Evang. Kirche: Erster homosexueller Superintendent

Lars Müller-Marienburg ist Theologe, Neo-Österreicher, homosexuell und seit Anfang September neuer Superintendent der evangelischen Diözese A. B. Niederösterreich. Mit dem Religionsmagazin „Orientierung“ sprach er über seine Pläne für die Kirche.

Sechs Jahre lang war der Theologe Pfarrer der evangelischen Pfarrgemeinde Innsbruck-Auferstehungskirche. Nun übernimmt er die geistliche Führung der evangelischen Diözese A. B. in Niederösterreich.

Der in Deutschland geborene Müller-Marienburg folgt als Superintendent Paul Weiland nach, der vergangenes Jahr gestorben ist. Voraussetzung für das Amt ist die österreichische Staatsbürgerschaft, daher musste Müller-Marienburg seine deutsche Staatsbürgerschaft zurücklegen und Österreicher werden.

NÖ-Superintendentenkandidat Lars Müller-Marienburg

Gerhard Rödlach

Lars Müller-Marienburg, Superintendet der evangelischen Diözese A. B. (NÖ)

Seit Anfang September ist der 39-Jährige Superintendent, am 15. Oktober wird er offiziell in sein Amt eingeführt und ist somit der erste homosexuelle Mann, der ein so hohes Leitungsamt in der evangelischen Kirche bekleidet. Als er sich für das Amt bewarb und sich der Gemeinde vorstellte, sprach er offen über seine sexuelle Orientierung.

„Kontroversiell diskutiert“

„Ich habe zu den Leuten gesagt, sie müssen das nicht toll finden mit dem Schwulsein. Sie müssen mir nur meinen Glauben glauben. Sie müssen mir glauben, dass ich mit Gott unterwegs bin und dass ich auch eine Sehnsucht nach Gott habe und es gut meine mit der Kirche“, sagte Müller-Marienburg im Interview mit „Orientierung“.

Sendungshinweis

Lars Müller-Marienburg im Religionsmagazin „Orientierung“ zum Nachsehen unter tvthek.orf.at

Unter einigen evangelischen Christen sei seine sexuelle Orientierung „kontroversiell diskutiert“ worden, wird im TV-Beitrag berichtet. Es sei sogar zu Austrittsdrohungen gekommen, falls der Theologe deswegen diskriminiert werden sollte. Dazu kam es nicht. Im Juni wurde Müller-Marienburg im 5. Wahlgang mit 47 von 70 Stimmen der Delegierten der niederösterreichischen evangelischen Pfarrgemeinden ins Leitungsamt gewählt.

Reformation nicht nur „Historienspiel“

Die erste Wahl im Jänner musste wiederholt werden, weil kein Kandidat die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhalten hatte. Müller-Marienburg stand damals noch nicht zur Wahl. Rund 40.000 Mitglieder hat die evangelische Gemeinde Niederösterreich und der neue Superintendent ist gerade dabei sie kennenzulernen. Es sei als schwimme er in einem Pool, „in dem ich noch nie geschwommen bin“, sagte der sportliche Müller-Marienburg.

In seiner Diözese will er sich für Vielfalt einsetzen - dazu gehört auch eine lebendige Ökumene. Dabei soll es nicht nur Austausch mit Katholiken geben, Müller-Marienburg will verstärkt Kontakt zu orthodoxen Christen und Muslimen suchen. Im Hinblick auf das nahende Reformationsjubiläum im Jahr 2017 äußerte der Superintendent die Hoffnung, dass die Erinnerung an Martin Luthers Thesenveröffentlichung vor 500 Jahren nicht nur als „Historienspiel“ gefeiert werde. Es sei wichtig, zu überlegen, was Kirche-Sein für Evangelische heute bedeutet, „welchen Beitrag wir für diese Gesellschaft leisten können und was unsere Verantwortung ist“.

religion.ORF.at

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