Köln: Flüchtlingsboot als Fronleichnamsaltar

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat am Fronleichnamsfest eindringlich mehr Einsatz für Flüchtlinge angemahnt. Beim Gottesdienst am Donnerstag auf dem Roncalliplatz neben dem Kölner Dom diente ein sieben Meter langes Flüchtlingsboot aus Malta als Altar.

„Wer Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt, lässt Gott ertrinken - jeden Tag, tausendfach“, sagte der Erzbischof. „Wer Menschen in Lagern zu Tode quält, quält Gott zu Tode - tausend und abertausendfach.“ Der Altar sei immer ein Symbol für Christus, so Woelki. Er selber sei mitten „in diesem Boot, das Menschen, junge und alte, Frauen und Kinder, über das Mittelmeer schleuste“.

Flüchtlingsboot Köln

APA/dpa/Rolf Vennenbernd

Kardinal Rainer Maria Woelki nutzte ein Flüchtlingaboot als Altar vor dem Dom

Der Kölner Kardinal erinnerte an die Aktion 23.000 Glockenschläge, mit der die Erzdiözese Köln vor knapp einem Jahr der Männer, Frauen und Kinder gedachte, die seit dem Jahr 2000 auf ihrer Flucht über das Mittelmeer umkamen. „Hunderte Tote sind seitdem dazugekommen, Ertrunkene und Ermordete, deren Hoffnungen, deren Schmerz, deren Träume, deren Trauer, deren Angehörige und deren Lebensgeschichten Gott allein kennt“, sagte Woelki.

„Schrei nach Gerechtigkeit als Schrei Gottes“

Woelki rief dazu auf, über die Erhabenheit der goldenen Monstranz nicht die Augen davor zu verschließen, worum es zu Fronleichnam eigentlich gehe. In der Gestalt des Brotes werde der gekreuzigte Jesus durch die Straße getragen, der in den Armen, den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, den unheilbar Kranken, den traumatisierten Kindern aus Bürgerkriegsregionen, ihren verzweifelten Müttern und den verschleppten Vätern gegenwärtig sei.

„Ihr Schrei nach Gerechtigkeit, ihr Schrei nach Würde und Frieden ist Gottes Schrei“, so der Kardinal. Nach dem Gottesdienst zogen Tausende Gottesdienstbesucher in einer Prozession durch die Kölner Innenstadt.

Papst bekommt Schwimmweste

Papst Franziskus hat die Schwimmweste eines ertrunkenen Flüchtlingsmädchens aus Syrien überreicht bekommen. Die Weste sei Franziskus am Mittwoch nach seiner Generalaudienz auf dem Petersplatz vom spanischen Flüchtlingshilfe-Verein „Proactiva Open Arms“ übergeben worden, berichtete die aktuelle Ausgabe der vatikanischen Zeitung „Osservatore Romano“.

Bei seiner Generalaudienz hatte der Papst erneut dazu aufgerufen, für Syrien zu beten. Franziskus hat immer wieder ein gemeinsames europäisches Konzept für die Flüchtlingshilfe angemahnt und sich gegen eine Abschottung Europas ausgesprochen.

Marx: Missbrauch der Religion nicht nur im Islam

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat die Katholiken am Fronleichnamstag zur Selbstkritik aufgerufen. Wenn es um den Missbrauch der Religion gehe, sollten sie nicht nur auf den Islam schauen, sondern auch auf sich selber, sagte Marx am Donnerstag vor rund 5.000 Gläubigen bei der Festmesse auf dem Münchner Marienplatz.

Auch Christen hätten Gott für wirtschaftliche und politische Interessen benutzt, das habe viele Menschen das Leben gekostet. Deshalb müssten Katholiken und Protestanten 2017 beim Gedenken an 500 Jahre Reformation einander vergeben und bekennen, dass sie Schuld auf sich geladen hätten.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz rief in seiner Predigt in Erinnerung, dass der Kult im Zentrum des christlichen Glaubens stehe. Dies bedeute, dass das Handeln Gottes allem menschlichen Handeln vorausgehe.

„Wir können Glaube und Religion nicht machen, sondern uns nur öffnen für die Initiative Gottes, die er durch Jesus von Nazareth in diese Welt hineingebracht hat“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Dessen barmherziges Antlitz gelte es in die Gesellschaft hineinzutragen, ohne Gegenleistungen zu erwarten.

religion.ORF.at/KAP/KNA