Bergoglios „Wahlrede“ aus Konklave aufgetaucht

Von Hand geschriebene Notizen zu einer Rede, die Jorge Mario Bergoglio kurz vor seiner Wahl zum Papst im Konklave gehalten hat, sind jetzt publiziert worden.

Wenige Tage vor der Papst-Wahl am 13. März 2013 hatte der argentinische Kardinal Bergoglio vor seinen Mitkardinälen eine Rede gehalten, die die Nachrichtenagentur AP als „siegreiche Wahlkampfrede“ bezeichnet. Der damalige Bischof von Havanna (Kuba), Kardinal Jaime Ortega, sei davon so mitgerissen gewesen, dass er Bergoglio um eine Kopie der Ansprache gebeten habe, berichtete die Reporterin Andrea Rodriguez am Freitag für AP aus Havanna.

Notizen von historischem Wert

Der heutige Papst Franziskus, der oft aus dem Stegreif spreche, habe keinen Text gehabt. Er schrieb demzufolge einige Notizen auf Papier nieder, mit denen er seine Rede so gut es ging nachzuvollziehen versuchte. Diese gab er Ortega, der ihn fragte, ob er die Notizen publizieren dürfe. Er sei sich des historischen Werts der Stichworte wohl bewusst gewesen, erwies sich diese Rede sich doch jene, die zur Wahl des ersten lateinamerikanischen Papstes führte, so AP. Die Antwort des Papstes war „ja“.

Handschriftliche Notizen von Papst Franziskus zu einer Rede vor der Papst-Wahl

AP/Revista Palabra Nueva, Archidiocese of Havana

Handschriftliche Notizen von Papst Franziskus zu einer Rede vor der Papst-Wahl (Ausschnitt)

Kleine, schwer leserliche Schrift

Das Magazin der Erzdiözese Havanna, „Palabra Nueva“, veröffentlichte die Notizen diese Woche. Die Handschrift des damaligen Bischofs von Buenos Aires ist klein, schwer zu entziffern und in der Muttersprache des Autors, Spanisch, gehalten. Der Text ist in vier Aufzählungspunkte unterteilt, einige Schlüsselbegriffe sind unterstrichen.

Die Rede, die der argentinische Kardinal hinter den verschlossenen Türen des Konklaves vor den wahlberechtigten Kardinälen hielt, inspirierte offenbar die Spitzen der römisch-katholischen Kirche dazu, ihn wenige Tage später zum Papst zu wählen.

„An die existenziellen Grenzen“

Die Ideen darin sind mittlerweile vertraut - Bergoglio gab schon eine Vorschau auf seine Papstlaufbahn, indem er Themen skizzierte, die diese prägen sollten. So schreibt er in dem Text von seinem Wunsch nach einer Kirche, die „nicht von theologischem Narzissmus verzehrt“ werde, sondern zu den „Rändern“ gehe, um verwundete Seelen zu finden.

„Die Kirche ist dazu aufgerufen, aus sich selbst herauszugehen, nicht nur ... [an die] ... geografischen, sondern auch an die existenziellen Grenzen“, sagte er. „Jene des Geheimnisses der Sünde, des Schmerzes, Ungerechtigkeit, Ignoranz, spirituelles Mangels .... und des vollkommenen Elends.“

„Das Böse“ aus dem „Narzissmus“

Er sprach über die „selbstbezogene“ Neigung der Kirche, in sich selbst eingeschlossen zu bleiben, unwillig, die Türen zu öffnen und hinauszugehen um die zu finden, die Gottes Trost am meisten bräuchten. „Das Böse“, das die kirchlichen Institutionen quäle, habe seine Wurzeln genau hier, in einer „Art theologischem Narzissmus“.

Der zukünftige Papst solle ein Mann sein, der, sich Jesus zum Vorbild nehmend, „der Kirche hilft, eine fruchtbare Mutter zu sein, die von der süßen und tröstenden Freude lebt, das Evangelium zu predigen“, so Bergoglio.

religion.ORF.at/AP

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