Diakonie: Ethischer Leitfaden zu Flucht und Asyl

Eine Orientierungshilfe in den Debatten um Asyl und Flucht möchte die Diakonie geben. Sie hat einen Leitfaden erstellt, der unter anderem die Begriffe Nächstenliebe, Verantwortung und staatliche Souveränität erklärt.

„In der aufgeheizten Diskussion um Flucht und Asyl werfen Politiker und andere Teilnehmende an der öffentlichen Debatte einander immer wieder Versatzstücke aus der Ethik an den Kopf: Nächstenliebe, Verantwortung bzw. Verantwortungslosigkeit, Menschenrechte, staatliche Souveränität inklusive Kontrolle über die Grenzen und den Grundsatz, dass man nicht verpflichtet ist, Unmögliches zu leisten“, konstatiert der Direktor der Diakonie - des Hilfswerks der evangelischen Kirche - Michael Chalupka in einer Aussendung vom Dienstag.

Vermischung von Asyl und Migration auflösen

Damit man diese „ethischen Versatzstücke“ besser einordnen und beurteilen kann, hat das Institut für öffentliche Theologie und Ethik der Diakonie ein „Argumentarium“ erstellt, das auf zwölf Seiten aufzeigt, welche ethischen Positionen in den aktuellen Debatten vertreten werden, und wie sie argumentieren. Es soll Lesern und Leserinnen eine Grundlage bieten, auf der sie sich ihre eigene begründete Meinung bilden können, so die Diakonie.

Hinweis

Die Diakonie greift in ihrer Publikationsreihe „Argumentarium“ gesellschaftlich virulente, ethische Fragen auf, stellt Diskurse und Argumente vor und kommentiert sie aus evangelischer Perspektive.

„Was die öffentliche Diskussion so verworren macht, und zum Gefühl der Überforderung beiträgt, ist, dass permanent Asyl und Migration vermischt werden – sei es bewusst, sei es unbewusst“, sagt Maria Katharina Moser, Autorin des Argumentariums und wissenschaftliche Referentin des IöThE. In der Ethik sei es wichtig, verschiedene Problemlagen zu unterscheiden und klar zu beschreiben – auch wenn sie miteinander verwandt sind und es Schnittmengen gibt, so Moser. In dem Papier wird die ethische Reflexion auf das Thema Asyl beschränkt.

Versuch, zur Versachlichung beizutragen

In der Praxis sei es nicht immer leicht, zwischen Asyl und Migration zu unterscheiden, meint Ulrich Körtner, Direktor des IöThE und Professor für Systematische Theologie an der Wiener Evangelisch-Theologischen Fakultät. Dennoch: „Bei allen Diskussionen über das Pro und Contra der Begrenzung von Migration und die Probleme bei der Aufgabe der Integration bleibt aber festzuhalten: Asyl ist ein Menschenrecht", so Körtner.

Ein ethisches Kernproblem bestehe freilich im Unterschied zwischen dem universalen Recht auf Asyl und seiner Umsetzbarkeit auf einzelstaatlicher Ebene. „Wer sich der Herausforderung, auf die Folgen von Asylpolitik zu schauen, stellt, steht vor einer Dilemma-Situation. Das Argumentarium versucht, zur Versachlichung der öffentlichen Diskussion beizutragen“, so Körtner.

Gesinnung und Verantwortung

Als Ansatzpunkt dafür nimmt das Argumentarium die Unterscheidung zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik, die auf den Soziologen Max Weber zurückgeht: Gesinnungsethik denkt über die ethischen Prinzipien nach, die einer Handlung zugrunde liegen – im Fall des Themas Asyl vor allem Menschenrechte, Nächstenliebe oder die so genannte Goldene Regel, die verlangt, andere so zu behandeln, wie wir selbst behandelt werden wollen. Verantwortungsethik hingegen bewertet eine Handlung aufgrund absehbarer Folgen.

Hinweis

Der Leitfaden kann unter diakonie@diakonie.at bestellt werden, oder als pdf heruntergeladen werden.

Die Diakonie nehme beides in den Blick, die Menschenrechte als ethisches Prinzip und die Folgen asylpolitischer Maßnahmen, betont Chalupka. „Die Diakonie gehört ja zu jenen Akteuren, denen mitunter übertriebene Nächstenliebe unterstellt wird bzw. naiv für offene Grenzen zu sein. Wer jedoch die Stellungnahmen der Diakonie liest, weiß, dass die Diakonie nie offene Grenzen gefordert hat, sondern die Einhaltung menschenrechtlicher und rechtsstaatlicher Standards in Sachen Asyl."

Zudem verbinde die Diakonie ihre Forderung immer mit konkreten Vorschlägen, was zu tun sei, um problematische Folgen in der Asylpolitik zu vermeiden, so der Diakonie-Direktor. Dabei habe man sowohl das Wohl der Flüchtlinge, als auch das Wohl der österreichischen Bevölkerung im Blick. Das werde im letzten Teil des Argumentariums „sehr deutlich“.

religion.ORF.at

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