Papst Franziskus: Niemals Orthodoxe bekehren

Papst Franziskus hat sich entschieden gegen die Bekehrung orthodoxer Christen zum römischen Katholizismus gewandt. „Es gibt eine große Sünde gegen die ökumenische Bewegung: das Bekehren“, sagte der Papst am Samstag während seines Besuchs in Georgien.

„Ihr solltet niemals Orthodoxe bekehren, sie sind unsere Brüder und Schwestern, Jünger von Jesus Christus“, sagte der Papst. Das Verhältnis zwischen dem Heiligen Stuhl und der georgischen orthodoxen Kirche ist nicht einfach. Es gibt nur sehr wenige Katholiken in Georgien.

Bei der Frage- und Antwortrunde mit ihnen bekräftigte der Papst auch die Unauflöslichkeit der Ehe und bezeichnete Ehebruch als Teufelswerk. „Wenn der Teufel sich einmischt und einem Mann eine Frau vorsetzt, die ihm schöner erscheint als seine, oder wenn er einer Frau einen Mann vorführt, und er erschient ihr toller als der eigene: dann bittet um sofortige Hilfe“, sagte Franziskus.

Georgische Bischöfe boykottieren Papstmesse

Offizielle Vertreter der georgisch-orthodoxen Kirche sind der Papstmesse am Samstag in Tiflis ferngeblieben. Anders als vorgesehen wohnte keine Delegation des Patriarchats dem Gottesdienst mit Franziskus bei.

Vatikansprecher Greg Burke erklärte dazu, das Kirchenrecht der georgisch-orthodoxen Kirche verbiete den Bischöfen die Teilnahme an einer katholischen Feier. „Wir akzeptieren diese Entscheidung“, sagte der Sprecher. Franziskus hält sich von Freitag bis Sonntag zu einem Besuch im mehrheitlich orthodoxen Georgien auf.

Stadion in Tiflis

APA/AFP/Vincenzo Pinto

Papstmesse im Stadion von Tiflis

Aufruf zum Boykott

Medienberichten zufolge hatte der georgische Patriarch Ilia II. kurz vor Beginn der Papstvisite seinen Gläubigen ausdrücklich von einer Teilnahme an Veranstaltungen mit Franziskus abgeraten. Der Papst feierte seine Messe am Samstag in dem 27.000 Personen fassenden Micheil-Meschi-Stadion vor weithin leeren Rängen. Nach Schätzung von begleitenden Vatikan-Journalisten waren etwa 3.000 Menschen anwesend.

Orthodoxe Kirche in Tiflis

ORF/Martin Cargnelli

Orthodoxe Kirche in Tiflis

In Georgien leben nach vatikanischen Angaben 112.000 Katholiken, die meisten Angehörige katholischer Ostkirchen. Die ökumenischen Beziehungen zur georgisch-orthodoxen Kirche mit einem Bevölkerungsanteil von 84 Prozent gelten als schwierig.

Papst ruft Orthodoxe in Georgien zu Offenheit auf

Papst Franziskus hat bei seinem schwierigen Besuch in der christlich-orthodoxen Kaukasusnation Georgien zu Offenheit und Dialog aufgerufen.

"Es tut nicht gut, sich an ein in sich geschlossenes kirchliches „Mikroklima" zu gewöhnen“, sagte Franziskus am Samstag bei einem Gottesdienst in einem Fußballstadion in der Hauptstadt Tiflis. „Es tut uns gut, weite und offene Horizonte der Hoffnung miteinander zu teilen, indem wir in unserem Leben den demütigen Mut aufbringen, die Türen zu öffnen und aus uns selbst hinauszugehen“, betonte er.

Tiflis

ORF/Martin Cargnelli

Die Hauptstadt von Georgien, Tiflis

Kein ökumenischer Gottesdienst

Das Verhältnis zwischen dem Heiligen Stuhl und der georgischen orthodoxen Kirche ist nicht einfach. Patriarch Ilia II. hatte den Papst zwar am Freitag mit freundlichen Worten empfangen, doch einen ökumenischen Gottesdienst lehnte er ab. Bei der Ankunft des Papstes hatte eine kleine Gruppe ultrakonservativer Orthodoxer gegen den Papstbesuch protestiert und Franziskus als „Antichrist“ beschimpft.

Zur Papst-Messe kamen Schätzungen zufolge rund 3000 Menschen. Viele Plätze im Stadion mit Platz für rund 27 000 Zuschauer blieben frei.

Franziskus ist der zweite Papst, der die Ex-Sowjetrepublik besucht. 1999 war Johannes Paul II. in dem kleinen Land am Schwarzen Meer gewesen. An diesem Sonntag kommt Franziskus zum Abschluss seiner Reise nach Aserbaidschan.

Papst Franziskus ruft Südkaukasus zu Frieden auf

Schon am Freitag hatte Papst Franziskus angesichts der vielen schwelenden Konflikte im Südkaukasus zu einem friedlichen Zusammenleben aufgerufen.

Für den Papst ist dies bereits die zweite Kaukasus-Reise innerhalb von drei Monaten. Bereits im Juni hatte er das benachbarte Armenien besucht und dort für Frieden im Streit zwischen Baku und Eriwan um das Gebiet Berg-Karabach gebetet. Am Sonntag reist Franziskus nach Aserbaidschan.

Streit um abtrünnige Gebiete eines orthodoxen Landes

Für die kleine Ex-Sowjetrepublik am Schwarzen Meer ist die Papst-Visite ein wichtiges Signal im Streit um die abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien. Georgien will seit Jahren die Kontrolle über die 1992 abgespaltenen Regionen zurückgewinnen, die von Moskau unterstützt werden. Russland hat sie nach einem Krieg 2008 als unabhängig anerkannt, sie gehören aber weiter völkerrechtlich zu Georgien.

Georgien ist ein orthodox geprägtes Land, die Kirche gilt als ultrakonservativ. Die Beziehungen zur katholischen Kirche sind kompliziert. Patriarch Ilia II. hatte vorab mitgeteilt, dass kein ökumenischer Gottesdienst geplant sei. Die orthodoxe Kirche pflegt enge Beziehungen zum Moskauer Patriarchat.

Papstbesuch im Schatten der Parlamentswahl

Die mit Spannung erwartete Parlamentswahl in Georgien am 8. Oktober überstrahlt die Papst-Visite. Die örtlichen Medien berichteten im Vorfeld kaum über den Besuch des katholischen Kirchenoberhaupts. Viele gaben wenige Tage zuvor an, nichts von dem Besuch zu wissen oder keine Erwartungen zu haben. Rund 84 Prozent der Georgier bekennen sich zur orthodoxen Kirche.

Franziskus rief die Völker im Südkaukasus beim Treffen mit Präsident Georgi Margwelaschwili auf, gegenseitig ihre souveränen Rechte zu achten. Margwelaschwili sagte, Georgien wolle sich bei der Lösung des Streits um Abchasien und Südossetien ein Beispiel an der deutschen Wiedervereinigung nehmen.

religion.ORF.at/dpa

Mehr dazu: