Debatte über Zölibat nach Papst-Interview

Nach dem Interview mit Papst Franziskus in der deutschen „Zeit“ haben sich mehrere katholische Würdenträger zum Thema Zölibat bzw. Weihe verheirateter Männer zu Wort gemeldet.

Die Frage nach der Priesterweihe von „Viri probati“, „bewährten“ verheirateten Männern, ist nach den Worten des deutschen Kardinals Karl Lehmann nie wirklich zur Ruhe gekommen. „Durch das Anwachsen des Priestermangels ist sie auch in vielen Teilen der Welt dringlicher geworden. Der Papst lässt jedenfalls ein Nachdenken zu. Das ist in dieser Deutlichkeit neu“, sagte der Mainzer Altbischof der „Rheinischen Post“ (Freitag-Ausgabe).

Lehmann: „Die Sache ist ernst“

Nach Meinung Lehmanns sollte man jetzt aber „die differenzierte Meinung des Papstes nach keiner Seite hin manipulieren“. Nach Jahrzehnten sei endlich eine ernsthafte, alle Gesichtspunkte einbeziehende, ehrliche, aber auch spirituelle Behandlung des Themas vonnöten, so der Kardinal: „Parolen haben auch bisher nichts genützt, aber die Sache ist ernst und in vielen Teilen der Welt dringlich.“

Kardinal Karl Lehmann

APA/EPA/Michael Kappeler

Kardinal Karl Lehmann

Lehmann kommentierte damit entsprechende Aussagen von Papst Franziskus in einem Interview mit der „Zeit“. Der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ergänzte: „Der Papst legt sich also nicht fest. Er weiß auch, dass es in der Kirche und ähnlich auch in der Welt für solche Entscheidungen die rechte Zeit braucht, den Kairos.“

Teils extremer Priestermangel

Für Kardinal Reinhard Marx bezieht sich der Impuls des Papstes, über die Weihe verheirateter Männer nachzudenken, auf Extremsituationen in entlegenen Weltgegenden wie etwa im Gebiet des Amazonas, erklärte der DBK-Vorsitzende nach der DBK-Vollversammlung in Bergisch Gladbach. Dort gebe es Gemeinden, die wegen extremem Priestermangels nur einmal im Jahr die Sakramente empfangen könnten.

Laut „Rheinische Post“ sind die Worte des Papstes für die katholischen Laien in Deutschland „ermunternd“. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), sagte, wenn Franziskus betone, „es gibt Zeichen der Zeit, die man erkennen muss, dann horcht man natürlich auf“.

Zölibat „noch nicht zur Diskussion“

Der Zölibat generell steht nach Sternbergs Einschätzung im Moment noch nicht zur Diskussion. „Wir müssen die Debatte um die Viri probati jetzt unbedingt führen, und dann wird man sehen, wie es weitergeht“, sagte er.

Auch der Freiburger Theologe Helmut spricht Hoping ausdrücklich dafür aus, verheiratete Diakone zu Priestern zu weihen. Innerhalb der DBK hieß es beim Studientag in Bergisch Gladbach, dass ein bloßes „Weiter so“ mit immer neuen Pfarrfusionen keine Lösung sei. Doch mit 14.000 Priestern für 24 Millionen Katholiken steht Deutschland noch immer deutlich besser da als etwa Mexiko, wo 16.000 Priester für fast 100 Millionen Katholiken da sein müssen, oder die Philippinen, wo 9.000 Priester auf 76 Millionen Katholiken kommen.

Kein „Franziskus-Effekt“

Der Passauer Bischof Stefan Oster sagte, entscheidend seien nicht Zahlenschlüssel und Stellenpläne, sondern der Glaube. Ein Priester müsse vor allem jungen Leuten eine Ahnung davon vermitteln, was es bedeute, Christus nachzufolgen und sein ganzes Leben danach auszurichten. Oster ist Vorsitzender der Jugendkommission der Bischofskonferenz und gilt als nah am Puls der katholischen Jugendlichen stehend.

2015 ist die Zahl der jungen Männer, die in ein Priesterseminar eintraten, deutschlandweit erstmals unter 100 gesunken. Ein erhoffter „Franziskus-Effekt“ blieb bisher aus.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sieht dennoch Hoffnung. In der von ihm geleiteten größten deutschen Erzdiözese habe 2017 endlich wieder eine zweistellige Zahl von Bewerbern beim Priesterseminar angeklopft. Die kleinste deutsche Diözese, Görlitz, meldet drei, andere „wenige“ Bewerber. Einen „pastoralen Notstand“ erkennen die Bischöfe nicht. Die Botschaft des Papstes werde nicht Startschuss für eine breite Debatte um den Priesterzölibat sein, wurde in diesem Zusammen beim Abschluss der DBK-Vollversammlung betont.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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