Mittelamerika: Katholiken verlieren an Evangelikale

Die katholische Kirche in Mittelamerika verliert weiter an Boden. So sei die Zahl der Katholiken in Nicaragua zwischen 1995 und 2013 von 77 Prozent auf 47 Prozent eingebrochen, so salvadorianische Medien am Sonntag (Ortszeit).

Die Medien zitierten aus einer Studie des Spanischen Instituts für Strategische Studien (IEEE). Einen deutlichen Rückgang verzeichnet die Statistik auch für Honduras (76 auf 57 Prozent), El Salvador (67 auf 54 Prozent) und Guatemala (54 auf 47 Prozent).

Palmsonntagsfeier in einer katholischen Kirche in El Salvador

APA/AFP/Yuri Cortez/picturedesk.com

Katholiken in El Salvador: Sinkende Mitgliederzahlen

Dagegen sind demnach vor allem die Mitgliederzahlen evangelikaler Gemeinschaften in Honduras (41 Prozent), Guatemala (40 Prozent), Nicaragua (37 Prozent) und El Salvador (31 Prozent) deutlich gestiegen. Nur in Costa Rica (21 Prozent) und Panama (19 Prozent) blieben die Evangelikalen deutlich hinter dieser Entwicklung zurück.

Indigene und Frauen Zielgruppen

Als Gründe für die Abwanderung werden unter anderem die Landflucht der Bevölkerung in die großen Städte sowie interne Flügelkämpfe in der katholischen Kirche genannt. Auch hätten Länder mit einstigen revolutionären Bewegungen einen größeren Einbruch zu verzeichnen. Vor allem Indigene und Frauen seien die bevorzugte Zielgruppe der Evangelikalen, wie es in der Studie weiter heißt.

Weltjugendtag 2019 in Panama

Der Rückgang der Katholikenzahlen habe den Vatikan auch bewogen, den Weltjugendtag 2019 nach Panama zu vergeben, mutmaßen Beobachter. Der derzeitige Papst Franziskus, der erste Lateinamerikaner auf dem Stuhl Petri, könnte die Negativentwicklung für die römisch-katholische Kirche in Mittelamerika womöglich aufhalten, hieß es.

Über den Trend Richtung Evangelikale in Lateinamerika äußerte sich Franziskus im März 2015 im mexikanischen Fernsehsender Televisa anlässlich seines zweijährigen Pontifikatsjubiläums. Der argentinische Papst erläuterte auch das Phänomen der Ausbreitung der evangelikalen und pfingstlerischen Gruppen auf dem „katholischen Kontinent“. Der koloniale Klerikalismus habe in Lateinamerikas Kirche Distanz zwischen Oben und Unten geschaffen und sei damit ein „sehr großer Defekt“.

Papst: Kolonialer Klerikalismus Grund

Die historische Entwicklung behindere auch die Eigenverantwortung der Laien. Ihnen seien nur Entfaltungsmöglichkeiten in der Volksfrömmigkeit gegeben worden, wo sie frei gewesen seien und kreativ Prozessionen und Riten entwickeln hätten können. Für die Übernahme organisatorischer Aufgaben hätten Laien allerdings „nicht heranwachsen dürfen“.

Evangelikale Bewegungen hätten dieses Problem durch die Schaffung von Nähe und durch die „Verkündigung des Wortes“ überwunden, so der Papst. Als wichtig bezeichnete er, dass in der katholischen Kirche wieder mehr Wert auf gute, nicht zu lange Predigten gelegt werde.

religion.ORF.at/KAP/KNA