Orthodoxes Konzil: Viele Hürden bis zur Umsetzung

Das Panorthodoxe Konzil auf Kreta im vergangenen Juni darf nicht der Schlusspunkt eines synodalen Prozesses sein, sondern sollte als Auftakt und Impulsgeber für einen solchen Prozess verstanden werden.

Das war der Tenor einer Veranstaltung des Katholischen Akademikerverbandes in Wien zum Thema „Die Orthodoxe Kirche nach dem Großen Konzil: Ergebnisse und Perspektiven“. Der Abend wurde von Rudolf Prokschi, Leiter des Fachs Theologie und Geschichte des christlichen Ostens der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, und dem rumänisch-orthodoxen Theologen und Priester Ioan Moga bestritten.

Gemischte Reaktionen

In den ersten Monaten nach dem Konzil habe es drei Arten von Reaktionen gegeben, erläuterte Moga: Verhalten positiv von den Theologen, Indifferenz oder Schweigen von den meisten Bischöfen und lautstark negativ von fundamentalistischen Gruppierungen. Er hoffe sehr, dass nun ein konziliarer Prozess in Gang gesetzt wird, so Moga. Im Rahmen dieses Prozesses könnten dann auch die weiterhin bestehenden Differenzen der einzelnen Kirchen zu verschiedenen Themen behandelt werden. Ausdrücklich warnte der orthodoxe Theologe davor, dass die Rezeption des Konzils einschlafen könnte.

Die auf Kreta verabschiedeten Texte bezeichnete Moga als sehr gute Grundlage für jeden weiteren Prozess. Die Texte des Konzils wurden inzwischen auch auf Deutsch herausgegeben. Dazu zählen u. a. die Botschaft der Synode an das Volk Gottes, die Enzyklika der Synode sowie die verabschiedeten Synodaldokumente: „Die Bedeutung des Fastens“, „Das Sakrament der Ehe“, „Die Autonomie von Kirchen und die Weise ihrer Proklamation“, „Die orthodoxe Diaspora“, die „Beziehungen der Orthodoxen Kirche zur übrigen christlichen Welt“ sowie „Die Sendung der Kirche in der Welt von heute“.

Versammlung beim panorthodoxen Konzil auf Kreta

APA/AP/Sean Hawkey/Holy and Great Council

Versammlung beim panorthodoxen Konzil auf Kreta im Juni 2016

Bewertung durch Abwesende offen

Offen bleibt laut Moga nach wie vor die Bewertung des Konzils bzw. seiner Dokumente durch die nicht anwesenden orthodoxen Kirchen. Bei den Nichtteilnehmern handelte es sich um das Moskauer Patriarchat, das Georgische Patriarchat, das Bulgarische Patriarchat sowie das Patriarchat von Antiochien.

Das Moskauer Patriarchat wolle die auf dem Konzil verabschiedeten Dokumente durch eine Kommission prüfen lassen, zeigte sich Moga abwartend. Antiochien habe allerdings die Dokumente bereits als für sich nicht bindend erklärt, bedauerte er. Die Attacken gegen das Konzil durch ultrakonservative Kräfte zeige den Gegensatz zwischen Hierarchie und selbsternannten „Rettern des Glaubens“ unter Mönchstum und Laien in der Orthodoxie, so der orthodoxe Theologe.

Erfolg hängt von Kirchenbasis ab

Theologe Prokschi rekapitulierte den schwierigen und vor allem im unmittelbaren Vorfeld des Konzils dramatischen Prozess der Genese. So wurden nach vielen Jahrzehnten erst im Jänner 2016 in Chambesy von allen 14 Kirchen verbindlich Themen und Datum des Konzils fixiert. Nachdem dann eine Reihe von Kirchen nachträglich Kritik an einzelnen Punkten übten bzw. in Folge sogar ihre Teilnehme absagten, sei das Konzil auf der Kippe gestanden.

Hier habe sich aber der Ökumenische Patriarch Bartholomaios sehr bewährt. Bartholomaios habe es geschafft, das Konzil dennoch abzuhalten. Prokschi wies darauf hin, dass es nun für die Zukunft der Orthodoxie sehr davon abhängen werde, wie die orthodoxe Kirchenbasis die Ergebnisse von Kreta aufnehmen wird.

Starke antiökumenische Kreise

Ein zentraler Punkt auf Kreta wie auch schon in den Konsultationen davor war das Verhältnis der orthodoxen Kirche zur Ökumene. Prokschi sagte, dass es vor allem für die orthodoxen Kirchen in Georgien und Bulgarien diesbezüglich derzeit sehr schwierig sei. Beide Kirchen seien aus dem Weltkirchenrat ausgetreten. In beiden Kirchen gebe es sehr starke antiökumenische Kreise, die mit Kirchenspaltung drohten, wenn die Kirchenleitung zu stark auf die „ökumenische Welle aufspringt“.

Auch Moga räumte starke antiökumenischen Strömungen in einzelnen orthodoxen Kirchen ein, vor allem in der bulgarischen. Diese habe sogar eine Erklärung der Kirchenleitung veröffentlicht, in der alle nicht orthodoxen Kirchen als Schismatiker bzw. Häretiker bezeichnet werden. Das sei freilich die große Ausnahme. Die Ökumene zwischen der Orthodoxen Kirche und anderen Kirche gehe unvermindert weiter, so Moga.

religion.ORF.at/KAP

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