Israel: „Muezzin-Gesetz“ nimmt erste Hürde

Ein umstrittenes Gesetz, das den Ruf eines Muezzins zum muslimischen Gebet über Lautsprecher verbieten soll, hat in Israels Parlament die erste Hürde genommen.

Zwei verschiedene Versionen des „Muezzin-Gesetzes“ wurden am Mittwoch in der Knesset in erster Lesung gebilligt, wie das Parlament mitteilte. Jeweils 55 von 120 Abgeordneten stimmten dafür und 48 dagegen. Arabische Abgeordnete reagierten zornig auf die Entscheidung. In Kraft tritt das Gesetz erst nach einer Billigung in insgesamt drei Lesungen - letztlich soll nur über eine Endversion abgestimmt werden.

Hohe Geldstrafen vorgesehen

Ein Entwurf der Siedlerpartei und der Regierungspartei Likud sieht vor, dass der Gebetsruf über Lautsprecher nur in der Nacht - von 23.00 Uhr abends bis 7.00 Uhr in der Früh - verboten werden soll. Bei Verstößen soll eine Geldstrafe von 10.000 Schekel (rund 2.600 Euro) verhängt werden. Ein Entwurf der ultrarechten Israel Beitenu (Unser Haus Israel) strebt ein vollständiges Verbot an.

Ein Muezzin in einem schalldichten Raum (Jerusalem, Israel)

APA/AFP/Ahmad Gharabli

Ein Muezzin in einem schalldichten Raum in Jerusalem

Begründet wird der von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unterstützte Vorstoß mit Lärmschutz - der Muezzin ruft fünf Mal am Tag zum Gebet auf. Anwohner von Moscheen werden dadurch häufig geweckt.

„Kriegserklärung“

Der arabische Abgeordete Suhair Bahlul nannte das Gesetz „eine Kriegserklärung gegen die arabische Öffentlichkeit“, wie die Zeitung „Maariv“ in ihrer Onlineausgabe berichtete. Er habe auch von einer „Kriegserklärung des Judentums gegen den Islam“ gesprochen. Der arabische Abgeordnete Aiman Auda zerriss während einer Parlamentsdebatte demonstrativ eine Kopie des Gesetzes. Israels Bevölkerung liegt bei 8,6 Millionen, mehr als 20 Prozent davon sind Araber.

Scharfe Kritik aus Jordanien

Jordanien hat das von Israel geplante Verbot des muslimischen Gebetsrufes über Lautsprecher scharf kritisiert. Das „Muezzin-Gesetz“ sei eine Verletzung des Friedensvertrages zwischen Israel und Jordanien, zitierte das israelische Radio den jordanischen Regierungssprecher Mohammed Al-Momani am Donnerstag.

Jordanien ist nach dem Friedensvertrag von 1994 Hüter der religiösen islamischen Stätten in Ostjerusalem. Dazu gehören auch die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom auf dem Tempelberg - für Muslime der „Haram al-Scharif“ (Edles Heiligtum). Israel sei aufgrund des Vertrages dazu verpflichtet, die Rolle Jordaniens in allen Dingen bezüglich der Moscheen und heiligen Stätten in Ost-Jerusalem zu respektieren, sagte Al-Momani laut israelischem Radio.

religion.ORF.at/APA/dpa