Libanon: Papst-Besuch als Dank für Flüchtlingshilfe

Papst Franziskus hat offenbar einen Besuch im Libanon in Aussicht gestellt. Er habe dem Staatspräsident Michel Aoun am Donnerstag während des Treffens im Vatikan gesagt, dass er den Libanon besuchen wolle, berichtete die libanesische Nachrichtenagentur NNA.

Demnach habe der Papst dem libanesischen Staatspräsidenten Michel Aoun am Donnerstag während des Treffens im Vatikan gesagt, dass er den Libanon besuchen wolle. Aoun selbst teilte per Twitter mit, Franziskus habe einen Besuch versprochen und gesagt, das Land habe einen besonderen Platz in seinem Herzen.

Würdigung für Flüchtlingsaufnahme

Über den Zeitpunkt eines möglichen Papst-Besuchs wurden keine Angaben gemacht. Ausdrücklich gewürdigt wurde vom Papst im Zuge der Audienz die Aufnahmebereitschaft des Libanons für syrische Flüchtlinge.

Der Syrienkrieg trieb nach vorsichtigen Schätzungen rund 1,5 Millionen Menschen aus Syrien in den Libanon, der selbst nur 4,5 Millionen Einwohner zählt. Über die Lage im gesamten Nahen Osten und über die Lage der Christen dort sprachen Aoun und der Papst ausführlich. Im Libanon hat die Kirche eine „historische und institutionelle Rolle“, wie es in dem Vatikan-Statement zur Audienz für Aoun heißt. Dem libanesischen Fernsehsender MTV zufolge sagte Franziskus, er bete immer für dieses Land.

Vermittler im Konflikt Sunniten-Schiiten

Der in Rom stationierte libanesische Fundamentaltheologe und maronitische Ordensmann P. Charbel Bteich sagte am Freitag gegenüber Radio Vatikan, die Libanesen seien dankbar, dass sie nach zweieinhalb Jahren politischer Krise wieder einen regulären Präsidenten haben. „Präsident Aoun ist seit langer Zeit ein Vorbild im Libanon. Obwohl man in der Geschichte verschiedene Probleme und Kriege hatte, findet man in ihm heute ein Symbol der Einheit, der möglichen Einheit im Libanon, dank seiner Verbindungen mit den verschiedenen Komponenten des Landes.“

Aoun habe gute Kontakte sowohl zu Schiiten wie auch zu Sunniten, erläuterte Bteich. „Sein erster Besuch in den arabischen Ländern war in Saudi-Arabien. So konnte er eine Brücke bauen zwischen den beiden heutigen Komponenten, die in der islamischen Welt streiten - also Schiiten und Sunniten. Hier sieht man die wichtige Rolle der Christen, diesen Konflikt zu lösen, auch dank der wichtigen Rolle des Präsidenten Aoun, der Freunde auf beiden Seiten hat.“

40 Prozent Christen im Libanon

Als einziges Land in der Region weist der Libanon neben seiner muslimischen Bevölkerungsmehrheit einen hohen Prozentsatz an christlichen Bürgern auf, rund 40 Prozent. Da das Zusammenleben im Großen und Ganzen funktioniere, betrachteten die Libanesen selbst ihr Land als gelebtes Beispiel für den Frieden in der Vielfalt, unterstrich der maronitische Ordensmann. Auch die Päpste hätten diese Rolle gewürdigt.

„Der Libanon, das ist nicht nur ein Land, sondern eine Botschaft“, habe seinerzeit Papst Johannes Paul II. erklärt. „Es ist ein delikates Gleichgewicht“, so Bteich, „aber es hält. Die Position des Libanons sei die einer Brücke zwischen Orient und Okzident. Das mache aus dem Libanon einen Ort, wo alle hinkommen können und Sicherheit finden.“

Herausforderung Flüchtlinge

Freilich stelle die große Zahl der Flüchtlinge aus Syrien den kleinen Libanon vor ungeahnte Herausforderungen. „Das ist ein enormes Gewicht für den Libanon, wirtschaftlich und für die Sicherheit. Wir haben Probleme mit der Regierung und mit Korruption, auch politische Probleme, es ist eine Krise breiter Art.“

Von Papst Franziskus erhofften sich die Libanesen, dass er die Welt dazu drängt, die Brückenfunktion des Libanon anzuerkennen, aber auch seine Schutzfunktion für die Christen im Nahen Osten. Denn: „Wenn der Libanon diese Rolle verliert, wird die ganze Welt verlieren.“

Michel Aoun ist das einzige christliche Staatsoberhaupt eines arabischen Landes. Nach einem nationalen Abkommen von 1943 muss der libanesische Staatspräsident stets ein maronitischer Christ sein. Das politische System beruht seit der auf einer Aufteilung der Macht unter den verschiedenen konfessionellen Gruppen des Landes. Im Parlament sind Muslime und Christen mit je 64 Sitzen vertreten, Staatspräsident ist jeweils ein maronitischer Christ.

religion.ORF.at/KAP