Missbrauch: 1.265 australische Priester beschuldigt

In Australien werden sieben Prozent der katholischen Priester beschuldigt, in den vergangenen Jahrzehnten Kinder sexuell missbraucht zu haben. Das haben offizielle Untersuchungen ergeben.

Die Statistik wurde am Montag zu Beginn von Anhörungen in der Causa veröffentlicht. In den kommenden Wochen sollen mehrere hochrangige Katholiken aussagen. Bis zum Jahresende sollen die Untersuchungen abgeschlossen sein und ein endgültiger Bericht vorliegen.

Die höchste australische Ermittlungsbehörde - die Royal Commission - hatte 2013 begonnen, den Umgang der katholischen Kirche und anderer Institutionen mit sexuellem Missbrauch in den vergangenen Jahrzehnten zu untersuchen. Die Ergebnisse wurden nun vorgestellt.

4.444 Opfer

Die Kommission stützte sich auf Zeugenaussagen von Opfern, das gesamte Ausmaß wurde nun statistisch ausgewertet. Zwischen 1980 und 2015 wurden demnach in Australien 4.444 Personen in mehr als 1.000 katholischen Institutionen missbraucht, sagte Gail Furness, die leitende Juristin in der Angelegenheit. Das durchschnittliche Alter der Opfer liegt der Kommission zufolge für Mädchen bei 10,5 und für Buben bei 11,5 Jahren.

Kardinal George Pell hinter Kerzen auf einem Altar

Reuters/Daniel Munoz

1265 australischen Priestern wird sexueller Missbrauch vorgeworfen

Für die Jahre zwischen 1950 und 2010 werden sieben Prozent der australischen Priester des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, sagte Furness. Das entspricht 1.265 Priestern. Etwa ein Viertel der Australier gehört der römisch-katholischen Kirche an.

Analysen von BishopAccountability.org zufolge, wurden in den USA, wo die Aufdeckung der Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche ihren Ausgang nahm, 5,6 Prozent des Klerus sexueller Übergriffe beschuldigt. Die Organisation sammelte Daten über übergriffige Priester und wertete Berichte der US-Bischöfe aus.

„Massives Versagen der Kirche“

Francis Sullivan, Leiter des „Truth Justice and Healing Council“, attestierte der Kirche angesichts der Daten „massives Versagen“. Der Umgang der Kirche mit den Missbrauchsvorwürfen sei ungeeignet, Kinder zu beschützen. „Diese Zahlen sind schockierend, sie sind tragisch und unentschuldbar“, sagte Sullivan unter Tränen. „Als Katholiken senken wir schamerfüllt die Köpfe“.

Der Vatikan verfolgte die Untersuchungsprezesse mit. Kardinal George Pell, der höchste katholische Repräsentant in Australien, hatte bereits zu den Vorwürfen Stellung bezogen, ihm wird Vertuschung vorgeworfen. Er war viele Jahre Erzbischof von Sydney und ist seit 2014 mit Wirtschaftsangelegenheiten des Vatikans betraut.

Pell „unglaubwürdig“

Die australische Missbrauchskommission hielt zuletzt Pells Aussagen und anderen Kirchenoffiziellen der Diözesen Melbourne und Ballarat für unglaubwürdig. Gail Furness, Anwältin der Missbrauchskommission, „glaubt den Aussagen einer Reihe von Zeugen aus Ballarat und Melbourne und nicht denen von Kardinal Pell“, hieß es im Oktober 2016 seitens der Kommission.

Pell habe in seiner Zeit als Priester und Erzbischof von dem „unangemessenen Verhalten von Klerikern gegenüber Kindern in den 1970er und 1980er Jahren“ gewusst. Zudem ist Pell selbst immer wieder mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert. Er bestritt bisher alle Vorwürfe.

religion.ORF.at/AP

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