Erzdiözese Wien: Neue Pfarren durch Strukturreform

Drei neue Pfarren sollen mit Jänner 2017 durch Pfarrzusammenlegungen entstehen. Seit acht Jahren läuft auf dem Gebiet der Erzdiözese Wien eine große Strukturreform, bei der bereits die ursprünglich 660 Pfarren zu 140 „Entwicklungsräumen“ zusammengelegt wurden.

Vor acht Jahren hat Kardinal Christoph Schönborn den diözesanen Reformprozess, der unter dem Namen „APG 2010“ („Apostelgeschichte 2010“) startete, in einem „Hirtenbrief“ angekündigt. Ziel des Prozesses ist eine strukturelle Verschlankung bei einer gleichzeitigen Belebung der Pfarren durch missionarische Impulse sein. Die ursprünglich rund 660 Pfarren auf dem Gebiet der Erzdiözese Wien wurden dazu zuletzt in 140 „Entwicklungsräume“ eingeteilt. Innerhalb dieser Entwicklungsräume sollen verschiedene Formen pfarrlicher Kooperation bis hin zur Gründung neuer Pfarren („Pfarre neu“) beraten und umgesetzt werden.

Kirche Sankt Elisabeth Wien Wieden

ORF/Martin Cargnelli

Aus den Pfarren St. Elisabeth, St. Florian, St. Karl Borromäus, St. Thekla und Wieden wird die neue Pfarre „Zur Frohen Botschaft“

Konkret wird nun mit Jänner 2017 in Wieden und Margareten aus den Pfarren St. Elisabeth, St. Florian, St. Karl Borromäus, St. Thekla und Wieden die neue Pfarre „Zur Frohen Botschaft“. Im 15. Bezirk bilden die Pfarren Neufünfhaus, St. Anton, Rudolfsheim und Schönbrunn-Vorpark die neue Pfarre „Hildegard Burjan“ und im Entwicklungsraum Wiener Neustadt Nord werden die Pfarren Felixdorf, Sollenau und Theresienfeld sowie die Teilgemeinde Siedlung Maria Theresia zur neuen Pfarre „Zum Guten Hirten im Steinfeld“.

Laien als Gemeindeleiter

Innerhalb der neu gebildeten größeren „Pfarre Neu“, wo mehrere Priester wirken, soll es Filialgemeinden geben, die von Laien ehrenamtlich geleitet werden können. Durch die in den „Pfarren Neu“ geplanten Leitungsteams mit drei bis fünf Priestern und ehrenamtlich engagierten Laien, soll das Personal leichter entsprechend der vorhandenen Fähigkeiten eingesetzt werden können. Die nächste Errichtung einer „Pfarre neu“ ist für den Herbst 2017 geplant. Dann soll im 20. Wiener Gemeindebezirk aus den Pfarren Allerheiligen-Zwischenbrücken, Zum Göttlichen Erlöser und Muttergottes im Augarten eine neue Pfarre gebildet werden.

Ein prinzipiell positives Zeugnis stellt der für die „Pfarre neu“ im 4. und 5. Bezirk zuständige Pfarrer Gerald Gump dem Reformprozess aus: „Ich glaube, solche Pfarren umzustellen, ist ein extremes Unternehmen. Weil es da um Herzblut geht, um Enthusiasmus, um Engagement von Menschen, um jahrhundertelang gewachsene Traditionen - dafür, was da jetzt alles im Moment verändert wird, läuft die Sache extrem gut“, so Gump gegenüber der „Wiener Zeitung“ (Ausgabe vom 27. Dezember).

Wille zur Veränderung

Er erlebe die Erzdiözese als sehr hilfreich, wünsche sich allerdings ein Forum zum Austausch unter den bereits umgestellten Pfarren und jenen, die kurz davor stünden. Auch würde er sich von seinem Bischof ein konsequenteres Festhalten an Entscheidungen wünschen, sagte Gump: „Er ist durchaus bereit, manche Entscheidungen aus der Situation heraus aufgrund eines Zweiergesprächs rasch wieder zu ändern, und das kann dann manchmal für die anderen irritierend sein.“

Im Blick auf die von ihm geleitete neue Pfarre „Zur Frohen Botschaft“ unterstrich Gump, dass der Wille zur Veränderung auch seitens der Pfarre da sei - wenn auch nicht ungebrochen. Es sei daher entscheidend, dass sich die Gemeinden vor Ort als die Gestaltenden empfinden und der Prozess nicht als von außen übergestülpt empfunden werde. Diesbezüglich vermisse er zum Teil eine Wertschätzung der Arbeit, die die Laien in den Gemeinden leisten. Diese stehen bei den kommenden Pfarrgemeinderatswahlen am 19. März im Mittelpunkt. Für die „Pfarren neu“ stellt diese Wahl ebenfalls eine Herausforderung dar, da es Vertreter für zwei Ebenen zu wählen gilt: Zum einen für die jeweilige Gemeinde und dann für die jeweils übergeordnete Pfarre.

Anzahl der Katholiken in Wien schrumpft

Keinen Zweifel an der Notwendigkeit des strukturellen Reformprozesses lässt auch Pfarrer Martin Rupprecht, der für die „Pfarre neu“ im 15. Bezirk zuständig ist. „Wir erleben eine Zeit der äußeren Schrumpfung“, so Rupprecht ebenfalls gegenüber der „Wiener Zeitung“. Habe es 1972 im 15. Bezirk noch 68.700 Katholiken gegeben bei rund 74.000 Einwohnern, so seien es heute bei gleicher Einwohnerzahl nur mehr 21.000 Katholiken. Darauf müsse auch durch eine Anpassung der Pfarrstrukturen reagiert werden.

Eine gemischte Bilanz nach knapp eineinhalb Jahren „Pfarre neu“ zieht hingegen der Pfarrer der im September 2015 neu errichteten Pfarre „Christus am Wienerberg“, P. Johannes Neubauer. Er habe die Erzdiözese Wien nicht immer als souverän in dem Prozess erlebt, auch sehe er noch viele Fragezeichen bei der Frage der Leitung von Gemeinden durch Laien: „Ich fürchte, dass die Erzdiözese die Rechnung ohne den Wirt macht. Es wird nicht einfach, Menschen zu finden, die die Zeit und Fähigkeiten haben, eine Gemeinde zu leiten. Das wird sicher noch eine große Herausforderung werden“, sagte Neubauer im Interview in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „miteinander“.

Mehraufwand für Pfarrgemeinderäte

Auch werde die neue Struktur von Gemeinden und übergeordneter Pfarre mit einem deutlichen Mehraufwand etwa für die Pfarrgemeinderäte einhergehen - was wiederum einige Laien, die sich prinzipiell für diese Tätigkeit interessieren würden, abschrecken dürfte, so Neubauer.

Im Bereich der Erzdiözese Wien, zu der neben Wien das östliche und südliche Niederösterreich gehören, leben rund 2,6 Millionen Menschen. Die Zahl der Katholiken beträgt 1,22 Millionen (Stichtag 1. Jänner 2016), der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung beläuft sich daher auf rund 47 Prozent (in der Stadt Wien 38 Prozent). In der Erzdiözese Wien wirken laut amtlicher Kirchenstatistik 462 eigene Diözesanpriester, 169 Diözesanpriester aus anderen Diözesen, 475 Ordenspriester und 186 ständige Diakone. Dazu kommen u.a. rund 240 Pastoralassistentinnen und -assistenten.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Link: