Orthodoxes Konzil: Kontroverse über Ehe-Dokument

Das orthodoxe Konzil auf Kreta hat am Donnerstag seine Beratungen mit dem Thema Ehe und Ehehindernisse fortgesetzt. Zu den kontroversen Themen zählt der Umgang mit sogenannten Mischehen.

Die Beschlussvorlage dazu ist die einzige, die nicht zuvor mit der Unterschrift aller 14 orthodoxen Kirchen in das Konzil eingebracht wurde. Bei der Vorbereitungsversammlung im Jänner in Chambesy bei Genf hatte sich der georgische Patriarch Ilia II. gegen den Text ausgesprochen und war vorzeitig abgereist. Die georgische Kirche gehört zu den vier eigenständigen orthodoxen Kirchen, die am gegenwärtigen Konzil nicht teilnehmen. Auch der ebenfalls nicht nach Kreta gekommene Patriarch von Antiochien, Johannes X. Jasidschi, hatte nicht unterschrieben, allerdings nicht aus inhaltlichen Gründen.

Umgang mit „Mischehen“ umstritten

Zu den Gründen für die Ablehnung der Georgier gehörte der Umgang mit sogenannten Mischehen, bei dem sie einen restriktiveren Kurs gefordert hatten. Laut dem Entwurf ist die Ehe zwischen orthodoxen und nichtorthodoxen Christen zwar „verboten“, kann aber „aus Barmherzigkeit und Menschenliebe“ gesegnet werden - im Unterschied zu der „kategorisch verbotenen“ Ehe mit Nichtchristen, auch Juden.

(V l. n. r.:) Patriarch Bartholomaios I., Patriarch Theophilos von Jerusalem, Patriarch Daniel von Rumänien

APA/AP/Sean Hawkey/Holy and Great Council

(V l. n. r.:) Patriarch Bartholomaios I., Patriarch Theophilos von Jerusalem, Patriarch Daniel von Rumänien

Weiter heißt es: „Die Orthodoxe Kirche erklärt die heilige Natur der Ehe als ihre fundamentale und unumstrittene Glaubenslehre. Der freie Bund von Mann und Frau ist eine unverzichtbare Bedingung für die Ehe.“ Beklagt wird ein organisierter Druck auf die Kirche, neue Formen des Zusammenlebens anzuerkennen. Die Georgier hatten eine ausdrückliche Verurteilung von Homosexualität gefordert.

Keine Fasten-Erleichterungen

Das zunächst für den Donnerstagvormittag angekündigte Thema „Die Wichtigkeit des Fastens und seine Anwendung heute“ war überraschend bereits bei der achten Sitzung am Mittwochabend behandelt worden, wie das Konzilssekretariat mitteilte. Das Dokument bekräftigt die Einhaltung der geltenden strengen Fastenregeln in der orthodoxen Kirche und enthält nicht - wie in früheren Phasen der Konzilsvorbereitung von reformorientierten Kreisen gefordert - Lockerungen angesichts der heutigen Arbeits- und Lebenswelten.

Die konkrete Anwendung der Regeln wird jedoch gemäß dem orthodoxen Prinzip der „Oikonomia“ den Ortsbischöfen anheimgestellt. Das „Oikonomia“-Prinzip bedeutet so viel wie „kluge Haushaltung“ und bezieht sich nicht auf den Regel-, sondern den Ausnahmefall. Im Namen der Barmherzigkeit sind dabei Abweichungen zwischen Leben und Lehre, Praxis und Prinzip geduldet.

Einbruch des Fastens

In der Diskussion über den Text wurde auch auf die Diskussionen des Zweiten Vatikanischen Konzils der katholischen Kirche (1962-1965) verwiesen, wie aus Teilnehmerkreisen verlautete. Es hatte die Zahl der für Katholiken gebotenen Fastentage deutlich reduziert und auf die Gewissensentscheidung der Gläubigen verwiesen. Das habe zu einem drastischen Einbruch des Fastens bei den Katholiken geführt.

Diskussionen und „Störfeuer“ von außen

Mit der Verabschiedung der „Wichtigkeit des Fastens“ beendete das Konzil am Mittwochabend auch seine erste Sitzungshälfte. Die 166 Konzilsväter aus zehn der 14 eigenständigen orthodoxen Kirchen seien eifrig bei der Arbeit, hieße es beim Pressebriefing in Kolymbari. Wie es hieß, habe es „lebhafte“ Diskussionen gegeben, für nicht wenige der Bischöfe sei das eine durchaus neue Erfahrung.

Und von den „Störfeuern“ der vier ausgebliebenen Kirchen, allen voran des Moskauer Patriarchats, das der Versammlung auf Kreta den Status eines „allorthodoxen“ Konzils abspricht und es nur als „Treffen“ ansieht, lasse man sich nicht beirren.

Bartholomaios engagierter Vorsitzender

Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., trat in den drei Tagen als engagierter Vorsitzender und zentrale Figur dieses Konzils hervor. Er leitete die Sitzungen konzentriert, wie Teilnehmer berichteten. Er führe die Debatte geschickt, fasse zusammen und verhindere wenig zielführende Vorschläge und Anträge. Das vielleicht wichtigste Ergebnis von Kreta könne eine Institutionalisierung dieser „Heiligen und Großen Synode“ als oberstes Organ der Orthodoxie werden, heißt es. Das würde regelmäßige Sessionen bedeuten.

Synaxis als ständige Einrichtung

Bartholomaios I. halte einen Turnus von sieben bis zehn Jahren für sinnvoll, andere schlugen noch häufigere Tagungen vor. Das würde dem Konzil seinen außerordentlichen Status nehmen und es zu einem echten Arbeitsorgan machen. Außerdem böte es den jetzt Ferngebliebenen die Möglichkeit, sich ohne Gesichtsverlust an künftigen Sessionen zu beteiligen. Außerdem soll die Synaxis (Versammlung) der Kirchenoberhäupter, die sich in den vergangenen Jahren ad hoc zu einer Art Präsidium entwickelt hat, zu einer festen Institution erhoben werden.

Beobachter sehen es als einen Erfolg des Ökumenischen Patriarchen an, dass er die Serben und auch die kleinen Kirchen Polens sowie der „Tschechischen Länder und der Slowakei“ zur Teilnahme gewann. Damit konnte er den Vorwurf entkräften, es handle sich nur um ein „Rumpfkonzil der Griechen und Rumänen“ bzw. um eine „Räubersynode“. Die zunächst zögerlichen Serben hatten schon zu Beginn des Konzils alle Vorbehalte aufgegeben. Sie beteiligen sich engagiert an den Diskussionen, wobei hier der Wiener Bischof Andrej Cilerdzic eine wichtige Rolle spielt.

Experte: „Damoklesschwert der Ablehnung“

Nach Einschätzung des Paderborner katholischen Ostkirchen-Experten Johannes Oeldemann schwebt ungeachtet dessen über allen Beschlüssen des Konzils das Damoklesschwert der fraglichen Akzeptanz in allen 14 Kirchen. Wenn es dazu käme, dass im Nachhinein jede einzelne orthodoxe Kirche für sich entscheidet, ob sie die Beschlüsse von Kreta akzeptabel findet oder nicht, würde dies „den ursprünglichen Gedanken eines gesamtorthodoxen Konzils verkehren, das eigentlich die oberste und höchste Instanz der Orthodoxen Kirche sein sollte“, so Oeldemann.

In der zweiten Hälfte des Konzils geht es unter anderem um das Verhältnis der Orthodoxie zur übrigen Christenheit, deren Gläubige bisher von lautstarken Kreisen in mehreren Kirchen allesamt als „Häretiker“ verurteilt werden. Heiße Diskussionen über die insgesamt ökumenefreundliche, aber doch zurückhaltend formulierte Vorlage seien laut Oeldemann zu erwarten. Das gilt auch für die geplante „Botschaft“ des Konzils, über deren Inhalt zwar Gerüchte zirkulieren, deren Entwurf aber noch nicht veröffentlicht ist.

Die Abschlusssitzung, zu der auch die Gäste aus der Ökumene wieder eingeladen sind, findet am Samstagnachmittag statt. Der Schlussgottesdienst wird am Sonntag in der Petrus-Paulus-Kirche von Chania gefeiert.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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