Papst an Bischöfe: Zeigefinger nicht überstrapazieren

Papst Franziskus hat Italiens Bischöfe ermahnt, den moralischen Zeigefinger nicht überzustrapazieren und die Nöte der Menschen in der Gegenwart wahrzunehmen.

Die Bischöfe sollten den kulturellen Wandel nicht nur in einem „bitteren und anklägerischen Ton tadeln“, sagte der Papst am Montag zur Eröffnung der Vollversammlung der Italienischen Bischofskonferenz im Vatikan. Es gelte auch wahrzunehmen, wie hart diese Zeit für viele Menschen sei. Sie habe keinen Platz mehr für Brüderlichkeit und mache orientierungslos, so der Papst. „Auch in Italien sind viele Traditionen, Gewohnheiten und Visionen einem epochalen Wandel unterworfen“.

Priestertum als Alternative

Hauptthema der italienischen Bischofsversammlung ist die Erneuerung des Priestertums. Priesterliches Leben habe nur dann einen „Geschmack“, wenn es eine Alternative zu Effizienz- und Karrieredenken, von Rigorismus und Oberflächlichkeit darstelle, so der Papst. Die Kirche müsse sich vor einer „Pastoral des Bewahrens“ hüten, die sich zu sehr um Strukturen und materielle Güter kümmere und dabei einer Erneuerung durch den Heiligen Geist verschließe. Behalten solle die italienische Kirche nur das, was dem Glauben und der Nächstenliebe diene.

Papst Franziskus vor den Bischöfen der Italienischen Bischofskonferenz

Reuters/Osservatore Romano

Papst Franziskus ermahnte die Bischöfe, den kulturellen Wandel nicht nur in einem „bitteren und anklägerischen Ton“ zu tadeln

Priestertum müsse „ganz konkret“ und „bis zum Schluss“ gelebt werden, sei doch ein berechnendes, abwägendes Verhalten, das aus Angst vor Verlusten nichts riskiere und immer bei der Hälfte stehen bleibe, mit viel Traurigkeit verbunden. Der Blick auf Jesus habe seine eigene Freude und biete einen Horizont, der alles andere in Perspektive setze, „der Sorge und Ängstlichkeit schwächer werden lässt, der frei von den Illusionen und von Pessimismus macht, und der im Herzen Frieden bewahrt“, so der Papst.

Nach der Ansprache hielt sich Papst Franziskus unter Ausschluss der Öffentlichkeit noch zu informellen Gesprächen mit den Bischöfen in der vatikanischen Synodenaula auf. Dort tagt die nach Brasilien und den USA drittgrößte Bischofskonferenz noch bis Donnerstag.

religion.ORF.at/KAP