Krätzl: Wurde von Ratzinger „ein bisschen gerügt“

Der emeritierte, in Kürze 85-jährige Wiener Weihbischof Helmut Krätzl hat in einem Interview für die Wiener Kirchenzeitung „Der Sonntag“ an eine Vorladung in der vatikanischen Glaubenskongregation erinnert.

Anlässlich seines Buches „Im Sprung gehemmt“ (1998), in dem er Kirchenreformen einforderte und kritisch darlegte, „was mir nach dem Konzil noch alles fehlt“, sei er in Begleitung von Kardinal Christoph Schönborn zu einem klärenden Gespräch zum damaligen Präfekten Joseph Ratzinger geladen gewesen, in dessen Verlauf ihn der spätere Papst Benedikt XVI. „ein bisschen gerügt“, später jedoch versichert habe, dass beide durchaus vergleichbare Wünsche in Bezug auf die katholische Kirche hätten.

Emer. Weihbischof Helmut Krätzl bei einem Vortrag

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Der emeritierte Weihbischof Helmut Krätzl

Bekannte aus Zeiten des Konzils

Laut Krätzl drehte sich das Gespräch zunächst gar nicht um das von manchen als zu kirchenkritisch empfundene Buch. Der Wiener Weihbischof und Ratzinger hätten sich noch aus der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) gekannt, an dem Krätzl als Stenograph teilnahm und wie der damalige Konzilstheologe Ratzinger im Priesterkolleg Anima in Rom wohnte. Den Verlauf des Wiedersehens in der bis 1908 unter dem Namen „Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition“ agierende Vatikan-Behörde zum Schutz der Kirche vor Häresien schilderte Krätzl in „Der Sonntag“.

Kritik am Weltkatechismus

„Ich habe dann gesagt, wir können ruhig offen reden. Dann hat er (Ratzinger, Anm.) gesagt, ja natürlich, wir sind ja gute alte Freunde. Ratzinger erinnerte sich natürlich an unsere gemeinsame Zeit während des Konzils. Er hat mich dann ein bisschen gerügt wegen meiner Kritik am Weltkatechismus und angekündigt, einen Vortrag zu schicken, den er dazu gehalten hat. Ich habe mich bedankt, zu Ostern darauf erhielt ich eine handgeschriebene Karte, auf der er schrieb: ‚Eigentlich wollen wir beide ja das Gleiche, wenn auch auf andere Weise, mit lieben Grüßen, Ihr Joseph Ratzinger‘.“

Neues Buch vorgelegt

Der vielfache Buchautor Krätzl, der am 23. Oktober seinen 85. Geburtstag feiert, hat dieser Tage seinen neuen Band „Meine Kirche im Licht der Päpste“ vorgelegt. Darin zieht er eine persönliche Bilanz zur Entwicklung der katholische Kirche von Pius XII. (1939-58) bis Franziskus und beleuchtet dabei auch jeweils das Verhältnis der Päpste zu Österreich.

In den langen Jahren selbst erlebter Kirchengeschichte habe er gelernt, „dass die Kirche ... immer viel mehr ist, als sie momentan erscheint“. Zugleich spiele der jeweilige Papst eine „ungeheuer große Rolle“, sagte Krätzl in dem Interview. In den ihm noch verbleibenden Jahren würde er - wie der Bischof sagte - „gerne noch ein bisschen erleben, wie sich Papst Franziskus weiter entwickelt bzw. durchsetzt“.

religion.ORF.at/KAP

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