Opus Dei wählt neuen Leiter

Am Samstag beginnt in Rom das Wahlverfahren zur Bestellung des neuen Prälaten (Leiters) des Opus Dei. Die Organisation ist eine der bekanntesten, aber auch umstrittensten der katholischen Kirche.

Am Wahlprozess sind insgesamt 194 Mitglieder des Opus Dei beteiligt, sowohl Laien als auch Priester, die aus 67 Ländern stammen, schreibt Opus Dei Österreich in einer Aussendung. Aus Österreich sind vier Vertreter wahlberechtigt, unter ihnen der Regionalvikar Ludwig Juza sowie der St. Pöltner Bischof Klaus Küng, der von 1976 bis 1989 das Amt des Regionalvikars von Österreich innehatte. Das Ergebnis der Wahl, das für Montag erwartet wird, muss dem Papst mitgeteilt werden, der die Wahl bestätigt und damit den Prälaten ernennt.

Frauen haben zwar kein direktes Wahlrecht, schlagen aber dem Wahlkongress einen oder mehrere Namen von Priestern vor, die sie als für das Amt besonders geeignet erachten und erstellen die Kandidatenliste. Die Namen, die das zentrale Leitungsorgan der Frauen angegeben hat, müssen von den Wahlmännern bei der Wahl berücksichtigt werden.

94 mögliche Kandidaten

Im Dezember 2016 war der bisherige Prälat, Bischof Javier Echevarria, im Alter von 84 Jahren gestorben - mehr dazu in Opus-Dei-Chef Javier Echevarria gestorben. Er hatte das Opus Dei seit 1994 als zweiter Nachfolger des Gründers geleitet. Bis zur Ernennung des neuen Prälaten leitet der Spanier Fernando Ocariz die Organisation.

Zum Prälaten kann nur ein Priester gewählt werden. Er muss mindestens 40 Jahre alt sein, selbst dem Wahlkongress angehören und seit mindestens zehn Jahren Mitglied des Opus Dei sein, davon wenigstens fünf Jahre als Priester. Aktuell erfüllen 94 Kandidaten aus 45 Ländern diese Voraussetzungen.

Geistliche und Laien des Opus Dei bei einer Veranstaltung

Informationsbüro Opus Dei

194 Mitglieder des Opus Dei (Laien und Priester) sind wahlberechtigt

Drei Favoriten

Erstmals steht kein enger Mitarbeiter des 2002 heiliggesprochenen Opus-Dei-Gründers Josemaria Escriva (1902-1975) mehr zur Wahl. Sowohl der erste Prälat, Alvaro del Portillo, als auch Echevarria hatten noch direkt mit Escriva zusammengearbeitet. Als Favorit wird Ocariz (72) gehandelt, der derzeit interimistisch die Leitung der Prälatur innehat.

Chancen werden auch dem argentinischen Generalvikar Mariano Fazio eingeräumt. Der Landsmann von Papst Franziskus wäre der erste Nicht-Spanier in diesem Amt. Als weiterer möglicher Kandidat gilt der 55-jährige Sekretärvikar Jose Javier Marcos. Der Spanier ist derzeit für die geistliche Betreuung der Frauen in der Prälatur zuständig und war vor seiner Priesterweihe als Rechtsanwalt tätig, berichtet die APA.

Umstrittene Organisation

Viele verbinden mit Opus Dei eigenartige Bußpraktiken, Geheimnistuerei, düstere politische Absichten oder Manipulation der Mitglieder. Die Organisation selbst sieht sich hingegen als reine Seelsorgeeinrichtung, die Christen helfen soll, im Alltag ihre Taufberufung zu verwirklichen.

Die bisher einzige Personalprälatur der Kirche besitzt seit 1982 diese neuartige, vom Zweiten Vatikanischen Konzil geschaffene Rechtsform, die weder Orden, noch Bewegung oder Vereinigung ist. An ihrer Spitze steht ein Prälat, dem eigene Priester unterstehen. Die Rechtsform der Prälatur macht es möglich, dass sowohl Laien als auch Priester, sowohl Verheiratete als auch Zölibatäre, sowohl Männer als auch Frauen der Organisation angehören können.

Leben für Gott

Dass Menschen aus allen Berufen und Lebensständen ihren Alltag ganz für Gott leben, war der wesentliche Inhalt jener Vision des spanischen Priesters Josemaria Escriva (1902-1975), die er nach eigenen Angaben im Jahr 1928 hatte. Escriva scharte bald einige Studenten in Madrid um sich, doch verzögerte der Spanische Bürgerkrieg (1936-39) eine weitere Ausbreitung.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnten dann Einrichtungen in ganz Europa und später auch in Übersee gegründet werden. Escriva übersiedelte 1946 nach Rom, wo er 1975 starb. Er wurde 1992 selig- und 2002 heiliggesprochen. Sein Nachfolger Alvaro del Portillo, der 1982 erster Prälat des Opus Dei wurde, wurde 2014 seliggesprochen.

Das „Werk“, wie es intern genannt wird, hat derzeit nach eigenen Angaben weltweit 92.600 Mitglieder (oder kirchenrechtlich korrekter: Gläubige). Davon leben 70 Prozent nicht-zölibatär (Supernumerarier), 30 Prozent leben im Zölibat, entweder in Gemeinschaft (Numerarier) oder in ihrem eigenen Zuhause (Assoziierte). Zwei Prozent sind Priester. Diese werden vom Prälaten unter den männlichen Numerariern und Assoziierten ausgewählt und berufen.

„Heiligung“ des Alltags

Die Angehörigen des Opus Dei begreifen ihre Zugehörigkeit als lebenslange, von Gott gegebene Berufung. Der Beitritt erfolgt durch eine mündliche Vereinbarung, die zu Beginn jährlich erneuert wird. Die Gläubigen absolvieren in ihrem Alltag ein intensives geistliches Programm, das etwa aus dem täglichen Messbesuch, zwei längeren Gebetszeiten pro Tag, dem Rosenkranz oder der wöchentlichen Beichte besteht.

Weitere Standbeine sind regelmäßige Einkehrtage, ein wöchentliches Gruppentreffen zur geistlichen Fortbildung („Kreis“) und ein regelmäßiges Vier-Augen-Gespräch mit einem Laien über das eigene geistliche Leben.

Kern der Spiritualität ist die Heiligung des Alltags und besonders der beruflichen Arbeit sowie des Familienlebens. Die Gläubigen sollen alles, was sie tun, für Gott verrichten, und dadurch den Menschen dienen. Sie sollen dabei der Lehre der Kirche und dem Papst treu sein. Die verheirateten Gläubigen leben dementsprechend nach dem Aufruf der katholischen Kirche, in der Ehe für Kinder offen zu sein: Großfamilien mit fünf oder mehr Sprösslingen sind häufig. Die Numerarierinnen und Numerarier wohnen in den jeweiligen Niederlassungen („Zentren“) in kleinen Gemeinschaften. Sie üben üblicherweise zivile Berufe aller Art aus, vom Arzt bis zur Journalistin.

Vereine, Zentren, Bildungs- und Sozialeinrichtungen

Die Tätigkeiten des Opus Dei sind nach Geschlechtern getrennt. Es gibt Zentren für Frauen und für Männer. Die meisten Zentren haben das Profil einer Bildungseinrichtung, etwa Studentenheime, Jugendklubs oder Schulen, es gibt aber auch Krankenhäuser und Sozialeinrichtungen. Träger ist üblicherweise nicht die Prälatur selbst, sondern ein ziviler Verein; auch die Namen der Einrichtungen haben üblicherweise keinen religiösen Charakter.

Dies hat der Organisation oftmals den Vorwurf der Geheimnistuerei eingebracht, auch wenn heute auf den Internetseiten solcher Einrichtungen immer auf die geistliche Betreuung durch das Opus Dei verwiesen wird. Die Bildungszentren stehen Menschen aller Weltanschauung offen, wie der österreichische Zweig in der Aussendung betont.

Gefördert von Kardinal Franz König

In Österreich ist das Opus Dei seit 1957 tätig und hat rund 400 Mitglieder. Es wurde hierzulande besonders vom Wiener Erzbischof Kardinal Franz König gefördert, der darin die Ideen des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Berufung der Laien verwirklicht sah. Die Wiener Peterskirche am Graben wird seit 1970 von Priestern des Opus Dei betreut.

religion.ORF.at/APA

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