Hagia Sophia für Dauer des Ramadan Moschee

Die Hagia Sophia, einst größte Kirche der christlichen Welt, später islamische Moschee und heute Museum, wird für die Dauer des muslimischen Fastenmonats Ramadan wieder zur Moschee.

Die Hagia Sophia war von der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 bis zum laizistischen Reformer Kemal Atatürk 482 Jahre lang Moschee, seit 1934 ist sie Museum. Seit Beginn des Ramadan am Montag erfolgt der Gebetsruf zum Frühmahl nun bis zum 5. Juli aus der ehemaligen Moschee und wird türkeiweit im staatlichen Islam-Rundfunk TRT-Diyanet ausgestrahlt. Bisher waren im Hagia-Sophia-Museum Zeremonien und Zeichen aller Religionen strikt untersagt.

Nach dem Morgenmahl Suhur sind im Ramadan bis Sonnenuntergang jede Nahrungsaufnahme, alle Getränke einschließlich Wasser, Rauchen und Sex verboten. Die Ankündigung der morgendlichen Essenszeit erfolgte früher durch eine eigene Kaste von Nachtwächtern, die „Musaharati“, die spezielle Wecklieder und -gedichte vortrugen. Das „Tischgebet“ zum Suhur kam dann von der nächstgelegenen Moschee. Jetzt erfolgen Weckruf und -gebet über das Fernsehen aus der Hagia Sophia.

Hagia Sophia

Fotolia/Sergii Figurnyi

Die Hagia Sophia in Istanbul

Vergeltung für „Genozid-Lüge“

Für den Istanbuler Abgeordneten von Erdogans AKP-Partei, Samil Tayyar, ist diese „Ein-Monats-Moschee“ aber noch zu wenig an Vergeltung für die „Genozid-Lüge“ der Deutschen und anderer Abendländer. In der regierungsnahen Morgenzeitung „Sabah“ vom 5. Juni erklärte er, die Hagia Sophia müsse auch über diesen Ramadan hinaus für immer Moschee bleiben. Die westlichen Christen seien keine Freunde der Türken mehr. Man habe daher auf sie keine Rücksicht zu nehmen.

Griechische Medien spekulierten sofort, dies sei ein erster Schritt zur seit Jahren von islamisch-religiösen Kreisen in der Türkei geforderten Rückumwandlung der einstigen byzantinischen Kirche in eine Moschee. Der Vorgang sei „unverständlich und zeige keine Achtung des Monuments, das Weltkulturerbe ist“ kritisierte das griechische Außenministerium kurz vor Ausstrahlung der Sendung am Dienstag.

Kirche, Moschee, Museum

Das Programm aus dem heutigen Museum hatte der islamische TV-Sender TRT-Diyanet am frühen Dienstagmorgen ausgestrahlt - mit einer Sondererlaubnis des Tourismusministeriums, wie türkische Medien berichteten. An der Sendung hatte auch der Leiter der staatlichen Religionsbehörde, Mehmet Görmez, teilgenommen. Aus dem Koran wurden zu Beginn des Fastentages (Sahur) Verse zitiert.

Seit 1934 ist die Hagia Sophia ein Museum und eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Istanbuls. Von ihrem Bau im Jahre 537 bis 1453 war sie die Hauptkirche des Byzantinischen Reiches und das Zentrum der christlich-orthodoxen Welt. Nach der Eroberung Konstantinopels im Jahre 1453 machten die muslimischen Osmanen eine Moschee daraus. Der Gründer der modernen Türkei, Kemal Atatürk, verwandelte sie in ein Museum, um den weltlichen Charakter der neuen Republik zu unterstreichen.

religion.ORF.at/APA/dpa/KAP/KNA

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