Venedig: Caritas-Flüchtlingsquartiere bei Biennale

Mit einem Aufsehen erregenden Projekt zum europäischen Brennpunktthema Flüchtlinge lässt Österreich bei der diesjährigen Architektur-Biennale in Venedig aufhorchen.

Unter dem Titel „Orte für Menschen“ werden dort Caritas-Unterkünfte für Heimatvertriebene präsentiert, die drei Architektur- und Designteams - „Caramel-Architects“, „EOOS“ und „the next ENTERprise-architects“ - in drei Gebäuden in Wien zur temporären Unterbringung von Menschen in laufenden Asylverfahren geschaffen haben. Die Eröffnung des Österreich-Pavillons nahm der neue Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) gemeinsam mit Caritas-Präsident Michael Landau und der österreichischen Biennale-Komissärin Elke Delugan-Meissl am Donnerstag in Venedig vor.

Caritas-Mitarbeiter im Rahmen der Vorstellung des österreichischen Projektes "Orte für Menschen" für die 15. Architekturbiennale in Wien

APA/Herbert Neubauer

Caritas-Mitarbeiter im Rahmen der Vorstellung des österreichischen Projektes „Orte für Menschen“ für die 15. Architekturbiennale

Der diesjährige Beitrag Österreichs folge dem Ziel, neue und innovative Architekturlösungen für Asylwerber aufzuzeigen, lobte Drozda „einen mutigen und zukunftsweisenden Ansatz“: Die drei in Wien realisierten Wohnprojekte, in denen von der Caritas betreute Flüchtlinge unterschiedlich lange ein interimistisches Quartier finden, rückten Räume menschenwürdigen Zusammenlebens in den Mittelpunkt.

„Punktgenau am Puls der Zeit“

Es werde deutlich, dass Architektur mehr sei als das Bauen von Gebäuden, so Drozda; sie könne auch „Antworten auf aktuelle Probleme geben“. Insofern sieht der Minister den Österreich-Beitrag „punktgenau am Puls der Zeit“. Bei „Orte für Menschen“ werde das Gemeinsame vor das Trennende gestellt, freute sich Caritas-Chef Landau. „Hier geht es nicht nur um das Zusammenleben in einer konkreten Flüchtlingsunterkunft, sondern auch um den Zusammenhalt in der Gesellschaft insgesamt“.

Im Gespräch mit „Kathpress“ ergänzte er am Freitag, die Caritas-Projekte stünden stellvertretend für den gesamten enormen Einsatz, den die österreichische Zivilgesellschaft und Hilfsorganisationen seit dem vergangenen Sommer für Kriegsflüchtlinge geleistet hätten - „ohne sie wäre nichts gegangen“. Mit dem Flüchtlingszustrom wurde - so Landau - in Europa „Geschichte geschrieben“; wie diese weitergehe, sei noch offen. Initiativen wie jene jetzt in Venedig präsentierten zeigten aber eine positive Perspektive, mit mit herausfordernden Situationen bestmöglich umzugehen ist, betonte Landau.

Und die drei Projekte verdeutlichten exemplarisch, dass mit kleinen, oft wenig kostspieligen Mitteln Großes erreicht werden kann, so der Caritas-Präsident weiter. Es komme auf die Kreativität und das Engagement jedes einzelnen in der Gesellschaft an.

„Ästhetik und Ethik sind eins“

„Ästhetik und Ethik sind eins“: Diesen Satz aus Ludwig Wittgensteins „Tractatus logico-philosophicus“ (1921) zitierte die zum Österreich-Beitrag „Orte für Menschen“ herausgegebene Besucherzeitung. Angesichts der Zustände in Traiskirchen, aber auch in anderen Notunterkünften für Flüchtlinge hätten sich die für die Biennale ausgewählten Teams „nicht nur als Privatpersonen, sondern auch in ihren professionellen Rollen als ArchitektInnen“ angesprochen gefühlt.

„Next ENTERprise“ zeigt im Pavillon einen Film über ihre mobile „Raum-im-Raum“-Intervention für ein entstehendes Flüchtlings- und Studentenheim in der ehemaligen Siemens-Zentrale in Wien-Favoriten. Den Bausatz für ihr Projekt in einer Notunterkunft in Rudolfsheim-Fünfhaus präsentieren „Caramel-Architects“: Die Schirme, Stoffe und Leselampen verwandeln nüchterne ehemalige Großraumbüros in kleinteilige private Rückzugsorte.

Schon kleine Adaptierungen helfen

Einen Einblick in ihr partizipatives Möbelbauprojekt liefert schließlich das Designbüro „EOOS“, das gemeinsam mit Flüchtlingen in Wien-Erdberg an mobilen Küchenelementen baut und mit der Schaffung von Geschäftsflächen im Quartier ein spannendes Modell von Gemeinwohlökonomie erarbeitet.

Schon kleine Adaptierungen könnten den Menschen helfen, „ein Stück anzukommen“, kommentierte Michael Landau. Selten sei ihm derart bewusst geworden, welchen Einfluss Architektur auf das Wohlbefinden habe. Zahlreiche Herausforderungen gelte es angesichts der Entwicklung der Welt zu einem globalen Dorf noch zu bestehen. „Was jetzt ansteht, ist eine Globalisierung des Verantwortungsbewusstseins“, erklärte der Caritas-Präsident. Die Architekturbüros wiesen hier den richtigen Weg: „Was sich bewährt, wird sich vermehren!“

religion.ORF.at/KAP

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