Kritik an Schweigen Roms zu Schanghai-Bischofsdrama

Der emeritierte Hongkonger Erzbischof Kardinal Joseph Zen hat das Schweigen des Vatikans zu dem Zwangsschuldbekenntnis des bisher couragiert agierenden Schanghaier Bischofs Thaddeus Ma Daquin kritisiert.

Bischof Ma Daquin stand vier Jahre unter Hausarrest, weil er sich geweigert hatte, mit dem Regimekirchendachverband CPCA zu kollaborieren. Mitte Juni übte er überraschend „Selbstkritik“ und schwor künftige Treue zur regimetreuen Kirche. Der Vatikan äußerte in der Folge die Bitte, den Fall nicht zu dramatisieren und auf „Klärung“ zu warten.

„Völlig unverantwortlich“

Kardinal Zen sieht die vatikanische Reaktion als schweren Fehler, wie er am Mittwoch in seinem Blog schrieb: „Der Vatikan sollte Klarstellungen treffen und Orientierung geben, um was es geht: um Wahrheit, Gerechtigkeit und das moralische Gute, das aus der Liebe kommt. Er sollte den Ruf der Kirche und den Ruf Bischof Mas schützen und das entstandene Chaos und die eingetretene Entmutigung in der chinesischen Kirche ausräumen. Jetzt nichts zu sagen ist völlig unverantwortlich“, so Zen.

Der emeritierte Bischof von Honkong, Joseph Zen

APA/AFP/Mike Clarke

Der emeritierte Bischof von Honkong, Joseph Zen

Ma Daquin hatte eine Erklärung veröffentlicht, dass er im Rückblick die Distanzierung von der staatlich kontrollierten Patriotischen Vereinigung (Chinese Patriotic Catholic Association/CPCA) bedauere. Ma hatte während der von Rom und Peking anerkannten Konsekration zum Weihbischof-Koadjutor am 7. Juli 2012 seine Mitgliedschaft in der CPCA aufgekündigt.

Bischof unter Hausarrest

Aufgrund dieses Affronts wurde er umgehend von den Behörden festgesetzt und kann - unter Hausarrest im gleichzeitig geschlossenen Priesterseminar Sheshan - sein Amt nicht ausüben. Die Diözese Schanghai, eine der bedeutenden Ortskirchen in der Volksrepublik, wird seit dem Tod von Bischof Aloysius Jin Luxian SJ Ende April 2013 nur provisorisch geleitet.

Er habe seinerzeit unter äußerer Beeinflussung gehandelt und unzutreffenden Vorwürfen gegen die CPCA geglaubt, heißt es in Mas Blog-Eintrag. Heute wisse er um den „konstruktiven Beitrag“ der Vereinigung für das kirchliche Leben. Mit seinem damaligen Schritt habe er auch gegen die Linie der Kooperation mit dem Staat von Bischof Jin verstoßen. Er bedauere das und wolle seine Entscheidung revidieren.

Motive für „Bekehrung“ unklar

Das Statement erlaubt keine konkreten Rückschlüsse auf die Motive für Mas „Bekehrung“. So zeigen sich viele Katholiken verunsichert und spekulieren. Etliche Gläubige bekunden Verständnis für das Einlenken des Bischofs nach vier Jahren der Isolation. Andere gehen davon aus, er habe auf Druck der Partei und Behörden, ja womöglich auch auf Anraten des Vatikan, gehandelt.

„Reuebekenntnis“ wird bezweifelt

Wieder andere, die in Ma einen Vorkämpfer für die Beendigung staatlicher Bevormundung der Kirche sehen, bezweifeln generell, dass er dieses „Reuebekenntnis“ abgegeben habe. Chinas Machthaber fürchteten, dass sein Beispiel unter Bischöfen und im Klerus Schule machen könnten. Insider vermuten, das Statement sei für Ma der einzige Weg, den Arrest zu beenden und sich um seine Diözese kümmern zu können. Sie fragen nach dem möglicherweise „hohen Preis“, den der Bischof und die Kirche dafür zahlen.

Innerhalb der römischen Missions-Thinktanks hat die Causa ebenfalls Kritik am Vatikan ausgelöst, die unter anderem der Chefredakteur des einflussreichen Missionsportals asianews.it, P. Bernardo Cervellera vom Pontificio Istituto Missioni Estere (PIME) formulierte. Cerverella zeigte sich am Mittwoch überaus befremdet über einen Mitarbeiter des Vatikan-Staatssekretariats. Dieser hatte verlautete, man sollte nicht „zu viel Aufhebens“ über das „Reuebekenntnis“ von Bischof Ma machen, solange die näheren Umstände nicht bekannt seien.

religion.ORF.at/KAP

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