2.300 Austritte: Papst fordert Orden zu Reformen auf

Mehr als 2.300 Ordensmänner und Ordensfrauen verlassen jedes Jahr ihre Kongregationen. Papst Franziskus hat die Ordensgemeinschaften vor einer Glorifizierung der eigenen Vergangenheit gewarnt und Reformen gefordert.

Sie dürften den heutigen Herausforderungen nicht ausweichen, indem sie nur auf „die ruhmreichen - aber vergangenen - Taten“ zurückblickten, sagte er am Donnerstagabend in Rom vor Ordensleuten im Petersdom. Anlass war der am Donnerstag (2. Februar, Mariä Lichtmess) begangene kirchliche „Welttag des Geweihten Lebens“.

Papst Franziskus bei einer Messe für Ordensleute in der Peterskirche, Vatikan

APA/AP/Andrew Medichini

Papst Franziskus bei einer Messe für Ordensleute in der Peterskirche, Vatikan

Orden, die sich ausschließlich auf das eigene Überleben konzentrierten, würden „reaktionär und ängstlich“, so Franziskus. Eine solche Haltung führe dazu, „dass wir uns langsam und lautlos in unseren Häusern und unseren Voreingenommenheiten verbarrikadieren“. Der Papst forderte die Orden zu einer Rückbesinnung auf die „prophetische Kreativität“ ihrer Gründer auf. Franziskus gehört selbst dem Jesuitenorden an.

Nicht nur Räume und Strukturen bewahren

Es dürfe nicht zuerst darum gehen, Räume, Gebäude oder Strukturen zu bewahren, sagte Franziskus weiter. Entscheidend sei, das „neue Prozesse“ ermöglich würden. Ausdrücklich nannte der Papst bei dem Gottesdienst mit mehreren Tausend Ordensleuten den multikulturellen Wandel, der auch die Orden betreffe.

Die Orden befinden sich seit ca. 50 Jahren in einer Krise, vor allem in Europa und Nordamerika. Insbesondere die Zahl der Ordensfrauen ist stark rückläufig. Zudem leiden viele Orden unter Überalterung.

Ordensmänner bei einer Messe für Ordensleute in der Peterskirche, Vatikan

APA/AP/Andrew Medichini

Viele der Austretenden Ordensleute gehören zu den Jungen

Ältere Ordensleute, die sich allein auf das Überleben ihrer Gemeinschaften konzentrierten, verwandelten sich zu „Fachleuten des Sakralen“, sagte der Papst weiter. Sie verlören die Fähigkeit zu Träumen und machten so jene Prophetie unfruchtbar, die junge Ordensleute verkünden und verwirklichen sollten.

2.300 Austritte im Jahr 2015

Die Zahl der 2.300 Ordensmänner und Ordensfrauen, die jedes Jahr ihren Kongregationen verloren gehen, sei eine traurige Realität, die der Papst als ein „Ausbluten des Geweihten Lebens“ bezeichne, sagte der Sekretär der Ordenskongregation, Erzbischof Jose Rodriguez Carballo, in einem Interview mit dem „Osservatore Romano“.

Rodriguez Carballo, der früher Generalminister des Franziskanerordens war, wies darauf hin, dass zwar ein Teil der Ordensleute ihren Stand deshalb aufgebe, „weil sie heiraten“, jedoch erste Ursache für Austritte Befragungen zufolge „Verlust des Glaubens“ und „unbefriedigende Antworten auf Fragen der Spiritualität“ seien.

„Zwischen 2015 und 2016 hatten wir über 2.300 Austritte, darunter 271 Dekrete der Entlassung durch Ordensleitungen, 518 Zölibatsdispense der Kongregation für den Klerus, 141 Inkardinierungen von Ordenspriestern in Diözesen sowie 332 Gelübde-Entlassungen aus kontemplativen Orden“, resümierte Rodriguez Carballo.

Austretende eher jung

Ein großes Problem neben der Anzahl der Austritte sei auch das Alter der Austretenden: „Zu den meisten Ausfällen kommt es bei Männern und Frauen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren“, sagte er. Der Sekretär der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens sagte weiter, dass die meisten Austritte mittlerweile aus den Reihen der Frauenorden erfolgten. Nach den Daten des letzten Päpstlichen Jahrbuchs - im Jahr 2014 - betrug die Zahl der Ordensfrauen weltweit 683.000. 14 Jahre zuvor waren es noch 800.000 gewesen.

Für Jose Rodriguez Carballo ist die Frage des Aufgebens des Geweihten Lebens in engem Zusammenhang mit der „Fragilität von Versprechen“ in der heutigen Gesellschaft zu sehen. „Wir leben in der Zeit des ‚Zappens‘, in der wir keine langfristigen Verpflichtungen mehr übernehmen“, sagte der Ordensverantwortliche. Die aktuelle Kultur sei „fazilitistisch“, von einer Überfülle an schnell erfüllbaren Angeboten gekennzeichnet. „In einer Welt, wo alles einfach ist, gibt es keinen Platz für das Opfer, für den Verzicht oder andere Werte. Deshalb ist das Antworten auf eine Berufung ein Schwimmen gegen den Strom“, sagte er.

religion.ORF.at/KAP

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