinesischem Baustil in der Provinz Shanxi

Reuters/Jason Lee

Römisch-katholische Kirche in chinesischem Baustil in der Provinz Shanxi

Sendungshinweis

Praxis - Religion und Gesellschaft, 20.4.2016, 16.00 Uhr, Ö1

Aber es gebe Fortschritte, sagte Zhang. „Papst Franziskus hat eine so herzliche Art, er hat einen guten Umgang gefunden mit der Regierung in Peking. Unser Präsident und der Papst haben sich gegenseitig Briefe geschrieben, das ist ein guter Anfang.“ Als Papst Franziskus im August 2014 nach Südkorea und auf die Philippinen geflogen sei, habe er über chinesisches Territorium fliegen dürfen, früher sei das immer verboten gewesen. Die Verbesserung der Verhältnisse sei auch auf die Unterstützung im humanitären Bereich zurückzuführen, auch durch die Zusammenarbeit mit Caritas Österreich und Deutschland.

Papst-Fotos drucken kein Problem mehr

Früher sei es nicht erlaubt gewesen, Fotos des Papstes zu drucken, erzählte Rongpin Li, der Verlagsmitarbeiter. Jetzt stelle das kein Problem mehr dar. Auch theologische Bücher könnten jetzt leichter gedruckt werden, die Druckerlaubnis werde ohne größere Probleme erteilt. „Vorsichtig muss man eigentlich nur dann sein, wenn es um besondere Inhalte geht“, so Li. Interesse an christlicher Literatur sei durchaus vorhanden. Vor allem die Bibel sei nachgefragt, aber nicht in Buchhandlungen sondern über die Kirchen erhältlich, ergänzte Zhang.

Nachdem mit der „Kulturrevolution“ Mao Zedungs zwischen 1966 und 1976 viele Menschen ihren Glauben verloren hätten, erwache jetzt das Interesse daran wieder, so Li. Er ist der Ansicht, die Kirche solle darauf reagieren und nicht nur für Christen da sein, sondern auch für Menschen, die nicht getauft sind. Ein Bereich, in dem selbstverständlich keine Unterschiede gemacht würden, sei die soziale Arbeit der katholischen Kirche. Sie komme grundsätzlich allen Bedürftigen zugute.

Ein chinesischer Ministrant hält die Bibel während einer Weihnachtsmesse in Peking hoch

Reuters/Kim Kyung Hoon

Die Zahl der Menschen, die in China Weihnachten feiern, steigt

So konnte etwa die Nahrungsmittelknappheit reduziert werden. „Was aber auffällt: Es gibt eine große Kluft zwischen Arm und Reich, und es gibt auch große Unterschiede zwischen den Städten und den ländlichen Gebieten. Da gibt es schon viel zu tun“, sagte Li.

Verantwortung für die Gesellschaft bewusst machen

Für Dahai Ren, den Sozialarbeiter, sind die allmählichen Veränderungen in der chinesischen Gesellschaft auch an der Spendenbereitschaft der Chinesen ablesbar. „In China werden die Social Media stark für Spendenkampagnen genützt, Facebook und so weiter. Das ist durchaus erfolgreich. 2015 waren 70 Prozent der Spenden, die wir bekommen haben, aus dem Inland, aus China, 30 Prozent sind aus anderen Ländern gekommen. Das ist eine massive Veränderung. Früher war es genau umgekehrt: da sind nur 30 Prozent der Spendengelder aus China gekommen“, so Ren.

„Wir hoffen, dass sich in Zukunft die wirklich reichen Menschen ihrer sozialen Verantwortung bewusst werden. Es wäre wirklich wichtig, wenn ihnen klar würde, welche Verantwortung sie für die gesamte Gesellschaft tragen. Wie gesagt, die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer.“

Was sich die drei Priester wünschen, ist, dass sich die chinesische Bevölkerung nicht vom Reiz des schnellen Geldes blenden lasse, der jetzt vielfach so attraktiv wirke. Es gelte, konstruktive Werte zu kultivieren, und nicht Mythen vom individuellen Vorteil.

Brigitte Krautgartner, Nina Goldmann, religion.ORF.at

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