Papst sorgte für „revolutionäre theologische Wende“

Mit Papst Franziskus hat in der katholischen Kirche durchaus eine „revolutionäre theologische Wende“ Einzug gehalten. Diese Einschätzung vertritt die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak.

Papst Franziskus sei zwar ein Papst der Zeichen und Gesten, diese seien aber keine bloßen Äußerlichkeiten, sondern theologisch fundiert in einem seelsorglichen Zugang zur Welt und Wirklichkeit. Der Papst bette das Lehramt in die große theologische Tradition der Barmherzigkeit ein, wies Polak hin.

Regina Polak

ORF/Marcus Marschalek

Die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak spricht von einer „revolutionären theologischen Wende“

Sendungshinweis

„Praxis“ vom 7.12.2016 zum Nachhören

Die Theologin zog in der jüngsten Ausgabe der ORF-Religionssendung „Praxis“ eine Zwischenbilanz zum Pontifikat von Papst Franziskus, der am 17. Dezember seinen 80. Geburtstag feiert. Mit Prof. Polak diskutierten im Hörfunk der Vorarlberger Bischof Benno Elbs, die Direktorin der katholischen Sozialakademie Österreich (ksoe), Magdalena Holztrattner, und Hans Peter Hurka, früherer Vorsitzender der Plattform „Wir sind Kirche“ und nunmehr Proponent des Netzwerks „zeitgemäß glauben“.

Menschen zum Denken anregen

Auch Bischof Elbs sprach von zentralen neuen Weichenstellungen unter Papst Franziskus, was etwa bei der vatikanischen Familiensynode 2015 und dem folgenden postsynodalem Schreiben „Amoris laetitia“ sehr deutlich werde. Er rege die Kirche dazu an, das Leben der Menschen als Ort der Gotteserfahrung neu zu entdecken und die konkreten Situationen im Blick auf das vorbildliche Handeln Jesu Christi zu beurteilen.

Benno Elbs

APA/Katholische Kirche Vorarlberg/Ionian

Bischof Elbs spricht von zentralen neuen Weichenstellungen unter Papst Franziskus

Aufgabe der Seelsorger sei es, die Menschen in ihren jeweiligen konkreten Lebenssituationen wertschätzend zu begleiten, sehr genau hinzusehen und die Türen der Kirche stets offen zu halten, so Elbs. Menschliche Lebenssituationen seien - laut den Worten von Papst Franziskus - „wunderbar komplex“.

Dies gelte es auch in der Frage des Zugangs zu den Sakramenten zu berücksichtigen. Elbs wies auf das Prinzip der „Gerechtigkeit im Einzelfall“ unter sorgfältiger Prüfung des eigenen Gewissens hin. Das sei ein neuer Ansatz: Es gehe schlicht darum, „auf die Menschen zuzugehen, so wie Jesus auf die Menschen zugegangen ist“. Wie Polak ergänzte, schaffe dieser neue Zugang auch neue Freiheitsräume, zugleich aber auch neue Verantwortlichkeiten für Bischöfe und Priester sowie für alle Gläubigen.

Bischöfe sollen Freiräume nützen

Diese Einschätzung vertrat auch Hans Peter Hurka, bemängelte zugleich aber, dass die Bischöfe - und auch viele andere Katholiken - die vom Papst geschaffenen Freiräume noch zu wenig nützen würden. So habe Franziskus beispielsweise mutige Vorschläge eingemahnt, wie mit dem Priestermangel in vielen Teilen der Welt umzugehen sei.

Papst Franziskus stehe für eine arme Kirche, die sich den Armen zuwendet, betonte ksoe-Direktorin Holztrattner. Diese Hinwendung der Kirche zu den Armen habe bei Franziskus sehr viel mit Demut zu tun. Die Zeit sei vorbei, dass die Kirche mit dem „Holzhammer“ des Lehramtes den Menschen von oben herab begegnet sei. Es gehe dem Papst vielmehr darum, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen, auch und gerade jenen am Rand der Gesellschaft, sagte Holztrattner.

Offene Punkte beim Thema Frau

Wesentlich kritischer als sonst viel die Bilanz der Diskussionsrunde zum Thema Frau in der Kirche aus. Hier gebe es auch unter Papst Franziskus noch „einiges zum Nachbessern“, so der Befund Polaks. Einen Hoffnungsschimmer erblicke sie in der theologischen Kommission, die der Papst zur Erforschung des Frauendiakonats einsetzte. Möglicherweise sei damit ein Prozess angestoßen, der noch große Dynamik entwickeln werde, hoffte die Theologin.

Auch Magdalena Holztrattner zeigte sich verwundert, dass der Papst scheinbar noch nicht erkannt habe, welch große Bedeutung Frauen in der Kirche längst hätten. Positiv sei hingegen auch hinsichtlich der Frauenfrage, dass es unter Papst Franziskus „keine Denkverbote mehr“ gebe.

Auf die seit Jahren im Laufen befindliche Kurienreform angesprochen meinte Bischof Elbs, dies sei ein langwieriger Prozess. Papst Franziskus sei aber eine sehr starke Persönlichkeit, es gebe unter ihm im Vatikan kein Autoritätsvakuum. Die Reform gehe voran, wenn auch sehr langsam, „aber der Papst ist dran“. Und: Papst Franziskus habe für einen 80-jährigen noch beeindruckend viel Energie und Kraft, so Bischof Elbs.

Schönborn: Papst hat Humor, und Entschlossenheit

Kardinal Christoph Schönborn schätzt an Papst Franziskus persönlich vor allem dessen großen Humor, zugleich aber auch seine Bestimmtheit und Entschlossenheit. Das spiegle sich auch im Gesichtsausdruck von Franziskus wider.

Kardinal Christoph Schönborn

kathbild/Franz Josef Rupprecht

Kardinal Schönborn sagt: „Der Papst hat Humor, und Entschlossenheit“

„Auf der einen Seite sind da seine funkelnden, humorvollen, herzlichen Augen, und auf der anderen Seite ist seine Mundpartie sehr stark und fest“, so Schönborn wörtlich im Kathpress-Interview. Der Kardinal blickte anlässlich des 80. Geburtstags von Papst Franziskus am 17. Dezember auf Begegnungen mit dem Jubilar zurück.

Er wünsche dem Papst zum 80. Geburtstag, dass dieser unbeirrt von Kritik oder Zustimmung seinen Weg des Evangeliums weitergeht, „weil er weiß, dass dies der Weg ist, auf den ihn Jesus geschickt hat“. Der Papst höre sehr viel zu, treffe dann aber auch Entscheidungen, „zu denen er steht, und die er mutig durchträgt“, beschrieb Schönborn den Führungsstil von Franziskus.

Auch wenn es dazu keine Statistik gebe, sei offenkundig, dass der Papst unendlich viele Menschen auf der ganzen Welt anspreche - und das weit über die Grenzen der Kirche hinaus. Und allein das sei schon ein bemerkenswert beeindruckendes Ereignis, betonte der Kardinal. So hoffe er auf viele Jahre, die dem Papst für seinen Dienst noch bleiben, den er auch weiterhin mit Klarheit, Bestimmtheit und Fröhlichkeit ausüben möge.

religion.ORF.at/KAP

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