Tück zu Uni-Debatte: Theologie gerade jetzt wichtig

Mit einem gewissen Unverständnis hat der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück auf die aktuelle Debatte über die Relevanz und den Stellenwert der Theologie an staatlichen Universitäten reagiert.

Es sei geradezu „kontraproduktiv“, wenn man „gerade in Zeiten der religionspolitischen Verschärfung“ und eines „neuen gesellschaftlichen Interesses an religiösen Fragen“ versuche, die Theologie an staatlichen Hochschulen infrage zu stellen, sagte Tück im Kathpress-Interview.

„Ghettoisierung“ von Religion vermeiden

Es liege im ureigensten Interesse des Staates, wenn auch das kirchliche Personal in wissenschaftlichen Methoden und Reflexionen geschult werde und so eine „Ghettoisierung und Fundamentalisierung der Religion vermieden wird“, so der an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien lehrende Dogmatiker.

Anlass der Wortmeldung Tücks war eine aktuelle Debatte, angestoßen durch eine Parlamentarische Anfrage der Grünen Nationalratsabgeordneten Sigrid Maurer vom 22. Juni zu Auswirkungen des Konkordats von 1933 auf die universitäre Autonomie. Im Fokus der Anfrage stand vor allem die Frage der Einflussnahme der katholischen Kirche auf Berufungsverfahren für Professoren („nihil obstat“), auf die Lehrpläne an den Fakultäten (Curricula) sowie die Absetzung von Professoren - mehr dazu in Diskussion über Einfluss der Kirche auf Universitäten.

„Nihil obstat“ besser zurückhaltend

Zugleich räumte Tück ein, dass gerade das Instrument einer „nihil obstat“-Verweigerung durch die katholische Kirche bei Berufungsverfahren nur sehr zurückhaltend erfolgen sollte - „und wenn, dann nur unter Wahrung der Transparenz und diskursiven Begründung“.

Dass die Kirche ein Interesse an der Auswahl geeigneter Kandidaten habe, sei nachvollziehbar, so Tück, da es bei Theologie nie nur um eine „Außenperspektive“ gehe, sondern um eine „Teilnehmerperspektive“, aus der heraus das Gespräch mit der „säkularen Vernunft“ gesucht wird. Eine solche „Teilnehmerperspektive“ involviere die Person mit ihrem ganzen Lebenswandel. Anders sei dies etwa bei den „Religious studies“, die in einer neutralen Beobachterperspektive verbleiben, so Tück.

„Blinde Flecken“ in Debatte

Schließlich verwies Tück auf zwei weitere „blinde Flecken“ der aktuellen Debatte: So werde offenbar ungefragt vorausgesetzt, dass sich die Wissenschaftlichkeit eines Faches nur in der Frage der Beweisbarkeit oder Falsifizierbarkeit ihrer Thesen erweise. Das sei jedoch eine „positivistische Verengung des Wissenschaftsbegriffs“ und führe außerdem dazu, dass mit der Theologie gleich auch andere human- und sozialwissenschaftliche Disziplinen zur Disposition stünden.

Außerdem gebe es im Blick auf die Theologie nicht selten das „Missverständnis, Theologie sei nur eine Repetition von Katechismuswahrheiten“. Dabei werde übersehen, dass die Theologie selbst aus einem Ensemble von historisch-hermeneutischen und normativ-systematischen Fächern - etwa der Kirchengeschichte, der Exegese, der theologischen Ethik etc. - bestehe und es daher „große Schnittmengen“ auch mit anderen Geistes- und Kulturwissenschaften gebe.

religion.ORF.at/KAP