„Vatileaks 2“-Affäre: Der Prozess

Seit November 2015 ist der Prozess um die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente rund um finanzielle Missstände im Vatikan gelaufen. Fünf Personen – darunter Journalisten, eine PR-Agentin und ein ranghoher Geistlicher – waren angeklagt.

Der spanische Priester Angel Lucio Vallejo Balda war beschuldigt worden, vertrauliche Unterlagen einer vatikanischen Wirtschaftsprüfungskommission an die beiden Journalisten Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi weitergeben zu haben. Diese hatten die Dokumente veröffentlicht, wegen „illegaler Beschaffung“ der Akten mussten auch sie sich vor Gericht verantworten. Ebenfalls angeklagt war die italienische PR-Beraterin Francesca Chaouqui, die Druck auf den vatikanischen Geistlichen ausgeübt haben soll. Fünfter Angeklagter war der frühere Assistent Vallejo Baldas, der Italiener Nicola Maio.

(V. li. n. re.:) Gianluigi Nuzzi, Emiliano Fittipaldi, Francesca Chaouqui und Prälat Angelo Lucio Vallejo Balda zum Prozessauftakt im Vatikan

L'Osservatore Romano/Pool Photo via AP

(V. l. n. r.:) Gianluigi Nuzzi, Emiliano Fittipaldi, Francesca Chaouqui und Prälat Angelo Lucio Vallejo Balda zum Prozessauftakt im Vatikan

Vallejo Balda: „Nicht bei klarem Verstand“

Bei der Weitergabe der Dokumente sei er nicht „völlig bei klarem Verstand“ gewesen, hatte der römisch-katholische Priester Vallejo Balda im März ausgesagt. „Ja, ich habe Dokumente an Journalisten geschickt. Ich habe eine fünfseitige Liste mit 87 Passwörtern übergeben“, so Vallejo Balda. Die damals im sechsten Monat schwangere Chaouqui beschrieb der Priester als eine „gefährliche und manipulative Frau“, die ihn zur Übergabe der Dokumente an die Journalisten gezwungen habe, indem sie gedroht habe, das Verhältnis mit ihm öffentlich zu machen.

Eine Mitarbeiterin der Präfektur für Wirtschaftsangelegenheiten hatte vor Gericht ausgesagt, Chaouqui habe starken Druck auf den Prälaten ausgeübt. Sie äußerte den Verdacht, dass die Mitarbeiter mit Wanzen in ihren Büros bespitzelt wurden.

Finanzielle Unregelmäßigkeiten aufgedeckt

Anfang November 2015 hatten Fittipaldi und Nuzzi jeweils ein Buch über das Finanzgebaren im Kirchenstaat veröffentlicht, in dem sie aus den internen Dokumenten des Vatikan zitierten - mehr dazu in Aufdeckerbuch: „Krieg“ im Vatikan und Veruntreuung, Verschwendung: Vatikan unter Beschuss. Laut den Enthüllungen der Journalisten soll ein Großteil der kirchlichen Spendengelder in der Vatikan-Bürokratie mangels korrekter Buchhaltung und finanzieller Unregelmäßigkeiten versickert sein.

Gianluigi Nuzzi nach seiner Befragung im Vatikan

AP/Alessandra Tarantino

Gianluigi Nuzzi

Nuzzi spielte bereits in der ersten „Vatileaks“-Affäre aus der Zeit von Franziskus’ Vorgänger Benedikt XVI. eine prominente Rolle. Auch damals waren in größerem Stil geheime Papiere aus dem Vatikan geschmuggelt und publiziert worden. Im Lichte der Affäre verschärfte der Vatikan seine Gesetze gegen Enthüller in den eigenen Reihen. Ein Gesetz zum Schutz von Informanten existiert im Vatikan nicht, weshalb er dafür kritisiert wird, europäische Normen zum Schutz der Pressefreiheit zu missachten.

Haftstrafen für Angeklagte gefordert

Für Chaouqui hatte die vatikanische Justiz drei Jahre und neun Monate Haft gefordert, die Verteidigung einen Freispruch. Für Vallejo Balda wurden drei Jahre und ein Monat beantragt, für seinen Mitarbeiter Maio ein Jahr und neun Monate und für Nuzzi ein Jahr Gefängnis. Für Fittipaldi plädierte die Anklage mangels Beweisen auf Freispruch.

Der im Dezember eröffnete und im März nach dreimonatiger Pause wiederaufgenommene Prozess war Anfang Juli fortgesetzt worden. Dabei wurde mitgeteilt, dass sich Vallejo Balda „in Halbfreiheit“ befinde. Bis zu seiner Festnahme war er Sekretär der Präfektur für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Heiligen Stuhls. Außerdem leitete er bis zu ihrer Auflösung die von Papst Franziskus eingerichtete Kommission zur Wirtschaftsprüfung COSEA, deren Akten an die Journalisten weitergegeben wurden. Nach mehrwöchiger Haft im Vatikan stand er dort seit Weihnachten unter Hausarrest.

religion.ORF.at/APA/dpa/KAP

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