Bischöfe: Reformationsjubiläum als Chance

Der katholische Bischof Manfed Scheuer und der evangelische Bischof Michael Bünker betonten bei Pressegespräch auf der Wartburg, das Lutherjahr solle so begangen werden, dass es Katholiken und Evangelische einander näherbringt.

Vor 500 Jahren kam es mit der Reformation zur Kirchenspaltung. Das 2017 anstehende „Jubiläum“ bzw. Gedenken sollten die evangelische und katholische Kirche nützen, um einander näherzukommen. Das war der Tenor eines Pressegesprächs, zu dem der Linzer Bischof Scheuer und der lutherische Bischof von Österreich, Bünker, im Rahmen eines ökumenischen Lokalaugenscheins geladen hatten. Das Pressegespräch fand an einem symbolträchtigen Ort statt: auf der Wartburg in Thüringen, wo der Reformator Martin Luther vor fast 500 Jahren die Bibel ins Deutsche übersetzte.

Jubiläum keine „Nostalgie-Veranstaltung“

Weder Luther noch die anderen Reformatoren und auch nicht alle anderen kirchlichen und politischen Akteure der damaligen Zeit hätten die Kirchenspaltung gewollt, hielt Bischof Bünker fest. Luther habe stets auf ein Kirchenkonzil gedrängt, um gesamtkirchliche Reformen in Angriff zu nehmen. Jenes Konzil der katholischen Kirche, das dann sicher im Sinne Luthers war, sei leider erst das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) gewesen.

Bischof Michael Bünker

APA/Herbert Neubauer

Der lutherische Bischof von Österreich, Michael Bünker

Das 500-Jahr-Reformationsjubiläum dürfe nicht zur Nostalgie-Veranstaltung und schon gar nicht zu „Luther-Festspielen“ und einer Heroisierung des Reformators verkommen, warnte Bünker. Das Jubiläum sollte vielmehr dazu beitragen, Luthers Stärken wie Schwächen deutlicher in den Blick zu nehmen. „Luther ist kein Heiliger“, so der Bischof wörtlich. Er verwies in diesem Zusammenhang u.a. darauf, dass die evangelischen Kirchen in Österreich schon 1998 in einer Erklärung Luthers Antisemitismus verworfen hatten.

Bünker: „Wir brauchen einander“

In Österreich wie überall sollte bei aller Feierlichkeit zugleich auch das Bedauern über die Kirchenspaltung und die damit einhergehende gegenseitige Gewalt im Mittelpunkt stehen. „Wir sollten einander auch unsere Schuld eingestehen“, sagte der Bischof. Zugleich gelte es dankbar auf den ökumenischen Dialog der vergangenen Jahrzehnte zu blicken. Inzwischen habe sich auch in der katholischen Kirche ein neues Luther-Bild etabliert. Gerade im Jubiläumsjahr sollten deshalb viele ökumenische Akzente gesetzt werden, so der evangelische Bischof: „Wir brauchen einander. In diesem Geist wollen wir dieses Jubiläumsjahr begehen.“

Manfred Scheuer

APA/zeitungsfoto.at

Dewr katholische Bischof von Linz, Manfred Scheuer

Scheuer würdigt „Erneuerer des Glaubens“

Die katholische Kirche ist ohne die evangelische nicht denkbar, betonte Bischof Scheuer. Er verwies auf die intensive Auseinandersetzung und das Ringen mit den Anliegen der Reformation von katholischer Seite her. Deshalb gelte laut Scheuer für das Reformationsjubiläum: „Auch unsere Sache wird abgehandelt.“

Luther sei ein „Zeuge des Evangeliums“, ein „Erneuerer des Glaubens“ und ein „Verkünder Jesu Christi“ gewesen, bekräftigte der Linzer Bischof. Das gelte auch für Katholiken, so Scheuer: „Und dafür dürfen wir auch dankbar sein.“ Als ein besonderes Verdienst Luthers letztlich auch für die katholische Kirche hob Scheuer weiters die Einführung der deutschen Sprache im Gottesdienst hervor.

Katholische Mitschuld an Spaltung

Die katholische Kirche sei durch ihre Reformverweigerung genauso mitschuldig an der Kirchenspaltung, räumte der Linzer Bischof ein: „Und wir lernen daraus: Ohne Reformen kommt es zur Reformation im Sinne einer Spaltung.“ Wie Bischof Bünker zeigte sich auch Bischof Scheuer dankbar dafür, was in den vergangenen Jahrzehnten in der Ökumene geschehen ist. Für Katholiken wie Evangelische gelte, dass die Identität einer Gemeinschaft nicht vorrangig durch die Abgrenzung zur anderen bestimmt werden dürfe.

Bischof Bünker sprach sich auf Anfrage weder für eine Ökumene der Profile noch des Konsenses aus. Vielmehr gelte: „Wir sind einander ein Stück weit geschenkt. Wir haben unsere Stärken und Schwächen. Wenn wir unsere Stärken einbringen, dann tun wir das Beste, was wir derzeit in der Ökumene tun können.“ Und weiter: „Wenn Katholiken evangelischer werden und die Evangelischen katholischer, bringt uns das auf dem Weg der Ökumene weiter? Ich glaube nicht. Die Katholiken sollten noch mehr gut katholisch werden und die Evangelischen evangelischer. Dann tun wir einander den größten Dienst.“

Die katholische Globalität sei etwas, was der relativ provinziell verfassten Evangelischen Kirche fehle und gleichzeitig sei die Beharrlichkeit auf der Heiligen Schrift als Grundlegung der Kirche ein betont evangelischer Aspekt, der in das ökumenische Miteinander eingebracht werden sollte, so Bünker. Mehr Einheit bedeute freilich für beide Kirchen, „dass sie sich verändern müssen“. Und das sei auch eine starke Anfrage an die Evangelische Kirche, denn diese sei oftmals auch nicht sehr reformfreudig.

Bischofsduo im Kernland der Reformation

Das Pressegespräch auf der Wartburg war der Abschluss einer mehrtägigen Reise der beiden Bischöfe auf den Spuren Martin Luthers. Auf dem Programm standen u.a. die zentralen Wirkungsstätten Martin Luthers in Wittenberg, Erfurt und auf der Wartburg, sowie zahlreiche Begegnungen mit kirchlichen und politischen Würdenträgern. U.a. trafen Bünker und Scheuer mit der mitteldeutschen lutherischen Landesbischöfin Ilse Junkermann, dem Magdeburger katholischen Bischof Gerhard Feige und der deutschen Reformationsbotschafterin Margot Käßmann zusammen.

Scheuer und Bünker sind in Österreich Hauptproponenten der Ökumene. Sie sind beide Mitglieder des Vorstandes des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) und sie stehen auch gemeinsam der gemischten evangelisch-katholischen Kommission vor. Bischof Scheuer ist zudem in der katholischen Bischofskonferenz für Ökumene-Fragen zuständig.

religion.ORF.at/KAP

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