Mit „Klimafasten“ in den Frühling

Gutes für die Umwelt tun, auf die eigene Gesundheit schauen - und ein bisschen spirituelle Reinigung für die Seele: Die Fastenzeit ist zum Multifaktor-Ereignis geworden. Derzeit geht der Trend in eine Richtung, die man zusammengefasst als „Klimafasten“ bezeichnen kann.

Von vielen in den vorigen Jahren zum Lifestyle-Faktor erklärt, hat die Fastenzeit scheint’s noch eine weitere deutliche Facette hinzugewonnen: Umweltschutz ist stärker gefragt denn je. Dabei liegen die heimischen Kirchen mit Aufrufen zum Auto- und Klimafasten ganz im Trend. Das Gewissen, nicht nur Körper und Seele, gilt es zu beruhigen.

So haben sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche heuer dazu geraten, in der Fastenzeit nach Möglichkeit auf das Auto zu verzichten. 16.600 Menschen nahmen laut Erzdiözese Wien in den letzten Jahren an der Aktion „Autofasten“ teil. Einige Bischöfe und Pfarrer leben das auch persönlich vor - mehr dazu in „Autofasten“: Grazer Bischof mit S-Bahn und Bim. Dem Aufruf zum „Autofasten“ angeschlossen haben sich etwa die ÖBB und der Verkehrsclub Österreich (VCÖ).

Punkte für den Fußabdruck

Eine Zeitlang auf Bus, Bahn oder Fahrrad umsteigen bringt ganz klar Punkte für den ökologischen Fußabdruck. Geht oder läuft man gar viele Strecken zu Fuß, schlägt sich das auch in puncto geringerer Leibesfülle zu Buche - eine Win-Win-Situation also. Dass die Initiative in Österreich sogar notwendig sei, machte der VCÖ deutlich: Österreich gehöre zu Europas Ländern mit dem höchsten Autoanteil in der Mobilität, und gerade bei Kurz- und Kürzeststrecken bestehe ein großes Sparpotenzial, so der VCÖ laut einem Bericht der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress.

Ein junger Mann beim Laufen

Getty Images/Westend61

Das Auto öfter stehen lassen: Ein Plus für Körper, Seele und Umwelt

In Österreich seien laut aktuellen Zahlen aus dem Verkehrsministerium sieben Prozent aller Autofahrten weniger als einen Kilometer lang, so der VCÖ. 69 Prozent der insgesamt 110,9 Milliarden im Jahr 2014 zurückgelegten Personenkilometern - die Strecke stieg seit 1990 um 38 Prozent - wurden in Österreich in einem Auto zurückgelegt. Gleichzeitig sitzen weniger Personen in einem Auto: Kam man vor 25 Jahren für die Beförderung von 1.000 Menschen mit 714 Pkws aus, sind es heute bereits 862.

„Auszeit“ auch für Atheisten

Zum „neuen Fasten“ muss man nicht einmal fromm sein: Auch in der Wolle gefärbte Atheisten und Menschen, denen Religion einfach fremd ist, nehmen sich in dieser Zeit des Jahres eine „Auszeit“ von Konsumismus und Verschwendung. Das schlägt sich in der Fastenzeit noch immer vor allem in der Ernährung nieder: Das zumindest hofft der evangelische Bischof Manfred Bünker, der im Rahmen der Aktion „Brot für die Welt“ empfiehlt, das eigene tägliche Konsumverhaltung einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

Wir essen nicht nur zu viel, wir verschwenden auch immense Mengen an Lebensmitteln: 206.000 Tonnen des Nahrungsmülls in Österreich könnten laut „Brot für die Welt“ vermieden werden, wenn beim Einkaufen genauer geplant und nur so viel gekauft würde, wie tatsächlich gebraucht wird. Es gilt also, schon an Regal und Kassa „vorzufasten“.

Klassiker Fleischfasten

Der Klassiker des Verzichts ist das Fleisch. In früheren, magereren Zeiten war Fleisch einfach schwer zu haben, sehr teuer und gewöhnlich den Wohlhabenderen vorbehalten. Auf dieses begehrte Lebensmittel auch dann zu verzichten, wenn man es sich leisten konnte, etwa in den Klöstern, galt als asketische Leistung - und es fällt auch heute noch vielen schwer.

Hinweis

Die katholische und die evangelische Kirche laden von Aschermittwoch (1. März) bis Karsamstag (15. April) wieder zum Autofasten ein.

Andererseits sind Vegetarismus und Veganismus derzeit durchaus in Mode - zumindest weniger Fleisch zu essen und dieses „bewusst“ einzukaufen und zu genießen gilt als schick. Es hat sich auch schon herumgesprochen, dass übermäßiger Fleischverzehr nicht nur die Gesundheit gefährdet: Tierische Nahrungsmittel zählen zu den „Klimakillern“.

Globale Gerechtigkeit und CO2-Sparen

Dass es nicht nur eine spirituelle, sondern auch eine moralische Entscheidung sein kann, auf Fleisch zu verzichten, ist auch den Kirchen bewusst. So lädt die Diözese Graz-Seckau in den 40 Tagen vor Ostern zum Fleischfasten unter dem Motto „Gerecht leben - Fleisch fasten“ ein. Hier geht es ausdrücklich darum, Umwelt und Klima zu schützen und „mehr zu globaler Gerechtigkeit“ beizutragen.

Der österreichische Fleischkonsum betrage derzeit durchschnittlich 70 Kilogramm pro Kopf und Jahr, rechnet die Diözese vor. 20 Prozent aller CO2-Emissionen entstehen durch die Lebensmittelproduktion, davon fallen auf den Fleischkonsum 85 Prozent. Die meist intensive Tierhaltung, die für die Produktion großer Mengen billigen Fleischs notwendig ist, bringe auch die weithin bekannten grausamen Lebensbedingungen für viele Tiere mit sich.

Onlinefasten vs. Papst-SMS

Auch auf Onlinefasten setzen mehr und mehr Menschen, die der christlichen Fastenzeit einen Mehrwert für die persönliche Lebensqualität abgewinnen möchten. Hier geht es vielen vor allem darum, die Zeit, die sie in Sozialen Netzwerken verbringen, wieder ihren Familien und Freunden zu widmen.

Ein wenig im Widerspruch dazu steht die relativ neue Praxis, sich Onlineexerzitien zu unterziehen oder sich in WhatsApp-Gruppen „spielerisch“ über das Fasten auszutauschen, wie Kathpress kürzlich schrieb. Fastenvorsätze via Soziale Netzwerke sind ebenso zu haben wie „Papst-SMS“ mit Zitaten von Papst Franziskus, die man sich während der 40 Tage der Fastenzeit gratis aufs Handy schicken lassen kann.

Johanna Grillmayer, religion.ORF.at

Mehr dazu:

Link: