Ordensmann aus Aleppo über Kampf ums Überleben

Mehr als je zuvor brauchten die Menschen im syrischen Aleppo Hilfe, um überleben zu können: Mit diesem Hilferuf hat sich der Orden der Blauen Maristen an die Öffentlichkeit gewandt.

In einem Schreiben an die Initiative Christlicher Orient (ICO), das Kathpress vorliegt, berichtet Pater Nabil Antaki von den dramatischen Umständen, denen die Bewohner von Aleppo auch nach dem Ende der unmittelbaren Kampfhandlungen ausgesetzt sind. Die wirtschaftliche und soziale Situation sei katastrophal. Die Menschen hätten im strengen Winter große Not gelitten.

Krankheiten durch verschmutztes Wasser

Ohne Strom und Öl sei es vielen nicht möglich gewesen, sich ausreichend vor der Kälte zu schützen. Dazu komme der Mangel an sauberem Wasser. Für Strom aus Generatoren müssten die Menschen horrende Preise bezahlen, verschmutztes Wasser habe zuletzt zu einem neuen Rekordhoch an Infektionskrankheiten geführt, berichtet der Ordensmann.

Ein Bub hilft einem kleineren Buben beim Händewaschen in Aleppo, Syrien

APA/AP/George Ourfalian

Sauberes Wasser ist in Aleppo rar

Die Maristen und zahlreiche Helfer verteilen Lebensmittelpakete und kümmern sich um die medizinische Versorgung von Kriegsopfern und Kranken. Immer mehr Menschen seien auf diese Hilfe angewiesen, denn die Priese für Medikamente seien zuletzt beispielsweise um 400 Prozent gestiegen.

45 Familien werden regelmäßig mit Trinkwasser versorgt, für 3.000 Kinder stellt der Orden seit zwei Jahren Milch bzw. Babynahrung zur Verfügung. Die Ordensleute bemühen sich auch um die Unterbringung von Obdachlosen, deren Häuser und Wohnungen durch die Kampfhandlungen zerstört wurden.

Christen wie Muslime unterstützt

Die Maristen unterstützen mit ihren Hilfsprogrammen Hunderte von binnenvertriebenen Flüchtlingsfamilien, Christen wie Muslime. Bisher habe nicht eine einzige von diesen in ihre Heimatstädte und -dörfer zurückkehren können. Ganz im Gegenteil müsse man immer mehr Vertriebene unterstützen, so P. Nabil.

Das Ausmaß der Zerstörungen im ehemals umkämpften Ostteil der Stadt sei unvorstellbar, berichtet der Ordensmann weiter. Doch mehr noch als der Wiederaufbau der Stadt müsse es um den Wiederaufbau der Menschlichkeit und einer humanen Gesellschaft gehen.

Zukunft in Versöhnung

So ist es den Maristen ein besonderes Anliegen, die Menschen davon zu überzeugen, dass es in Syrien nur eine Zukunft geben kann, wenn es zur Versöhnung kommt. So habe der Orden bereits ein erstes Seminar unter dem Motto „Von der Vergebung zur Versöhnung“ organisiert, und dieses Angebot soll künftig noch ausgebaut werden.

Zudem wird in verschiedenen Programmen Hunderten Kindern und Jugendlichen eine Schulausbildung ermöglicht und sie bekommen wenn nötig psychologische Unterstützung. Frauen können in Nähkursen zudem das handwerkliche Rüstzeug erwerben, um später selbständig ein kleines Einkommen zu erzielen.

Die Arbeitslosigkeit sei extrem hoch, so P. Nabil, andererseits würden den nun nach dem Ende der Kampfhandlung wieder öffnenden Geschäften und Betrieben gelernte Arbeitskräfte fehlen. Die jungen Männer seien entweder bei der Armee oder längst ins Ausland geflohen.

Aleppo als „syrisches Stalingrad“

Aleppo galt über Jahre als „syrisches Stalingrad“ und war die am heftigsten umkämpfte Stadt im Land. Im vergangenen Dezember zogen die letzten Rebellen bzw. islamistischen Kämpfer ab, seither ist die Stadt unter Kontrolle der Assad-Truppen. Die Sicherheitslage sei seither wesentlich besser, so P. Nabil, in Teilen des Umlands der Stadt werde allerdings mitunter noch gekämpft. In der Stadt selbst würde die Verwaltung weitgehend wieder anlaufen, von der Müllabfuhr bis zur Regelung des Verkehrs. Auch Schulen und Universitäten hätten wieder den „Normalbetrieb“ aufgenommen.

Die ICO unterstützt seit gut einem Jahr die Maristen in Aleppo. Dem Orden wie auch vielen anderen Ordensgemeinschaften und christlichen Hilfswerken ist es freilich nur möglich, in von Regierungstruppen kontrollierten Regionen zu wirken.

religion.ORF.at/KAP

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