Papst-Gespräch: „Jugendliche wollen die Wahrheit“
In dem Beitrag in der Jesuiten-Zeitschrift kommt Franziskus mit Aussagen unter anderem über seinen guten Draht zu Jugendlichen und über die Beichte zu Wort. Geheimnis seines guten Verhältnisses zu Jugendlichen sei sein Blickkontakt. „Wenn ich rede, schaue ich den Leuten in die Augen“, sagte er laut „Civilta Cattolica“ bei einem Gespräch mit Mitbrüdern seines Ordens in der Krakauer Franziskuskirche. Er sehe mal den einen, mal den anderen direkt an, „und alle fühlen sich beobachtet“, so der 79-Jährige.
„Bei Jugendlichen nie Tricks versuchen“
Zugleich lobte er die Unbefangenheit von Jugendlichen: Sie stellten direkte Fragen und wollten aufrichtige Antworten. „Sie haben mich sogar gefragt, wie ich beichte“, so Franziskus. „Sie wollen die Wahrheit, oder wenigstens ein klares ‚ich weiß nicht, was ich dir antworten soll‘. Bei Jugendlichen darf man nie Tricks versuchen“, sagte der Papst.
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Bei der Begegnung gestand Franziskus auch, als Student mit dem Dominikanerorden geliebäugelt zu haben. An den Dominikanern habe ihm das intellektuelle Leben gefallen. Zudem sei sein damaliger Beichtvater „antijesuitisch“ eingestellt gewesen. Erst nachdem er im Zuge eines Krankenhausaufenthalts den Geistlichen gewechselt habe, sei sein Entschluss zugunsten der Jesuiten gefallen.
Entscheidung für Jesuiten „von allein gereift“
Ironischerweise jedoch habe der jesuitenkritische Priester ihm später den Tonsur-Schnitt verpasst, der damals bei den niederen Weihen üblich war. Die Entscheidung für den Jesuitenorden, resümierte Franziskus, sei jedenfalls „von allein gereift“. Der heutige Papst, geboren 1936 als Jorge Mario Bergoglio in Buenos Aires, trat 1958 in den Jesuitenorden ein, 1969 wurde er Priester.
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Gegen „starre Grenzen“
Der Papst äußerte in der neuen „Civilta“-Ausgabe auch seine Meinung über Gesetz und Barmherzigkeit. Priester müssten besser „Graustufen“ unterscheiden lernen, sagte er in Krakau. Manche geistliche Ausbildungsordnungen vermittelten „allzu klare und abgegrenzte Vorstellungen“. Die künftigen Seelsorger bekämen so beigebracht, nach starren Grenzen und Kriterien und ohne Rücksicht auf konkrete Situationen zu urteilen, sagte Franziskus. Es brauche die Fähigkeit zu einer „seelsorglichen Entscheidung, die zwar das Recht respektiert, aber nicht dabei stehenbleibt“.
Viele Gläubige seien von Beichtvätern enttäuscht, „nicht weil der Priester schlecht ist, sondern weil er nicht die Fähigkeit zur Unterscheidung der Situationen besitzt“, sagte der Papst. Die Ursache dafür liege in einer fehlenden Ausbildung. Im Leben sei nicht alles Schwarzweiß; stattdessen überwögen die Graustufen, so Franziskus. „Also muss man lehren, in diesem Grau zu unterscheiden.“
religion.ORF.at/KAP
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(religion.ORF.at; 29.7.2016)