Film: Missbrauchsopfer der Kirche klagen an

Ein Dokumentarfilm zeigt das Leben von neun Österreichern, die von Priestern und Nonnen missbraucht wurden. In dem Film „Die Kinder lassen grüßen“ von Patricia Marchart sprechen die Betroffenen offen über das, was ihnen angetan wurde.

Es ist das erste Mal, dass sich Frauen und Männer, die von österreichischen Kirchenangehörigen sexuell missbraucht wurden, in einem Film zeigen und ihre Erlebnisse schildern. „Begleitet von der Kamera suchen die Betroffenen die Tatorte von damals auf, viele machen ihre Geschichten erstmals öffentlich, ihre Familien erfahren mitunter zum ersten Mal von diesem verschwiegenen Schmerz“, heißt es in einer Aussendung über den Film.

„Sittenbild der Heuchelei“

Die Filmemacherin arbeitete zwei Jahre lang an dem Film, das Ergebnis offenbare ein „Sittenbild der Gewalt, Vertuschung und der Heuchelei“ und gebe einen Einblick in das „wohl größte Verbrechen der Nachkriegszeit“, von dem rund 16.000 Menschen betroffen sein dürften.

Georg Prader, Oberösterreich

Patricia Marchart

„Als wir die Idee zu diesem Film hatten, war unklar, ob wir überhaupt Menschen finden würden, die vor der Kamera darüber sprechen können, was ihnen angetan wurde“, wird Filmregisseurin Marchart in der Aussendung zitiert. Tatsächlich meldeten sich so viele, dass einigen abgesagt werden musste, berichtet die Filmemacherin.

Filmhinweis

„Die Kinder lassen grüßen“, 122 min Premiere: 10.11.2016, Urania Kino,20.15

Den Betroffenen wurde angeboten, anonym zu bleiben, was alle ablehnten. Auch sei jedem bis zum Schluss die Möglichkeit zugestanden worden, sein Filmmaterial zurückzuziehen, „was aber kein einziger tat“.

„Kein Opfer mehr“

„Meine eigene Geschichte kann ich nach Jahrzehnten nun endlich auf die Reihe kriegen, mit hunderten Seiten Akten belegen, doch die Jahre sind gelebt und meine Kraft hätte für schönere Themen verwendet werden können“, resümiert Inge Killmeyer in der Dokumentation. Es sei ein Film, der nicht nur anklagt, sondern der auch Hoffnung gibt, sagte der Betroffene Joe Auer: „Ich habe alles gesagt, ich bin jetzt kein Opfer mehr.“

Als „trauriger Höhepunkt“ wird in der Aussendung eine sogenannte „Geste der Verantwortung“ bezeichnet, mit der Parlamentspräsidentin Doris Bures und Kardinal Christoph Schönborn am 17. November im österreichischen Parlament „einen endgültigen Schlussstrich unter ein für die Kirche unangenehmes Thema ziehen möchten“.

„Staatsakt keinesfalls Endpunkt“

„Der Staatsakt soll keinesfalls Endpunkt der Aufarbeitung sein, er ist ein wichtiger Teil eines gesamtgesellschaftlichen Prozesses“, teilte die Parlamentsdirektion dazu mit. „Die Veranstaltung soll zur Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit beitragen; sie dient der Erinnerung an die Vergangenheit, ist Mahnung gegenüber der Gegenwart und Auftrag für die Zukunft. Denn wie eine Gesellschaft mit Schutzbedürftigen umgeht, ist stets auch ein Gradmesser für die gesellschaftspolitische Reife eines Landes.“

Die Geste der Verantwortung solle „vergegenwärtigen, dass solche Taten vor nicht allzu langer Zeit in unserem Land noch möglich waren – und dass so etwas in Zukunft nie wieder passieren darf". Ein Staatsakt könne aber selbstverständlich weder eine finanzielle Hilfe noch eine juristische Aufarbeitung des Unrechts ersetzen. Ihm kommt aber die Funktion zu, darüber nachzudenken, ob und in welcher Weise den Opfern weitere Unterstützung angeboten werden kann.“

religion.ORF.at

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