Historisches Treffen: EKD beim Papst

Bei einem historischen Treffen war die Spitze der evangelischen Kirche in Deutschland am Montag zu Gast beim katholischen Oberhaupt. Papst Franziskus rief dabei auf, die Differenzen und Hindernisse zwischen Katholiken und Protestanten zu überwinden.

„Die weiter bestehenden Differenzen in Fragen des Glaubens und der Ethik bleiben Herausforderungen auf dem Weg zur sichtbaren Einheit, nach der sich unsere Gläubigen sehnen“, sagte der Papst bei dem Treffen anlässlich des Reformationsjubiläums. Darüber hinaus lobte Franziskus die ökumenischen Beziehungen.

Die Reise der evangelischen Kirchenvertreter zum Papst gilt als Höhepunkt im Jubiläumsjahr des Beginns der Reformation vor 500 Jahren. Der Pontifex sagte: „Dieses Gedenkjahr bietet uns die Gelegenheit, einen weiteren Schritt vorwärts zu tun, indem wir nicht grollend auf die Vergangenheit schauen.“ Am Montagabend steht ein Gottesdienst mit der evangelisch-lutherischen Gemeinde Roms auf dem Programm.

Papst Franziskus

Reuters/Alberto Pizzoli

Papst Franziskus rief dazu auf, Differenzen zwischen evangelischer und katholischer Kirche zu überwinden

Papst: „Geschwisterliches Miteinander“

Die EKD sprach von einer „freundlichen Begegnung“, bei der der Papst den EKD-Ratsvorsitzenden und bayerischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm als „Mann mit Feuer im Herzen“ bezeichnet habe. An der Privataudienz nahm auch der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx, teil, was „Ausdruck einer im Laufe der Jahre gereiften ökumenischen Beziehung“, so das Oberhaupt der katholischen Kirche.

Die katholische und die evangelische Kirche in Deutschland seien in den vergangenen Jahren bereits „auf diesem segensreichen Weg des geschwisterlichen Miteinanders“ vorangekommen, sagte Franziskus bei der Privataudienz im Vatikan.

Marx wertete das Treffen zwischen Papst Franziskus und evangelischen Kirchenvertretern positiv. „Die Ansprache des Papstes war außerordentlich ermutigend, kräftig, neue Wege gehen, offen sein, nicht müde werden, für die Einheit zu arbeiten“, sagte Marx nach der Privataudienz anlässlich des Reformationsjubiläums in Rom. „Wir alle wissen, dass das nicht einfach von heute auf morgen geschehen kann. Auch nicht das Jahr 2017 wird alle Probleme lösen. Aber ich sage oft, es ist ein gewisses Momentum da, es ist ein Augenblick da, den wir nutzen müssen.“

Bedford-Strohm: Papst sehr offen

Der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, lobte am Montag im WDR die Aufgeschlossenheit von Papst Franziskus für Fragen der Ökumene. „Im persönlichen Gespräch mit ihm spürt man eine ganz große Offenheit“, sagte er kurz vor der Audienz. Der Papst sei vor allem „nah am Menschen“, betonte der EKD-Ratsvorsitzende. Und das Wohl aller Menschen sei dem katholischen Kirchenoberhaupt wichtiger als die reine Lehre.

Bedford-Strohm lobte auch das gute Miteinander von katholischer und evangelischer Kirche in Deutschland. Dies zeige sich nicht zuletzt auch darin, dass es gelinge, aus Anlass von 500 Jahren Reformation ein gemeinsames Christusjahr zu feiern. Weltweit erlebe man so viel an Spaltung und Unfrieden, da sollten die Konfessionen wenigstens ein Zeichen der Einheit setzen.

Zusammenarbeit von Basis bis Spitze

Hilfreich sei dabei nicht nur die gute Zusammenarbeit zwischen ihm und Kardinal Marx, ergänzte Bedford-Strohm. Dabei verwies er auf die gemeinsame Pilgerreise von Spitzenvertretern beider Kirchen im letzten Herbst ins Heilige Land. Diese Pilgerfahrt habe sehr viel Vertrauen geschaffen, so der bayerische Landesbischof: „Da sind wir auch an der Spitze enger zusammengewachsen“, wie es an der Basis in vielen Gemeinden schon länge selbstverständlich sei.

Für Bedford-Strohm, der seit November 2014 Ratsvorsitzender ist, handelt es sich um die zweite Begegnung mit dem Papst. Im April 2016 hatte Franziskus bei einem als privat deklarierten Treffen im Gästehaus Santa Marta gut eine Stunde lang mit ihm gesprochen.

„Schritt vorwärts tun“

Nun böten die Feiern anlässlich des 500. Jahrestages der Reformation „die Gelegenheit, einen weiteren Schritt vorwärts zu tun“. Dies solle nicht mit „grollendem“ Blick auf die Vergangenheit geschehen; vielmehr solle die Gemeinschaft mit Jesus Christus in den Vordergrund gestellt werden.

In seiner Rede an die EKD-Delegation führte Franziskus aus, die Reformatoren, auf die die Abspaltung der evangelischen Kirche zurückgeht, hätten eigentlich eine Erneuerung der Kirche erwirken wollen. Diese Bestrebungen hätten aber Entwicklungen mit sich gebracht, „die zu Spaltungen unter den Christen führten“, so dass frühere Glaubensbrüder „Gegner und Konkurrenten“ geworden seien.

Differenzen und Verantwortung

Auch heute gebe es weiter „Differenzen in Fragen des Glaubens und der Ethik“, sagte Franziskus. Dies schmerze insbesondere Ehepartner, die unterschiedlichen Konfessionen angehörten. Der Papst rief Katholiken und Protestanten daher auf, „auf dem Weg zur vollen Einheit voranzuschreiten“. Schließlich trügen Christen in „einer Zeit, in der die Menschheit durch tiefe Risse verwundet ist und neue Formen von Ausschließung und Ausgrenzung erfährt“, eine besonders große Verantwortung.

Die Spitzenvertreter der evangelischen und katholischen Kirchen in Deutschland luden Papst Franziskus gemeinsam nach Deutschland ein. „Wir haben den Wunsch und die Hoffnung ausgedrückt, dass er nach Deutschland kommt“, sagte Bedford-Strohm nach der Privataudienz. Der Zeitpunkt bleibe dem Papst überlassen.

Papst feierte auch in Schweden mit

Der Papst erinnerte auch an seinen Besuch im schwedischen Lund anlässlich des Reformationsjubiläums. Dort hatte er Ende Oktober einen gemeinsamen Gottesdienst mit Vertretern des Lutherischen Weltbundes gefeiert und dabei für eine weitere Annäherung zwischen Katholiken und Protestanten geworben.

In den vergangenen Tagen hatten Papstkritische Plakate im Vatikan für Aufregung gesorgt. Hinter der Aktion wurden konservative Flügel vermutet, die unter anderem den Kurs des Papstes in Bezug auf die Ökumene nicht unterstützen - mehr dazu in Papstkritische Plakate in Rom aufgetaucht.

religion.ORF.at/APA/AFP/dpa/KAP

Mehr dazu:

„Meilenstein“: EKD trifft Papst Franziskus
(religion.ORF.at; 3.2.2017)
-Reformation: Protestanten feiern ein Jahr lang
(religion.ORF.at; 25.10.2016)

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