Deutsche Islamkonferenz feiert zehnjähriges Bestehen

Mit einem Festakt in Berlin-Kreuzberg hat die Deutsche Islamkonferenz (DIK) am Dienstagvormittag ihr zehnjähriges Bestehen begangen. Innerhalb des Verbandes gibt es beträchtliche Spannungen.

Als Redner und Diskussionsteilnehmer traten Bundesinnenminister Thomas de Maiziere, Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU), der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, der Generalsekretär der Türkisch-Islamischen Religionsbehörde DITIB, Bekir Alboga, sowie die Publizistin Sineb el Masrar auf.

Sprengstoffanschläge verurteilt

De Maiziere verurteilte die Sprengstoffanschläge in Dresden. Die Taten seien „empörend“, sagte de Maizière am Dienstag beim Festakt. „Das wollen wir in Deutschland nicht, dass so etwas geschieht, gegen wen sich das auch immer richtet.“ Der deutsche Justizminister Heiko Maas (SPD) nannte die Anschläge „erschütternd“. „Sie müssen jetzt sehr sorgfältig aufgeklärt und konsequent verfolgt werden“, erklärte er in Berlin.

Unbekannte hatte am Montagabend in Dresden kurz nacheinander Sprengstoffanschläge vor einer Moschee und einem Kongresszentrum verübt. Verletzt wurde niemand. Zunächst lag nach Polizeiangaben kein Bekennerschreiben vor. Die Ermittler gehen derzeit von einem fremdenfeindlichen Motiv aus.

Kritik: Liberale außen vor

Die Islamkonferenz war 2006 von dem damaligen Innenminister Schäuble einberufen worden, um die Beziehungen zwischen dem deutschen Staat und den in Deutschland lebenden Muslimen zu intensivieren. Zuletzt hatte es allerdings auch Kritik am Ausbleiben realer Fortschritte gegeben sowie daran, dass liberale Muslime unberücksichtigt bleiben würden.

In der Anfangsphase gehörten der Islamkonferenz auch Einzelpersonen an, die einen kritischen Blick auf die religiöse Praxis der heutigen Muslime haben. Inzwischen haben die mehrheitlich konservativen islamischen Verbände größeren Einfluss auf die Teilnehmer der Gesprächsrunden.

Spannungen nach Putschversuch in Türkei

Dass die radikalen und aggressiven Ausprägungen ihrer Religion in der Islamkonferenz oft im Mittelpunkt stehen, störte einige Muslime, die der DIK angehören. Belastet wurde die Arbeit der Islamkonferenz zuletzt von den innenpolitischen Spannungen in der Türkei nach dem Putschversuch. Die Türkeistämmigen bilden die größte Gruppe unter den deutschen Muslimen.

Aleviten erwägen Rückzug

Die Alevitische Gemeinde in Deutschland denkt über einen Rückzug aus der DIK nach. „Zehn Jahre Deutsche Islamkonferenz, das ist für uns kein Grund zum Feiern, deshalb werden wir auch an dem Festakt in Berlin nicht teilnehmen“, sagte der Bildungsbeauftragte des Verbandes, Yilmaz Kahraman, am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

Das Gremium wird seiner Ansicht nach zu stark von den großen sunnitischen Verbänden dominiert. Diese drängten „alle, die nicht diesen reaktionären-konservativen Islam vertreten“ an den Rand, kritisierte Kahraman. Außerdem sorgten sie dafür, dass gesellschaftlich relevante Themen wie Radikalisierung und Islamismus in der DIK heute nicht mehr diskutiert würden.

Die in Deutschland lebenden Aleviten stammen aus der Türkei. Die Aleviten glauben an den Propheten Mohammed als den Gesandten Gottes und an seinen Cousin Ali als einen Auserwählten. Einige religiöse Traditionen und Gebote, die von schiitischen und sunnitischen Muslimen befolgt werden, gelten für sie nicht.

Publizistin kritisiert Zentralrat

Die deutsch-marokkanische Publizistin Sineb el Masrar übte anlässlich des Jubiläums scharfe Kritik an der Rolle des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Dieser verbreite sehr stark salafistische Inhalte, sagte El Masrar, die auf dem Jubiläums-Festakt sprechen soll, am Dienstag im Deutschlandradio Kultur. In den vergangenen Tagen hatte es wiederholt Kritik an einer einseitigen Auswahl der Islam-Vertreter in der Konferenz gegeben.

Der Zentralrat sei „maßgeblich daran beteiligt, genau dieses salafistische Gedankengut zu verbreiten und jungen Menschen zugänglich zu machen“, sagte El Masrar. Insofern sei das, was der Zentralrat in der Islamkonferenz vertrete „alles andere als zentral“ und spiegele nicht die Vielfalt der in Deutschland lebenden Muslime wieder.

Auch der Vorsitzende der kurdischen Gemeinde in Deutschland, Ali Ertan Toprak, kritisierte die Zusammensetzung der Islamkonferenz. „Die unterschiedlichen kritischen, säkular-liberalen Muslime sind ausgeschlossen“, sagte er dem Sender SWR2. Auch seien wichtige Themen wie Innere Sicherheit, Terrorismus und Radikalismus von den bisherigen Gesprächen ausgeklammert worden, „weil die Islam-Verbände Druck gemacht haben“.

religion.ORF.at/dpa

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