IGGÖ will Flüchtlingsorganisation gründen

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) will eine eigene Flüchtlingsorganisation gründen. Das kündigte Präsident Ibrahim Olgun am Montag bei seiner ersten Pressekonferenz an.

Diese solle parallel zu Caritas und Diakonie etwa Unterkünfte bereitstellen und Asylwerber versorgen, so Olgun. Zusätzlich will er die Bildungsarbeit verstärken und Frauen in der Glaubensgemeinschaft fördern.

Mehr Quartiere in Moscheen

Olgun will mit einer eigenen Flüchtlingsorganisation der IGGÖ „eine Last übernehmen“, also auch staatlichen Einrichtungen und anderen NGOs Arbeit abnehmen. Auch die Moscheen sollten vermehrt Quartiere eröffnen, sagte der vor zwei Wochen vom Bundeskanzleramt bestätigte Präsident der heimischen Muslime. Derzeit einziger Haken ist das Geld. Denn allein durch die Mitgliedsbeiträge könne man die Flüchtlingsarbeit nicht bewältigen, hier sei auch die Republik gefragt, so Olgun.

Ibrahim Olgun, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), am Montag, 19. September 2016, während einer Pressekonferenz in Wien

APA/Herbert Neubauer

IGGÖ-Präsident Ibrahim Olgun bei seiner ersten Pressekonferenz

Staatliche Unterstützung ist aber auch in einem weiteren Bereich gefragt. Das neue Islamgesetz regelt erstmals den Anspruch von Seelsorgern in öffentlichen Einrichtungen. Bis zu vier Geistliche will die IGGÖ in größeren Krankenhäusern einsetzen, an die fünf sollen hauptberuflich in Gefängnissen tätig sein. Im Bereich des Strafvollzugs will die Glaubensgemeinschaft auch eine Einrichtung zur Resozialisierung von entlassenen Muslimen aufbauen.

Sensibler bei Religionslehrer-Bestellung

Ein weiteres großes Anliegen ist dem neuen Präsidenten laut eigener Aussage die Bildung. Olgun betonte etwa die „sehr gute Zusammenarbeit“ mit der Universität, wo derzeit eine theologische Fakultät aufgebaut wird. „Ich will bei der Religionslehrer-Bestellung künftig sehr viel sensibler vorgehen“, kündigte er zudem an. Auch die Deutschkenntnisse der schon im Einsatz befindlichen Pädagogen habe man auf ein höheres Niveau bringen können.

Frauen soll in der IGGÖ künftig mehr Platz eingeräumt werden, sagte Frauenbeauftragte Carla Amina Baghajati. Etwa durch die Verbesserung der Räumlichkeiten in den Moscheen, aber auch durch das Fördern eines neuen Selbstbewusstseins und von mehr Präsenz. Denn oft würden sich Musliminnen „verstecken“. Baghajati sprach in diesem Zusammenhang sogar von einem „interfeministischen Dialog“, den die IGGÖ gerne fördern würde.

Debatte um Vollverschleierung „überzogen“

Dennoch sieht man in der Glaubensgemeinschaft die derzeit laufende Debatte um ein Verbot der Vollverschleierung überzogen. „Man soll eine Randerscheinung nicht zur Causa prima hochstilisieren, um Gesetze zu erlassen“, kritisierte der stellvertretende Generalsekretär Mouddar Khouja. Frauen in Vollverschleierung befänden sich vorwiegend unter Touristinnen in Nobelorten wie etwa Zell am See und seien ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor, gab er zu bedenken.

Verstärkt soll unter Olgun auch der interreligiöse Dialog werden, wie er selbst ankündigte. Zumindest mit den Vertretern der großen Glaubensgemeinschaften will der neue IGGÖ-Präsident den Dialog suchen, wie er ankündigte, auch mit Kardinal Christoph Schönborn, dessen Predigt bei der Maria-Namen-Feier für Aufsehen gesorgt hatte.

Bezug auf Schönborn-Predigt

Olgun selbst betonte das gute Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche, das weiter bestehen solle und verwies auf spätere, relativierende Aussagen des Wiener Erzbischofs. Schönborn hatte darauf hingewiesen, dass Europa Gefahr laufe, sein christliches Erbe zu verspielen.

Kritik an seiner Person wies Olgun abermals zurück. Gegner hatten ihm seine Mitgliedschaft im mächtigen türkischen Verband ATIB vorgeworfen. „Wir sind offen für alle Muslime“, beteuerte der Präsident. Ideologisierung werde in der IGGÖ nicht geduldet. Ebenso wenig wie Extremismus was etwa das Fehlen einer „kollektiven Terror-Gruppierung“ in Österreich beweise.

religion.ORF.at/APA

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