EuGH-Urteil: Erste Folgen in Österreich

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum möglichen Verbot religiöser Symbole am Arbeitsplatz beginnen auch österreichische Betriebe und Einrichtungen, sich dazu zu positionieren.

Einen „bewussten Kontrapunkt zur aktuellen Debatte, die sich vor allem um die Kopfbedeckung mancher muslimischer Frauen dreht“, will das Weiterbildungsinstitut der Wirtschaftskammer WIFI Kärnten setzen. „Bei uns wird es kein Kopftuchverbot geben, im WIFI Kärnten sind religiöse Symbole als Zeichen der Vielfalt durchaus erwünscht“, so dazu am Mittwoch WIFI-Geschäftsführer Andreas Görgei in einer Presseaussendung.

„Werden auch Kreuz nicht abnehmen“

Man pflege damit „bewusst einen anderen Zugang zu diesem aktuellen Thema und wisse sich damit in bester Tradition der Aufklärung in Europa“, so Görgei. Die geübte Toleranz nimmt Görgei aber auch für das WIFI selbst in Anspruch: „Wir lassen andere religiöse Symbole zu, werden aber auch das Kreuz als Zeichen des Christentums nicht abnehmen. Das Verständnis, das wir entgegenbringen, erwarten wir auch umgekehrt.“

Laut einem Bericht der „Kleinen Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) verbannt das steirische Berufsförderungsinstitut (BFI) ab sofort augenscheinliche Symbole aller Religionen aus seinem Betrieb. „Wir haben das gestern per Dienstanweisung erledigt und unser Leitbild erweitert“, bestätigt der steirische BFI-Geschäftsführer Wilhelm Techt.

Verbote „einfallslos und rückständig“

Um die Neutralität zu gewährleisten, würden Symbole aller Religionen - also etwa auch das Tragen einer Nonnentracht oder einer Kippa - aus dem BFI Steiermark verbannt. Das bedeutet auch, dass in Kursräumen keine Kreuze hängen dürfen. Freilich: die gab es dort schon bisher nicht.

WIFI-Geschäftsführer Görgei kann die Haltung des BFI Steiermark nicht nachvollziehen: „Bildungseinrichtungen haben meiner Auffassung nach mit gutem Beispiel voranzugehen. Verbote sind einfallslos und rückständig.“

BFI Österreich gegen Bekleidungsvorschriften

Der Dachverband der Berufsförderungsinstitute, das BFI Österreich, distanzierte sich von der Entscheidung des BFI Steiermark, Mitarbeitern das Tragen religiöser Symbole zu untersagen. Diese sei ein Alleingang, stellte der Dachverband Mittwoch in einer Aussendung fest.

Das BFI Steiermark sei eine eigenständige Einrichtung und für seine Geschäftspolitik selbst verantwortlich. Im Dachverband sei man allerdings der Auffassung, dass es weder für Kursteilnehmer noch für Mitarbeiter des BFI Bekleidungsvorschriften geben sollte - abgesehen von sicherheitstechnischen. Für die Beschäftigung am BFI seien ausschließlich Qualifikationen und Kompetenzen ausschlaggebend.

Diversität sehe man grundsätzlich als Bereicherung gesehen, „Religion sehen wir hingegen als reine Privatsache“. Daher bietet das BFI seit jeher keine Kurse mit religiösen Inhalten an und untersage jedwede Werbung für solche Zwecke. „Wir sind davon überzeugt, dass eine freie Gesellschaft und die damit verbundenen Werte nicht mit Verboten zu verteidigen sind“, so das BFI Österreich.

Kaum Auswirkungen auf Bundespolitik

Kaum Auswirkungen hat der EuGH-Spruch fürs Erste auf die Bundespolitik. Im Innenministerium verweist man auf APA-Anfrage darauf, dass die Polizeitrage-Verordnung ohnehin definiere, wie die Uniformierung von Exekutivbeamten auszusehen habe und da seien keine religiösen Symbole integriert. Nunmehr werde aber noch zusätzlich erwogen, explizit ein Verbot gewisser Symbole festzuschreiben.

Auch das Justizministerium sieht durch die bestehende Kleidungsvorschriften keinen Platz für Abweichungen vom Neutralitätsgebot in seinem Bereich und unter dieser Annahme auch keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Sollte sich allerdings herausstellen, dass die Einhaltung des Regierungsprogramms zusätzliche Maßnahmen erfordert, werde man diese prüfen.

Kopftuch unterm Giebelkreuz okay

Bei der börsennotierten Raiffeisen Bank International (RBI) ist ein Kopftuchverbot kein Thema, wie am Mittwoch am Rande der Bilanzpressekonferenz erklärt wurde. Die Bankengruppe betreibt unter anderem Tochterbanken auf dem Balkan. Einzelne Kopftuchträgerinnen gibt es aber auch in der Zentrale in Wien.

„Ich bin gegen Verbote“, sagte RBI-Chef Karl Sevelda. Er erinnere sich, vor Jahren einmal von einem Mitarbeiter gebeten worden zu sein, einer Kollegin in dessen Abteilung das Tragen eines Kopftuchs zu untersagen. „Ich habe das natürlich nicht untersagt.“ Bekleidungsrichtlinien gebe es nicht. „Ich würde dies in den Bereich der persönlichen Gestaltungsmöglichkeit stellen“, meinte Sevelda. Was andere weltanschauliche Symbole anlangt, wurde auch deponiert: „Das Giebelkreuz wird nicht abmontiert.“

religion.ORF.at/APA

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