Scheuer: Hasspostings zeigen „Zerbröseln der Mitte“

Wer Menschenrechte begrenzt oder Nächstenliebe einengt, rettet das „christliche Abendland“ sicher nicht: Das sagte der Linzer Bischof Manfred Scheuer im Interview mit den „Oberösterreichischen Nachrichten“ („OÖN“, Donnerstag-Ausgabe).

Der Bischof nahm Politiker und Medien in die Verantwortung, die in der Bevölkerung oft bewusst Ängste schürten. Er habe - so Scheuer - u.a. aufgrund der Hasspostings - den Eindruck, dass „die Mitte schwächer geworden ist und zerbröselt“.

Für gesetzliche Schranken

Er sehe im Übrigen das Christliche in Europa stärker als durch den Islam bedroht „durch Kräfte, die von Religion überhaupt nichts wissen wollen“, sagte der Linzer Bischof. Er plädierte für ein Akzeptieren von Tabus und für gesetzliche Schranken beim Hass im „Netz“, denn das zunehmende Fehlen von gegenseitiger Wertschätzung und Anstand in der Gesellschaft zerstöre langfristig ein Gemeinwesen und die Humanität.

Bischof Manfred Scheuer

APA/Diözese Innsbruck/Aichner

Der Linzer Bischof Manfred Scheuer

Zur wachsenden Ablehnung von Flüchtlingen bei vielen Menschen trägt nach Ansicht des Bischofs auch das Nichtbewältigen der Komplexität aller Lebensbereiche bei. Dies führe dazu, „dass man sich nicht mehr auskennt und auf einfache Antworten reflektiert“.

„Schwarz-Weiß-Schemata“

Man suche nach „Schwarz-Weiß-Schemata“, die dann aber auf Kosten bestimmter Gruppen gingen. Scheuer rief auf zu einer Besinnung auf die Grundpfeiler des christlichen Menschenbilds. So sei die Würde aller Menschen unbegrenzt. Sie dürfe nicht national eingeengt werden.

Die Fluchtbewegungen hätten auch deutlich gemacht, was schon vorher vorhanden war: „Dass das, was wir an Wohlstand hatten, nicht mehr selbstverständlich ist und nicht bis in alle Ewigkeit so weiter prolongiert wird“.

Parolen mit Langzeitwirkung

Daraus entstünden Ängste und Unsicherheiten, und darauf wiederum brauche es einen verantwortungsvollen Umgang von Politik und Medien - statt „populistischer Vereinfachungen und Bedrohungen“, die Angst schüren wollten: „Was stellen Parolen mit uns und mit dem Gemeinwesen an? Die Langzeitwirkung ist schwerwiegend. Wir werden Zeit brauchen, um vieles, was hier trennend wirkt wieder aufzuarbeiten, damit wir wieder zueinanderfinden.“

Burkaverbot: Detail „aufgeblasen“

Auf das viel diskutierte Burkaverbot angesprochen, meinte der Linzer Bischof, dass er ein solches Verbot für nicht angemessen halte. Hier werde ein Detail „aufgeblasen“.

Zur Bundespräsidentenwahl stellte Scheuer grundsätzlich die Notwendigkeit fest, „dass Respekt und Wertschätzung der Menschen untereinander wieder steigen“. Denn: „Was in den letzten Monaten war und noch ist, wird dann nicht einfach weg sein.“

religion.ORF.at/KAP

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